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Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere
Autoren: Alexandre Dumas
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konnten viele Edelleute für sich in Anspruch nehmen; nur wenige aber die erste: »treu«. Zu ihnen gehörte Tréville, einer jener seltenen Menschen, die folgsam und klug sind wie ein Hund, dabei blinde Tapferkeit, schnellen Blick, lose Hand und die Augen scheinbar nur dazu haben, um aufzupassen, ob der König Ursache zur Unzufriedenheit mit einem seiner Untertanen habe.
    Bisher hatte es Tréville schließlich noch an der Gelegenheit dazu gefehlt; aber er lauerte darauf und gelobte sich, sie beim Schopf zu fassen, sobald sie ihm in greifbare Nähe käme.
    Darum machte der König Herrn von Tréville zum Hauptmann seiner Musketiere, die für Ludwig XIII., was Hingebung und Treue, oder vielmehr Fanatismus angeht, dasselbe bedeuteten wie für Ludwig XI. seine schottische Leibgarde.
    Der Kardinal seinerseits stand in dieser Hinsicht hinter dem König nicht zurück. Sobald er merkte,. mit welch stattlicher Leibgarde sich Ludwig XIII. umgab, wollte dieser andere oder vielmehr erste König von Frankreich gleiches für sich haben. Er nahm sich also auch Musketiere wie jener, und nun erlebten es die Zeitgenossen dieser beiden mächtigen Nebenbuhler, daß jeder von ihnen in allen Provinzen Frankreichs, ja auch in allen möglichen fremden Ländern auf ständiger Suche nach Männern war, die in dem Ruf standen, eine gute Klinge zu schlagen.
    Daraus ergab sich, daß Richelieu und Ludwig XIII. sich oft, wenn sie bei ihrer Schachpartie saßen, über Wert und Vorzüge ihrer Dienstmannen herumstritten. Jeder brüstete sich mit der Führung und dem Mut der seinen, und während sie laut gegen Duelle und Krawalle predigten, hetzten sie im stillen dazu und wurmten sich niederträchtig, wenn ihr en Leuten eins
    ausgewischt wurde, freuten sich aber unmäßig, wenn sie andern
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    eins ausgewischt hatten.
    Tréville hatte seinen Herrn bei seiner schwachen Seite zu fassen gewußt, und dieser Geschicklichkeit verdankte er die lange und beständige Gunst eines Königs, der nicht den Ruf eines treu zu seinen Freunden haltenden Mannes hinterlassen hat. Er verstand sich ausgezeichnet auf die Kriegstechnik jenes Zeitalters, in dem der Soldat, wenn nicht auf Feindes-, so doch auf Landeskosten lebte; seine Soldaten bildeten eine richtige Satansgarde, die nur er in Disziplin zu halten vermochte. Außer Rand und Band, trieben sie sich in den Kneipen und Schenken und anderen öffentlichen Lokalen umher, randalierten und ließen ihre Degen auf dem Pflaster klirren, rempelten die Leute an und lagen mit den Kardinalsmusketieren in ständiger Fehde.
    Hin und wieder geschah es wohl, daß einer von ihnen sein Leben lassen mußte, weit öfter aber, daß sie andere ums Leben brachten; im ersteren Fall durften sie rechnen, bedauert und gerächt zu werden, im letzteren, nicht im Kerker zu vermodern, denn ihr Kommandant war ja da und unterließ es in keinem Falle, sie für sich zurückzufordern.
    Herr von Tréville hatte diesen mächtigen Hebel in erster Reihe für den König und für Freunde des Königs angesetzt – in zweiter Linie jedoch auch für sich persönlich und seine Freunde.
    Aber in keiner aus jener Zeit auf uns gekommenen Schrift ist etwas darüber zu finden, daß er sich jemals für Geld zu irgendeiner ehrwidrigen Handlung hätte bereit finden lassen. So sehr er zu Intrigen neigte, so ist er doch immer Ehrenmann geblieben. Der Hauptmann der Musketiere war also gefürchtet, vergöttert und geliebt, und von den zweihundert kleinen Zirkeln, die neben denen des Königs und des Kardinals in Paris noch ihre Rolle spielten, war derjenige des Herrn von Tréville, wenn nicht der gesuchteste, so doch einer der gesuchtesten.
    Der Hof seines in der Rue du Vieux-Colombier gelegenen Palastes hatte Ähnlichkeit mit einem Kriegslager, und zwar zur Sommerszeit von sechs Uhr, zur Winterszeit von acht Uhr
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    morgens an. Fünfzig bis sechzig Musketiere waren dort immer in Bewegung, scheinbar, um die Stärke der Besatzung recht imposant zu machen, wohl aus demselben Grunde auch immer in voller Kriegsrüstung und immer zu allen Schand- oder andern Taten bereit. Auf einer der großen Treppen seines Palastes, deren Raum unsern jetzigen Baumeistern zum Bau eines ganzen Hauses reichen würde, stiegen Pariser Bittgänger, die etwas zu ergattern strebten, Edelleute aus der Provinz, die in die Musketierrolle aufgenommen sein wollten, und buntscheckiges Lakaienvolk, das von seiner Herrschaft an Herrn von Tréville etwas auszurichten hatte, herauf und hinab. Im Vorzimmer
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