Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Titel: Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
an der Grenze entmutigten die Männer und Frauen nicht, die nach Skoda zogen. Sie suchten ein neues Leben, weit fort vom zivilisierteren Süden und Osten. Sie bauten ihre Häuser, wo das Land noch frei und wild war und wo starke Männer sich weder die Stirnlocke zausen noch verbeugen mußten, wenn Edelleute vorüberritten.
    Freiheit war das Schlüsselwort, und keine Warnung vor Räubern konnte diese Leute zurückhalten.
    Druss schwang seine Axt; dann schmetterte er die Klinge in den größer werdenden Keil. Noch zehnmal schlug er zu – weitere zehn geschmeidige, kraftvolle Schläge tiefer in den Stamm. Noch drei Axthiebe, und der Baum würde stöhnen und nachgeben und alles mit sich reißen, wenn er umstürzte.
    Druss trat einen Schritt zurück und musterte die Linie, entlang welcher der Baum fallen würde. Eine Bewegung fiel ihm ins Auge, und er sah ein kleines Kind mit goldenen Haaren unter einem Busch sitzen, eine Flickenpuppe in der Hand. »Kiris!« brüllte Druss. »Wenn du nicht verschwunden bist, sobald ich bis drei gezählt habe, reiße ich dir ein Bein aus und prügele dich damit zu Tode! Eins! Zwei!«
    Das Kind starrte ihn offenen Mundes an; die Augen waren weit aufgerissen. Dann ließ Kiris ihre Puppe fallen, kroch aus dem Busch hervor und rannte weinend aus dem Wald. Druss schüttelte den Kopf, ging die Puppe holen und stopfte sie unter seinen Gürtel. Er spürte, daß die Blicke der anderen auf ihn gerichtet waren, und konnte ahnen, was sie dachten: Druss, der Rohling. Druss, der Grausame – so sahen sie ihn. Und vielleicht hatten sie recht.
    Ohne sie zu beachten, ging Druss wieder zu dem Baum und schwang die Axt.
    Erst zwei Wochen zuvor hatte er eine große Buche fällen müssen und war weggerufen worden, kurz bevor er fertig war. Als er zurückkam, sah er Kiris in den obersten Ästen sitzen, wie stets ihre Flickenpuppe im Arm.
    »Komm herunter«, hatte er ihr zugeredet. »Der Baum fällt gleich um.«
    »Tut er nicht«, widersprach Kiris. »Uns gefällt es hier. Wir können ganz weit gucken.«
    Druss hatte sich umgeschaut, ausnahmsweise in der Hoffnung, daß eins der Dorfmädchen in der Nähe war. Doch es war niemand da. Er betrachtete den großen Spalt im Stamm. Ein plötzlicher Windstoß konnte den Baum umstürzen lassen.
    »Komm runter! Sei ein gutes Mädchen. Du tust dir weh, wenn der Baum umfällt!«
    »Warum sollte er fallen?«
    »Weil ich ihn mit meiner Axt gehauen habe. Und jetzt komm runter.«
    »Na gut«, sagte Kiris und begann herunterzuklettern. Plötzlich neigte sich der Baum, und Kiris schrie auf und klammerte sich an einen Ast. Druss wurde der Mund trocken.
    »Rasch!« brüllte er. Kiris sagte nichts und rührte sich auch nicht. Druss fluchte, setzte seinen Fuß auf eine niedrige Astgabel und zog sich empor. Langsam und mit äußerster Vorsicht kletterte er den halb gefällten Baum hinauf, immer höher, bis zu dem Kind.
    Schließlich erreichte er sie. »Leg die Arme um meinen Hals«, befahl er. Sie tat wie geheißen, und Druss machte sich an den Abstieg.
    Auf halbem Wege nach unten spürte er, wie der Baum sich schüttelte – und brach. Druss sprang, das Kind eng an sich gedrückt. Er landete ungeschickt, und seine linke Schulter grub sich in die weiche Erde. Durch seinen Körper geschützt, war Kiris unverletzt geblieben, doch Druss stöhnte, als er sich erhob.
    »Hast du dir weh getan?« fragte Kiris.
    Druss’ helle Augen funkelten das Kind an. »Wenn ich dich noch einmal bei meinen Bäumen erwische, werfe ich dich den Wölfen vor!« brüllte er. »Und jetzt verschwinde!« Sie war davongerannt, als stünde ihr Kleid in Flammen. Bei der Erinnerung daran lachte er in sich hinein, schwang die Axt und ließ die Klinge in den Buchenstamm donnern. Der Baum gab ein tiefes Stöhnen von sich, ein Knacken und Knarren, das den Lärm der Beile und Sägen in der Nähe übertönte.
    Die Buche kippte und drehte sich beim Sturz. Druss griff nach dem Wasserschlauch, der an einem Ast hing. Der Fall des Baumes war das Signal für die Mittagspause, und die Dorfjünglinge sammelten sich in Gruppen in der Sonne, lachend und scherzend. Doch niemand näherte sich Druss. Sie waren verunsichert von seinem Kampf mit dem ehemaligen Soldaten Alarin, den er vor kurzem ausgefochten hatte, und beäugten ihn noch mißtrauischer als zuvor. Druss ließ sich allein nieder, aß Brot und Käse und nahm tiefe Züge von dem kühlen Wasser.
    Pilan und Yorath saßen mit Berys und Tailia zusammen, den Töchtern des Müllers.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher