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Die Drachenschwestern

Die Drachenschwestern

Titel: Die Drachenschwestern
Autoren: Virginia Fox
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verbracht,
froh, dem Internatsalltag in Davos zu entfliehen und ebenso froh, ein Zuhause
zu haben, welches ihre Eltern offenbar nie gebraucht hatten. Die waren damals
wie heute als Diplomatenpaar ständig auf Reisen. Entweder dienstlich oder
ferienhalber. Eine Tochter hatte nicht gut in die Karrierepläne der beiden
gepasst. Dank Mémé war das Ganze jedoch nie so schlimm gewesen für Kaja. Sie war
einfach mit der Überzeugung groß geworden, dass das so ganz normal sei. Und Tim,
der eigentlich in der Schweiz am Bodensee zuhause war, verbrachte jeweils die
langen Sommerferien mit seinen Eltern und seinen drei älteren Schwestern in
ihrem Ferien -häuschen , welches nur ein Katzensprung von
Mémés Haus entfernt war. Sie und Tim hatten sich zusammengetan, ein Abenteuer
nach dem anderen erlebt und dann und wann gemeinsam seine drei großen Schwestern
in den Wahnsinn getrieben. Und Kaja war bei diesen Aktionen regelmäßig ziemlich
schmutzig oder zumindest tropfnass geworden, weshalb sie bald zu ihrem
Spitznamen „Dreckspatz“ kam.
    „Ich schaue bei unserem alten Haus ein wenig nach dem Rechten. Wir
waren lange nicht mehr hier, und wenn, dann immer nur für ein paar Tage.
Dementsprechend sieht es im Garten und im Rebberg aus. Na ja, und drinnen im
Haus müssen mal wieder die Wände gestrichen werden. Ein Großputz würde auch
nicht schaden. Das Dach habe ich letzte Woche schon geflickt“, berichtete Tim.
„Aber was machst du denn plötzlich hier? Ich habe heute Morgen mit Mémé
gesprochen, als ich frische Eier für mein Frühstück geholt habe. Da hat sie
nichts davon erwähnt, dass du kommen wolltest.“ fragte er. Tim war damals
ebenso bei Mémé zuhause gewesen wie Kaja sich bei seiner Familie zuhause
gefühlt hatte. So hatte es sich eingebürgert, dass er sie auch Mémé nannte und
nicht Josephine, was ihr Name war. Es wunderte Kaja nicht, dass er immer noch
den Kontakt pflegte – zumindest schien das der Fall zu sein, wenn er hier in Frankreich
war.
    „Sie weiß nicht, dass ich komme – das war eine – äh ... ziemlich
spontane Entscheidung, könnte man sagen“, antwortete Kaja ausweichend und
wirkte auf einmal verschlossen.
    Tim bemerkte es und beschloss, fürs erste nicht weiter nachzufragen.
Stattdessen erkundigte er sich freundlich: „Soll ich dich mitnehmen? Ich bin
gerade auf dem Weg zu Luc, soll ich ihm sagen, er soll deinen Wagen
abschleppen? Ich nehme nicht an, dass du freiwillig im Regen spazieren gehst?“
    Luc war der Betreiber der einzigen Garage weit und breit und ein
richtiges Unikum, mit seinen langen grauen Haaren und seinem Rauschebart. Zudem
war er ein richtiger Allrounder – musste irgendwo etwas geflickt werden, ganz
egal ob es sich um einen Trecker, ein Kochherd oder, wie in ihrer Jugend, um
ein Fahrrad handelte, wandte man sich vertrauensvoll an Luc. Und, wie Kaja
jetzt einfiel, der alte Kauz hatte auch immer ein offenes Ohr für menschliche
Probleme. Er sagte zwar nie viel, aber die ein, zwei Sätze, welche er dann doch
murmelte, reichten meist aus, um einen zum Nachdenken zu bringen. In der Folge
rückte dann alles wieder in die richtige Perspektive und schien nicht mehr wie ein
unüberwindbares Hindernis. Ja, dachte Kaja bei sich, Luc hatte ich ja ganz
vergessen. Vielleicht ist wieder einmal Whiskey trinken mit Luc angesagt. Aber
jetzt möchte ich erst mal zu Mémé.
    „Erde an Kaja“,
drang Tims Stimme an ihr Ohr.
    „Tut mir leid, Tim. Ich war gerade ganz woanders mit meinen Gedanken“,
entschuldigte sich Kaja.
    „Ja, das habe ich
gemerkt“, grinste Tim, „was ist jetzt, fährst du mit?“
    „Danke, das ist lieb von dir, aber ich glaube, ein Spaziergang wird
mir gut tun. Und Zorro hier, den kennst du ja noch nicht, freut sich sicher,
wenn er sich nach der langen Fahrt etwas die Beine vertreten und die hiesige
Mäusepopulation in Angst und Schrecken versetzen kann. Aber es wäre super, wenn
Luc das Auto abholen könnte – dann geh ich morgen bei seiner Garage vorbei und
lass mir erklären, was das nötige Heilmittel für meine altersschwache Karre
ist“, erklärte sie ihm.
    „Okay, in Ordnung. Wir sehen uns ja sicher in den nächsten paar Tagen.
Wir können uns ja mal auf ein Bier treffen, wenn du magst. Auf jeden Fall wirst
du deinem Spitznamen ja schon wieder gerecht, wenn ich mir so anschaue, wie
nass du bist“, witzelte Tim, „Ciao!“
    Kaja musste unwillkürlich grinsen: „Ja, abgemacht, freu mich schon,
bis dann!“ Sie schaute ihm noch zu, wie er den Motor
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