Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel
Autoren: Colleen McCoullough
Vom Netzwerk:
Schwester zusammen, so merkte man nichts davon. Doch die Jungen hatten alle darunter zu leiden.
    Fee beobachtete ihn, und das Herz tat ihr weh. Etwas Wildes und Verzweifeltes sprach aus ihm, ein manchmal geradezu unbändiger Trotz. Wenn er und Paddy sich nur besser miteinander vertragen wollten. Aber sie waren kaum jemals derselben Meinung. Fortwährend stritten sie sich. Vielleicht zeigte Frank sich um sie, Fee, allzu besorgt. Vielleicht hatte er tatsächlich ein bißchen was von einem Muttersöhnchen an sich. Falls das zutraf, war es ihre Schuld. Immerhin bewies es, daß er ein gutes, liebevolles Herz besaß. Er wollte ihr das Leben nur ein wenig leichter machen. Und wieder sehnte sie den Tag herbei, an dem Meggie alt genug war, um ihr zu helfen: Dann brauchte er sich mit der Extraarbeit für seine Mutter nicht mehr so zu plagen.
    Sie nahm eine kleine Lampe vom Tisch, stellte sie jedoch wieder zurück. Dann ging sie zu Frank, der jetzt vor dem Herd hockte und Brennholz ins Feuerloch nachschob. Auf seinen weißen Armen traten die Adern hervor, in die Haut seiner feingeformten Hände war der Arbeitsschmutz so tief eingegraben, daß er sie nie richtig sauber bekam.
    Wie zaudernd streckte Fee ihre Hand aus, und ganz sacht strich sie Frank das glatte, schwarze Haar aus den Augen. Es war das Äußerste an zärtlicher Geste, wozu sie sich je bringen
    konnte. »Gute Nacht, Frank, und danke schön.«
    Als Fee lautlos durch die Tür zum vorderen Teil des Hauses trat, huschten und zuckten die Schatten vor ihr her. Frank und Bob teilten sich das erste Schlafzimmer. Leise öffnete sie die Tür und hielt die Lampe in den Raum. Das Licht fiel über das Doppelbett in der Ecke. Bob lag auf dem Rücken, den Mund geöffnet, mit unruhig zitternden und zuckenden Gliedern. Sie trat zu ihm und drehte ihn auf die Seite, ehe er, in der Rückenlage, einem immer schlimmer werdenden Alptraum zum Opfer fallen konnte. Dann stand sie einen Augenblick und betrachtete ihn. Wie sehr er doch Paddy glich!
    Im nächsten Zimmer lagen Jack und Hughie: fast schon ineinander verschlungen. Furchtbare Lausejungs. Heckten dauernd etwas aus, waren aber nicht bösartig. Vergeblich versuchte Fee, die beiden jetzt voneinander zu lösen und das Bettzeug wieder in Ordnung zu bringen. Die Rotschöpfe mit den krausen Locken ließen sich einfach nicht voneinander trennen. Mit einem leisen Seufzer gab Fee den Versuch auf. Wie brachten es die beiden nur fertig, sich trotzdem im Schlaf zu erholen? Es schien ihnen sogar ausgezeichnet zu bekommen. Das Zimmer, in dem Meggie und Stuart schliefen, hätte sie sich heller und fröhlicher gewünscht, waren diese beiden doch die Kleinsten, die Nestlinge sozusagen. Doch der Raum mit den braunen Wänden, an denen kein einziges Bild hing, und dem braunen Linoleum auf dem Fußboden wirkte eher trist und trüb und unterschied sich in dieser Hinsicht in nichts von den anderen Schlafzimmern.
    Stuart schien gleichsam umgestülpt. Dort, wo sein Kopf hätte sein sollen, fand sich ein Stück Nachthemd, das sich über sein Hinterteil spannte. Fee tastete nach dem Kopf, der dicht bei den Knien lag. Wieder einmal wunderte sie sich, daß der Junge unter der Bettdecke nicht erstickte. Mit den Fingerkuppen strich sie über das Laken und erstarrte für einen Augenblick. Wieder naß! Nun, das würde bis morgen früh warten müssen, und dann war mit Sicherheit auch das Kissen naß. Das ging immer so bei ihm: Er drehte sich mit dem Kopf zum Fußende und näßte dann zum zweiten Mal ein. Nun, ein Bettnässer unter fünf Jungen, das ging noch.
    Meggie lag zu einem kleinen Bündel zusammengerollt, Daumen im Mund, Kopf wie umkränzt von lauter mit Stoffstreifen umwickelten Locken. Das einzige Mädchen. Fee betrachtete sie nur mit einem flüchtigen Blick, bevor sie hinausging. An Meggie war nichts Geheimnisvolles. Sie war ein Mädchen, und Fee wußte, welches Los sie erwartete. Das löste bei ihr weder Neid noch Mitleid aus. Die Jungen hingegen waren etwas ganz anderes. Sie waren Wunder: männliche Wesen, die wie durch geheimnisvolle Alchimie aus ihrem, Fionas, weiblichen Körper gekommen waren. Es fiel gewiß nicht leicht, im Haus ohne Hilfe auskommen zu müssen, andererseits war es jedoch die Sache wert. Unter den Männern seines Standes genoß Paddy, seiner Söhne wegen, besonderes Ansehen. Ein Mann, der Söhne gezeugt hatte, war auf jeden Fall ein richtiger Mann. Sie betrat das Schlafzimmer, in dem sie und Paddy schliefen. Leise zog sie die Tür
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher