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Die drei Steine der Macht

Die drei Steine der Macht

Titel: Die drei Steine der Macht
Autoren: Sabine Kalkowski
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Verlust. Er rutschte vom Bett, fiel auf die Knie und zog sich verzweifelt an den Haaren. Heftiges Schluchzen schüttelte ihn, und Tränen liefen ihm über die Wangen.
    Er hatte seinen Platz in der anderen Welt gefunden, war bereit gewesen, neu anzufangen. Er war schon so sehr in der anderen Welt verankert gewesen, dass es ihm nun unwirklich vorkam, wieder hier zu sein. Wie sollte er nun bloß zurechtkommen?
    Eine unendliche Zeit, wie es schien, hockte er da und weinte, bis alle Tränen verbraucht waren. Die Ereignisse der letzten Wochen und Monate zogen vor seinem inneren Auge vorüber. Jedes Lachen von Anemone, an das er sich erinnerte, gab ihm einen Stich.
    Schließlich stand er auf. Seine Blicke wanderten durch seine Wohnung. Alles war so, wie er es verlassen hatte. War wirklich keine Zeit vergangen? Hatte niemand ihn vermisst? Ein Blick aus dem Fenster und auf das Thermometer sagte ihm, dass es Sommer war. Mutter hatte vorgestern Geburtstag gehabt, also müsste heute der 23. Juli sein. Sein Funkwecker bestätigte dies. Max konnte es nicht glauben. Er schaltete den Fernseher an, und auch die Nachrichten ließen keinen Zweifel.
    Tränen liefen wieder über sein Gesicht. Er konnte doch nicht einfach so weitermachen. Schon hatte er die Hand am Telefonhörer, um auf Arbeit Bescheid zu sagen, dass er sich ein paar Tage freinehmen wollle, als er plötzlich Mimbelwimbels Stimme hörte:
    „Stell dich nicht so an! Was willst du denn hier alleine machen?“
    Max fuhr herum. Niemand war da. Er hatte es sich nur eingebildet. Er konnte Mimbelwimbels spöttisches Gesicht in Gedanken vor sich sehen. „Du rettest die Welt und verkriechst dich jetzt wie ein kleines Mädchen?“
    „Was soll ich denn tun?“, rief Max in die Stille seiner Wohnung.
    Aber niemand antwortete.
    Langsam legte Max den Hörer wieder auf und blieb eine Weile vor dem Telefon sitzen.
    Schließlich raffte er sich auf, zog seine schmutzige Kleidung aus und ließ sie einfach fallen. Er ging ins Bad und betrachtete sein verquollenes Gesicht im Spiegel. Die Haare waren angesengt, aber es war egal. Mechanisch machte er sich zurecht. Sein Körper erinnerte sich automatisch an den jahrelangen gleichen Trott, während sein Geist alles unbeteiligt betrachtete.
    Man hatte ihm keine Wahl gelassen, ihm nicht das Recht zugestanden, selbst zu entscheiden, und auch noch einen geliebten Menschen genommen. Als Dank hatte man ihn wieder allein in eine Welt zurückgestoßen, in die er nicht mehr wollte. Man hatte ihm nur die Erinnerung an das Erlebte gelassen, das ihn nun für den Rest seines Lebens quälen würde.
    Er würde zur Arbeit gehen, wie immer, und versuchen, den Tag irgendwie durchzustehen. Wenn er für sich zu Hause bliebe, würde er verrückt werden. Er brauchte Abstand, bevor er wirklich darüber nachdenken konnte. Was jetzt helfen würde, war Ablenkung.
    Schon halb im Treppenhaus fiel Max ein, dass sein Auto in der Werkstatt war, er würde zu spät kommen. Egal.
    Auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle fasste er einen Entschluss, während ihm die laue Morgenluft um die Nase wehte. Das Leben in der Parallelwelt war ihm verwehrt worden, aber er würde aus dem Leben in dieser Welt das Beste machen und sich nicht mit dem abfinden, was er hatte. Dieser Entschluss richtete ihn wieder etwas auf.
    Er zwängte sich in die volle Bahn und fand einen leeren Platz. Wie in Trance starrte er aus dem Fenster, nahm kaum seine Umgebung war. Entfernt hörte Max:
    „Entschuldigung, ist dieser Platz noch frei?“
    Er schreckte erst hoch, als jemand gegen sein Knie stieß. Er blickte auf, um dem Verursacher einen bösen Blick zuzuwerfen. Als sein Blick auf sein Gegenüber fiel, durchfuhr ihn ein Schlag, als hätte ihn der Blitz getroffen. Lange braune Haare, flossen über die Schultern, warme Augen lächelten ihn aus einem vertrauten Gesicht an.
    „Entschuldigung.“
    Sie lächelte. Max blieb fast das Herz stehen. Sie holte ein Buch aus der Tasche und begann, zu lesen. Max versuchte wegzuschauen, aber seine Blicke wanderten immer wieder zu ihr. Sie schien es zu spüren. Immer wieder blickte sie auf, und ihre Augen begegneten sich. Sie lächelte, und Max wandte jedes Mal verlegen den Blick ab, nur um sie Sekunden später wieder zu betrachten. Seine Gedanken rasten. „Sprich sie an! Sprich sie an!“ Aber seine Lippen waren wie zusammengeschweißt. Sein Hals war trocken, sein Herz klopfte wild in seiner Brust, und er war schweißgebadet. Und bevor er sich versah, wurde seine
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