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Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Titel: Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
Autoren: David Gemmell
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graublauen Augen, keine Spur von Verdrießlichkeit in den harten Linien um seinen Mund. Er war Druss, und sie liebte ihn. Mit einer Gewißheit, die ihrer Gabe entsprang, wußte sie, daß sie niemals einen anderen Mann so lieben würde wie ihn. Und sie wußte auch, warum … er brauchte sie. Sie hatte durch die Fenster seiner Seele geschaut und dort eine Wärme und eine Reinheit gefunden, eine Insel der Ruhe inmitten eines Meeres tobender, gewalttätiger Gefühle. War sie bei ihm, dann war Druss sanft, und sein aufgewühlter Geist war im Frieden. In ihrer Gesellschaft lächelte er. Vielleicht, dachte sie, kann er mit meiner Hilfe friedlich bleiben. Vielleicht wird der grausame Schlächter dann nie zum Leben erwachen.
    »Du träumst ja wieder, Ro«, sagte Mari und setzte sich neben Rowena. Die junge Frau schlug die Augen auf und lächelte ihre Freundin an. Mari war klein und pummelig, mit honigfarbenem Haar und einem strahlenden, offenen Lächeln.
    »Ich habe an Druss gedacht«, erwiderte Rowena.
    Mari nickte und wandte den Blick ab. Rowena spürte ihre Besorgnis. Wochenlang hatte ihre Freundin versucht, sie von der Heirat mit Druss abzubringen, hatte ihre Argumente gegen diese Ehe denen von Voren und anderen hinzugefügt.
    »Wird Pilan dein Partner beim Sonnwendtanz sein?« fragte Rowena, um das Thema zu wechseln.
    Sofort änderte sich Maris Stimmung, und sie kicherte. »Ja. Aber das weiß er noch nicht.«
    »Wann wird er es erfahren?«
    »Heute abend.« Mari senkte die Stimme, obwohl niemand in Hörweite war. »Wir treffen uns auf der unteren Weide.«
    »Sei vorsichtig«, warnte Rowena.
    »Ist das der Rat einer lange verheirateten Frau? Hast du mit Druss nicht schon Liebe gemacht, bevor ihr geheiratet habt?«
    »Doch«, gab Rowena zu, »aber Druss hatte bereits seinen Schwur vor der Eiche abgelegt. Pilan nicht.«
    »Das sind nur Worte, Ro. Ich brauche sie nicht. Oh, ich weiß, Pilan flirtet mit Tailia, aber sie ist nichts für ihn. Keine Leidenschaft, verstehst du? Sie denkt an nichts anderes als an Reichtum. Sie will nicht in der Wildnis bleiben. Sie sehnt sich nach Drenan. Sie hat keine Lust, einen Mann aus den Bergen bei Nacht warm zu halten oder auf einer nassen Wiese das Tier mit den zwei Rücken zu machen, wenn das Gras sie kitzelt …«
    »Mari! Du bist wirklich zu freimütig«, tadelte Rowena.
    Mari kicherte und beugte sich dicht zu ihr. »Ist Druss ein guter Liebhaber?«
    Rowena seufzte, und alle Spannungen und Traurigkeit fielen von ihr ab. »Oh, Mari! Wie kommt es bloß, daß du über solche Dinge sprechen kannst und sie sich bei dir so … so normal anhören? Du bist wie der Sonnenschein, der auf Regen folgt.«
    »Hier sind solche Dinge nicht verboten, Ro. Das ist das Schlimme an den Mädchen, die in Städten aufgewachsen sind, umgeben von Steinmauern und Marmor und Granit. Ihr spürt die Erde nicht mehr. Warum seid ihr hergekommen?«
    »Du weißt doch, warum«, antwortete Rowena unbehaglich. »Vater wollte in den Bergen leben.«
    »Das sagst du immer, aber ich habe es dir noch nie geglaubt. Du bist eine schlechte Lügnerin – dein Gesicht läuft rot an, und du wendest immer den Blick ab!«
    »Ich … ich kann es dir nicht sagen. Ich habe ein Versprechen gegeben.«
    »Herrlich!« rief Mari. »Ich liebe Geheimnisse. Ist er ein Verbrecher? Er war Buchhalter, oder? Hat er einem reichen Mann Geld gestohlen?«
    »Nein! Es hat nichts mit ihm zu tun, sondern mit mir! Bitte, frag mich nicht weiter. Bitte, ja?«
    »Ich dachte, wir wären Freundinnen«, sagte Mari. »Ich dachte, wir könnten einander trauen.«
    »Das können wir. Ehrlich!«
    »Ich würde es niemandem sagen.«
    »Ich weiß«, sagte Rowena traurig. »Aber es würde unsere Freundschaft zerstören.«
    »Nichts könnte unsere Freundschaft zerstören. Wie lange bist du schon hier? Zwei Sommer? Haben wir uns je gestritten? Ach, komm schon, Ro. Was kann es schaden? Du erzählst mir dein Geheimnis, und ich erzähle dir meins.«
    »Ich kenne deins schon«, flüsterte Rowena. »Du hast dich dem Drenai-Hauptmann hingegeben, als er und seine Männer im Sommer auf ihrer Patrouille hier durchkamen. Du hast ihn mit auf die untere Weide genommen.«
    »Wie hast du das herausgefunden?«
    »Habe ich nicht. Es war in deinen Gedanken, als du sagtest, du würdest dein Geheimnis mit mir teilen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich kann sehen, was die Menschen denken. Und manchmal kann ich vorhersagen, was geschehen wird. Das ist mein Geheimnis.«
    »Du hast die Gabe?
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