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Die Drachenschwestern

Die Drachenschwestern

Titel: Die Drachenschwestern
Autoren: Virginia Fox
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konfusen Geisteszustand, als
sie gewartet hatte, dass die fünf Minuten vorbei gingen? Sie konnte sich nicht
daran erinnern. Irritiert nahm sie das Tuch vom Gesicht und hörte genauer hin.
Das war Bajuschki Baju, ein Wiegenlied aus ihrer Kinderzeit. Ihre Mutter hatte
das immer gesungen, als sie klein war. Halluzinierte sie etwa schon? Sie
richtete ihren Blick wieder auf den Spiegel. Hinter ihrem Spiegelbild wirbelten
violette und pinkfarbene Nebelschwaden durch den Raum. Abrupt drehte sie sich
um. „Lance?“ murmelte sie unsicher?
    „Nein, nicht Lance“, tönte eine Stimme in ihrem Kopf. „Erkennst Du mich
nicht mehr?“
    „Maxi?“ stammelte sie ungläubig. „Aber wie…“ Weiter kam sie nicht, da
sie schon wieder in Tränen ausbrach. Verfluchte Schwangerschaftshormone, dachte
sie und merkte, dass sie gefährlich zwischen Weinen und hysterischem Lachen
schwankte.
    „Sch…“ beruhigte sie die große Drachin und nahm sie in ihre mit schillernden
Schuppen besetzten Arme. Sofort fühlte sich Miri in ihre Kindheit zurück
versetzt. Da hatte sie sich auch immer von Maxi trösten lassen. Der Kloss in
ihrem Hals wurde noch ein Stück grösser.
    Wie Lance, der Drache, der Kaja im letzten Jahr begleitet hatte, war
auch Maxi ein Astralwesen. Man konnte sich das mit den Drachen ähnlich vorstellen
wie mit den Schutzengeln. Allerdings waren es Wesen mit einer klar definierten
eigenen Meinung, die sie sich auch nicht scheuten kund zu tun, ob man sie nun
hören wollte oder nicht und der Fähigkeit, sich zu allen passenden und
unpassenden Zeiten zu materialisieren. Maxi hatte Miri während ihrer Kindheit
begleitet und war nach einem traumatischen Erlebnis aus ihrem Leben verschwunden.
Umso mehr hatte sie sich gefreut, als sie Kaja und somit auch Lance kennen
gelernt hatte. Sie war so fasziniert gewesen, als sie Lance auf Kajas
Beifahrersitz entdeckt hatte, dass sie prompt mit ihrem Fahrrad in Kajas Auto
geknallt war. Zum Glück war weiter nichts passiert. Lance war sehr bestürzt
gewesen, dass Miri in der Lage war, ihn zu sehen. Normalerweise war das nämlich
nur dem aktuellen Schützling und evtl. den nächsten Verwandten möglich. Nachdem
er Rat beim Drachenrat gesucht hatte, stellte sich heraus, dass es alle paar
hundert Jahre vorkam, dass drei Frauen, die in enger Verbindung miteinander
standen, den Drachen der anderen sehen konnten. Sogenannte Drachenschwestern.
So kam es, dass Kaja inzwischen Miris beste Freundin war, zusammen mit der
dritten im Bunde, Sierra. Sierra hatte zwar noch nie zuvor Bekanntschaft mit
einem Drachen geschlossen, sich aber mit ihrer pragmatischen Art schnell mit
Lance Existenz abgefunden. Es war sicher auch hilfreich, dass sie eine absolute
Tiernärrin war und sowieso alles mit vier Beinen unter ihre Fittiche nahm.
    „Aber was machst du denn hier?“ wollte Miri nun doch wissen, als sie
sich, unterstützt von den leise gesummten Tönen des Wiegenlieds, ein wenig
beruhigt hatte.
    „Du hast mich gebraucht“, antwortete Maxi. Ein wenig ausweichend, wie
es Miri schien.
    „Gebraucht hätte ich dich die letzten Jahre öfters mal. Wieso bist du
denn so plötzlich aus meinem Leben verschwunden?“ hakte sie nach. Sie schaffte
es nicht, den anklagenden Unterton zu unterdrücken.
    „Das hat Zeit bis später. Jetzt müssen wir uns erst einmal um Dich
kümmern.“
    „Äh, sorry, aber nein, das kann nicht warten. Um mich kümmern kann ich
mich selber. Hab ich schließlich die ganze letzte Zeit auch gemacht. Und es
interessiert mich schon, weshalb du ausgerechnet jetzt nach jahrelanger
Abwesenheit wieder auftauchst.“
    „Man sieht ja, wie gut du auf dich aufpassen kannst“, meinte Maxi und
warf einen bedeutungsvollen Blick auf den Schwangerschaftstest im Waschbecken.
    Miri ignorierte den Seitenhieb und schaute die Drachin unverwandt an.
    Maxi warf die krallenbewehrten Pranken in die Luft und schnaubte: „Also
gut. Wenn du es genau wissen willst, ich bin ein Mutter-Kind-Drache.“
    „Wie, ich verstehe nicht…“, jetzt war es an Miri einen Blick ins
Waschbecken, bzw. seinen Inhalt zu werfen. „Du meinst…“
    „Genau. Deshalb bin ich hier.“
    „Dann warst Du gar nie mein Drache, sondern der von Mama?“ versuchte
Miri ihre Gedanken zu ordnen.
    „Das kann man so nicht sagen. Grundsätzlich begleite ich die Mutter und
sobald das Kind da ist, habe ich einen zusätzlichen Schützling und konzentriere
mich mehr auf das Kind.“
    „Aber wenn ich Dein Schützling war, weshalb hast Du mich denn
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