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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa
Autoren: Bianka Minte-König
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Welt fertig zu werden. Kriege und Krisen haben immer einen innovativenEntwicklungsschub gebracht. Auch die gegenwärtigen Krisen bergen Chancen. Wir können die Welt ökologisch umbauen, durch die neuen Medien Meinungsfreiheit in Länder bringen, in denen die Menschen noch unter Diktaturen leiden müssen. Das globale Vermögen ist so gewaltig, dass man den von Naturkatastrophen betroffenen Menschen helfen kann. Kein Mensch müsste mehr hungern …«
    Er merkte, dass er ins Predigen geriet, lachte verlegen und meinte abschließend: »Alles eine Frage der Logistik!«
    Friedrich lachte nun auch. »Genau zu der Erkenntnis bin ich inzwischen auch gelangt. Ideale sind gut, Ethik noch besser, aber Logistik ist unverzichtbar.«
    Marc sah ihn misstrauisch an. Zu recht, denn dieses Lob war ganz offensichtlich zu zynisch, um ernst gemeint zu sein.
    Der Morgen war inzwischen heraufgedämmert, und so begann ich, an Aufbruch zu denken. Ich brachte meine Mutter zum Käfer und verabschiedete Marc, der mit dem Motorrad vorausfuhr.
    »Steig schon mal ein, Mama«, bat ich sie. »Ich sage schnell noch Amadeus Ade.«
    Von Friedrich und Klara hatte ich mich schon verabschiedet und sie hatten sich in ihr Schlafzimmer zurückgezogen. Nur Amadeus stand noch im dämmerigen Treppenflur des Gutshauses.
    »Wir fahren dann mal«, sagte ich zu ihm und hauchte ihm einen leichten Abschiedskuss auf die kühle Wange.
    Er roch gut, und es war nach wie vor gefährlich, ihm nahezukommen. Irgendetwas war an ihm, das sofort meinen Verstand außer Kraft setzte, mich erotisierte und in Leidenschaft für ihn entflammen ließ. Auch jetzt löste er wieder eine unglaubliche Sehnsucht in mir aus, die förmlichnach einer Vereinigung schrie und mich nahezu in seine Arme trieb. Nur mit äußerster Willensanstrengung konnte ich diesen irrationalen Impuls abwehren.
    »Warum willst du es nicht zulassen?«, fragte Amadeus traurig.
    Ich zwang mich, seine Frage und die Gefühle, die er in mir auslöste, zu ignorieren.
    »Das Leben geht weiter«, sagte ich stattdessen. »Meine Mutter braucht einen Arzt und Ruhe, Marc muss in die Uni und ich sollte vielleicht mal bei Kommissar Werner vorbeischauen. Es gibt hier, glaube ich, einiges für ihn zu tun. Vielleicht hilft es ihm, den Fall Blankensee abzuschließen.«
    »Mehr hast du mir nicht zu sagen?«, fragte Amadeus und die Enttäuschung schwang in seiner Stimme mit.
    »Ich bin froh, dass wir nun endlich diesen grauenhaften Familienzwist überstanden haben … lebend!«
    »Ich meinte etwas Persönliches, Louisa. Etwas zu dir und mir. Du weißt, dass meine Liebe dir gehört … Wenn überhaupt etwas Positives von diesem schrecklichen Familienzwist bleibt, dann ist es die großartige Fügung des Schicksals, die uns beide zusammengebracht hat, die deine Träume mit den meinen verwoben hat, damit ich mit dir zusammen das Glück erlebe, das Estelle und mir durch den grausamen Fluch verwehrt war.«
    Ich schluckte. Estelle, immer wieder Estelle! Ich war nicht ihr Klon und würde es auch nie werden. Und als er mich noch einmal bat, seine Gefährtin zu werden, schüttelte ich den Kopf und verließ mit schnellen Schritten das Gutshaus, denn alles, was ich ihm dazu noch zu sagen hätte, würde ihn unnötig verletzen.
    »Leb wohl«, rief ich und die Tür fiel hinter mir ins Schloss.
     
    D
ie Fahrt mit meiner Mutter nach Potsdam verlief weitgehend schweigend, denn jede von uns hing ihren eigenen Gedanken nach.
    Es war mir unglaublich schwergefallen, Amadeus so zurückzulassen, aber ich sah mich nicht in der Lage, lediglich die Erfüllungsgehilfin bei der Einlösung seiner Glücksansprüche an das Schicksal zu sein, auf die er offenbar ein Anrecht zu haben glaubte. Ich war mir da keineswegs so sicher, dass sie berechtigt waren.
    Natürlich sah auch ich in seiner Affäre mit Estelle eine gewisse Schicksalhaftigkeit, aber der Mensch hat die Freiheit, seine Entscheidungen selber zu treffen. Auch Amadeus hätte Herr seines Schicksals sein können. Er und Estelle waren erwachsen und intelligent genug, um zu wissen, dass sie die Ehe brachen und damit in der damaligen Zeit etwas in Gang setzten, was die Vanderborgs auf Jahrzehnte ins Unglück stürzte.
    Ich glaubte nicht daran, dass der Mensch ein hilfloser Spielball der Schicksalsmächte ist. Die Götter spielen vielleicht schon mal ganz gerne mit den Menschen, aber sie geben ihnen auch immer wieder eine Chance, selbst zu bestimmen, ob sie in Unmündigkeit und Fatalismus verharren wollen oder ob
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