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Die dunkle Seite der Dinge

Die dunkle Seite der Dinge

Titel: Die dunkle Seite der Dinge
Autoren: Regina Reitz
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durchführt, ist zweifelsohne von hoher
handwerklicher Qualität, aber von Hagens kommerzialisiert, er
bezeichnet seine Arbeit als Kunst und er zeigt keinerlei Respekt vor
der Würde der Verstorbenen, geschweige denn Empathie für
die Trauer der Hinterbliebenen. Gunther von Hagens benutzt tote
Menschen für sein persönliches Ego. Er stellt Leichen beim
Geschlechtsakt dar, eine Perversion, die für mich persönlich
mit der Kinderpornografie gleichzusetzen ist. Glauben Sie, dass
jemand dafür seinen Körper freiwillig zur Verfügung
gestellt hat? Wenn Sie es also noch einmal wagen, mich mit diesem
Menschen in Verbindung zu bringen, sorge ich dafür, dass Ihre
Karriere beendet ist, noch ehe sie überhaupt angefangen hat!“
    Betretenes Schweigen hatte sich
im Hörsaal ausgebreitet und der Student zog es vor, seinen Platz
schnellstens zu räumen.
    Der Vorfall sprach sich wie ein
Lauffeuer unter den Studenten herum und schon bald verpasste man dem
Rechtsmediziner denselben Spitznamen, unter dem auch der Plastinator
Gunther von Hagens bekannt war. Doch der Respekt der Studenten war zu
groß, so dass sie nur hinter vorgehaltener Hand wagten, ihn Doktor Tod zu nennen. Keiner der Studenten ahnte, dass Hagen umgehend über
seinen Spitznamen in Kenntnis gesetzt worden war und sich heimlich
darüber amüsierte.
    „ Wir sind da“, lenkte
der hünenhafte Mann nun die Aufmerksamkeit des Kommissars auf
eine improvisierte Überdachung. Er klopfte gegen die
Metallstangen. „Die Fluten, die zuvor heruntergekommen sind,
haben schon längst alles fortgeschwemmt. Ich befürchte, das
Provisorium wird nicht mehr viel nützen und die Jungs werden
kaum etwas Anderes finden, als die Fußspuren des Studenten, der
die Leiche entdeckt hat.“
    Aufmerksam betrachtete Wellinger
den Boden rund um den Fundort. Der steinige Untergrund war auch unter
besseren Wetterverhältnissen ungeeignet, Abdrücke zu
konservieren. Nur an einer sandigen Stelle, nahe einer ausgebreiteten
Plane, entdeckte er einige Spuren. Unter der Plane waren die Konturen
eines menschlichen Körpers zu erahnen. Irritiert betrachtete er
den Boden noch einmal genauer.
    „ Sag mal Wolfgang, hat hier
ein Kampf stattgefunden oder warum ist der Boden so aufgewühlt?“
    „ Nein, das war der Hund. Er
hat die Leiche entdeckt und vor Aufregung mit den Pfoten die Steine
weg gescharrt.“
    Wellinger wurde blass, als seine
Augen dem ausgestreckten Finger des Kollegen folgten. In einiger
Entfernung hockte ein junger Mann auf dem Trittbrett eines
Krankenwagens. Er war fest in eine Decke gewickelt. Zu seinen Füßen
saß eine Deutsche Dogge, die aufmerksam zu ihnen herüber
sah. Wolfgang grinste und stupste Wellinger kameradschaftlich an.
„Krieg dich wieder ein, Carsten. Das Vieh ist weit genug weg.“
    „ Das ist wohl
Ansichtssache“, murmelte Wellinger. Er musste sich zwingen,
seinen Blick von dem imposanten Körper des Tieres zu lösen.
    „ Wie auch immer“,
fuhr Hagen fort. „Der Hund hat den Jungen zu der Leiche
geführt, dem dann wohl ziemlich schlecht geworden ist. Ich
vermute, der Bursche studiert irgendetwas mit Geisteswissenschaften.
Die halten alle nicht so viel aus.“
    Während ihres Gespräches
war Thorsten an die beiden Männer heran getreten. „Jede
Töle hätte es zustande gebracht, die Leiche zu finden.“
Angeekelt verzog er das Gesicht. Der Gestank hinderte ihn aber nicht
daran, sich die letzten Gummibären einzuverleiben. Abschätzig
betrachtete Thorsten seinen Vorgesetzten. Dessen Angst vor Hunden war
jedem Kollegen im Präsidium hinlänglich bekannt, aber er
konnte kein Verständnis für die ausgeprägte Phobie
seines Chefs aufbringen. Ein solch kindisches Verhalten war einfach
lächerlich. Vermutlich hatte ihm so ein vierbeiniger Kläffer
die hässliche Narbe im Gesicht verpasst, um die alle ein so
großes Geheimnis machten und anstatt dem Tier kräftig eins
auf die Schnauze zu geben, hatte Carsten bestimmt jämmerlich
geschrien und sich in die Hosen geschissen. Was für eine Memme!
    „ Also?“ Wellinger
riss seinen Blick von dem Hund los und Hagen ließ sich nicht
lange bitten.
    „ Bei dem Opfer handelt es
sich um eine junge, farbige Frau. Wann sie gestorben ist, wird schwer
festzustellen sein. Dafür lag sie zu lange im Wasser.“
    „ Ist sie denn ertrunken?“
    „ Vermutlich nicht. Bei der
ersten Schau habe ich eher zufällig eine Stichwunde entdeckt.
Nach den Wundrändern zu urteilen und nach der Art der
Verletzung, könnte dies die Todesursache
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