Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
Vom Netzwerk:
unbefestigte Piste ab. Diese neue Straße wand sich durch bewaldete Hügel, bis die letzten Biegungen, die man sah, sich weiter hinten in felsigen Höhen verloren.
    »Wo ist die Farm?«, fragte er.
    »In dem Tal auf der anderen Seite der Hügel«, sagte Mr. Walkwell.
    »Das ist aber weit. Warum sind Sie nicht mit dem Auto gekommen?«
    Der Mann warf Tyler einen Seitenblick zu, der ausgesprochen unfreundlich war. »Nein. Ich mag diese Krachmaschinen nicht. Sie sind unnatürlich.«
    Lucinda stöhnte. Tyler fast auch. Dass es auf der Farm Fernsehen und sonstigen modernen Komfort gab, wurde immer unwahrscheinlicher. Er versuchte, gar nicht daran zu denken, wie entsetzlich es wäre, wenn er einen ganzen Sommer lang seinen GameBoss nicht aufladen könnte.

    Hinter der Hügelkuppe kamen sie aus dem Wald ins Freie und sahen das Standard Valley langgestreckt vor sich liegen, ausgelegt mit goldenen Wiesenteppichen, hier und in der Ferne von baumbestandenen Hügeln gesäumt, die erstaunlich hoch waren, fast schon Berge zu nennen. Unter ihnen schlängelte sich ein silbern blinkendes Band in der Nachmittagssonne – ein Fluss. Noch weiter in der Ferne ragte wie eine Mauer am Ende der Welt ein richtiges Gebirge auf, die Sierras. Das Tal sah aus wie einem Ölgemälde entsprungen.
    »Wow«, sagte Tyler. »Das ist …«
    »Das ist echt schön.« Lucinda klang überrascht. Mr. Walkwell lächelte zum ersten Mal, was das wettergegerbte braune Gesicht des Alten völlig veränderte, ihm etwas Faszinierendes und Wildes gab, das an einen schlitzohrigen Piraten erinnerte. Er ließ die Zügel auf den Rücken des Pferdes klatschen, und die Talfahrt begann.
    Schon bald konnten sie den Fluss hören, ein sanftes Rauschen wie Wind in den Baumwipfeln. Die Wiesen, die sie passierten, sahen aus, als ob Kühe darauf weiden sollten, doch nirgends waren welche zu sehen, Schweine auch nicht, überhaupt nichts Landwirtschaftliches.
    »Wo sind die Tiere?«, fragte Tyler. Ihm kam der Gedanke, ob es vielleicht eine Farm war, auf der nur Sachen wie Blumenkohl angebaut wurden, aber Onkel Gideon hatten ihnen eindeutig ein Buch über Kühe geschickt – jedenfalls über eine bestimmte Art von Kühen –, und außerdem sahen sie auch keine Gemüsefelder.
    »Ihr könnt sie von hier aus nicht sehen«, sagte der alte Mann. Er schaute zum leeren Himmel auf. »Aber vielleicht beobachten euch ein paar von ihnen.«
    Tyler und Lucinda wechselten einen besorgten Blick.
    Als sie sich dem Fuß der Hügel näherten, bog die Straße vom Fluss ab und erklomm eine niedrige Erhebung. Von dort oben sahen sie, was bisher am Fuß des Hügelrückens versteckt gelegen hatte.
    »Das … das ist ja riesig!«, sagte Lucinda leise.
    Tyler hatte so etwas noch nie gesehen. Vor ihnen lag eine Ansammlung von Holzbauten, alle verbunden durch Wege und Gärten und gruppiert um ein gigantisches hölzernes Herrenhaus, das teilweise mehrere Stockwerke hoch war, überall Dächer und Wände, dazu Balkone und seltsam geformte Fenster und auf einer Seite sogar ein Turm, der wie ein kleiner Leuchtturm aussah. Der ganze chaotische Komplex war außerdem in vielen Farben gestrichen, hauptsächlich rot, gelb, hellbraun und weiß, so dass man meinen konnte, jemand hätte aus alten Gebäuden eine riesige Raumstation gebaut und sie dann hier in diesem abgelegenen Tal heimlich abgesetzt. Tyler gaffte mit offenem Mund. »Was ist denn das?«, stieß er schließlich hervor.
    »Das?«, sagte Mr. Walkwell. »Das ist das Haus. Das ist die Tinkerfarm, auch Ordinary Farm genannt.«
    »Das ist ja wie was im Fernsehen!«, flüsterte Lucinda Tyler zu, während Mr. Walkwell den Wagen auf den unübersichtlichen Gebäudekomplex zulenkte. »Wie in Survivor: Transylvania.«
    »Oder ein Spiel«, sagte er. »Schloss Gorefest, mit Ghulen in den Türmen und Verliesen voll krebszerfressener Monster.«
    Womit man es auch vergleichen wollte, es war mit Sicherheit nicht das langweilige alte Bauernhaus mit Scheune, das Lucinda erwartet hatte. Stattdessen hatte man den Eindruck, dass jemand vor langer Zeit mit dem Bau eines normalen Bauernhauses begonnen, dann aber aus irgendeinem Grund beschlossen hatte, immer neue Teile anzufügen wie ein hyperaktives Kind, das mehrere Legobaukästen geschenkt bekommen hatte und darauf brannte, sie alle zu benutzen.
    »Wer hat dieses Wahnsinnshaus gebaut?«, fragte Tyler.
    »Octavio Tinker«, antwortete Mr. Walkwell. Er runzelte die Stirn, was seinem Gesicht etwas Beängstigendes verlieh.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher