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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin
Autoren: Linda Howard
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sagte er: »Laut unserem Labor sind die Haare echt und nicht gefärbt. Und es sind asiatische Haare, was ein echter Durchbruch sein könnte. Wie viele Asiaten kennst du?«
    Das war wirklich verrückt. Bei uns in der Gegend gibt es kaum Asiaten, und ich hatte zwar auf dem College einige asiatische Freunde gehabt, aber mit keinem davon noch Kontakt. »Soweit ich mich entsinne, keinen einzigen seit meiner Collegezeit.«
    »Vergiss nicht, dass auch Indianer asiatischen Ursprungs sind.«
    Das warf ein ganz neues Licht auf die Sache, weil wir nahe am Eastern Cherokee Reservat leben und es hier viele Cherokees gibt. Ich kannte einen Haufen Leute indianischer Abstammung, aber dass mich einer davon umbringen wollte, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
    »Ich muss darüber nachdenken«, sagte ich. »Ich mache dir dann eine Liste.«
    Sobald er gegangen war, erstellte ich eine Liste all meiner Bekannten mit indianischer Abstammung, aber noch während ich die Namen aufschrieb, erkannte ich, dass das reine Zeitverschwendung war. Keiner davon hatte einen Grund, mich zu töten.
    Also widmete ich mich wieder meinen Hinweisen. Ich schrieb dazu: asiatisches Haar. Wurden nicht alle hochwertigen Perücken aus asiatischem Haar gefertigt? Asiatisches Haar ist schwer und glatt und glänzend; man kann, was Farben und Locken angeht, praktisch alles damit anstellen. Ich schrieb Perücke hin und kreiste das Wort ein.
    Wenn der oder die Unbekannte schlau genug war, eine Perücke zu tragen, dann brauchten wir uns nicht länger den Kopf über die Haarfarbe zu zerbrechen. Das erweiterte den Kreis der möglichen Verdächtigen wieder ganz enorm. Plötzlich kam mir ein verwegener Gedanke, und ich schrieb, mit einem dicken Fragezeichen versehen, einen weiteren Frauennamen auf meinen Zettel. Das wäre wirklich Eifersucht im Extremformat, aber ich wollte mich noch näher mit dieser Person beschäftigen.
    Gegen zwei Uhr streckte Wyatt den Kopf zur Tür herein. »Du bleibst hier«, befahl er brüsk. »Wir haben einen Einsatz, es geht um einen Mord-Schrägstrich-Selbstmord. Schalt dein Handy ein, ich rufe an, sobald ich kann.«
    Wenn ich mein Handy dabei habe, ist es grundsätzlich eingeschaltet. Die entscheidende Frage war viel mehr, wann er zurückkommen würde. Ich hatte am eigenen Leib erlebt, wie lange sich die Arbeit am Tatort hinziehen konnte; vielleicht würde er mich erst gegen Mitternacht wieder abholen. Kein eigenes Auto zu haben bringt nichts als Scherereien.
    Der Lärmpegel in dem Großraumbüro vor Wyatts Tür hatte sich hörbar gesenkt; als ich die Tür aufzog, stellte ich fest, dass praktisch alle Polizisten verschwunden waren. Wahrscheinlich waren sie unterwegs zum Tatort des Mordes-Schrägstrich-Selbstmordes. Wenn ich die Wahl gehabt hatte, wäre ich auch hingefahren.
    Rechts von mir bingte der Aufzug, und die Türen gingen auf. Gerade als ich mich umdrehte, trat jemand heraus, und ich erstarrte vor Schreck, weil Jason, mit dem ich hier wirklich nicht gerechnet hatte, in den Flur trat. Nein, eigentlich war es kein Schreck; das wäre eine zu starke Reaktion gewesen. Ich war eher überrascht. Und ich war auch nicht wirklich erstarrt, um die Dinge ganz genau zu benennen.
    Ich wäre am liebsten wieder in Wyatts Büro verschwunden, aber Jason hatte mich schon entdeckt. Ein breites Lächeln erstrahlte auf seinem Gesicht, und er kam mit ausgreifenden Schritten auf mich zu. »Blair. Hast du meine Nachricht bekommen?«
    »Hallo«, antwortete ich hörbar wenig begeistert und ohne auf seine Frage einzugehen. »Was tust du hier?«
    »Bin auf der Suche nach Chief Gray. Und was machst du hier?«
    »Wir mussten noch ein paar Details klären«, antwortete ich unverbindlich. Es war das erste Mal seit fünf Jahren, dass wir uns unterhielten, und mir war ganz und gar nicht wohl dabei. Ich hatte ihn so strikt aus meinem Leben verbannt, dass ich mich praktisch kaum noch an die Zeit mit ihm erinnerte.
    Er sah immer noch gut aus, aber sein Aussehen sprach mich nicht mehr an. Das Parlament von North Carolina war in der Sommerpause, und seit er Abgeordneter war, vertrieb er sich seine Freizeit mit Dingen wie Golfspielen mit dem Polizeichef. Selbst wenn er wie jetzt in Freizeitkleidung war, zog er sich deutlich modebewusster an als früher. Zu seinen Jeans und Docksiders – in denen er natürlich keine Socken anhatte – hatte er ein haferfarbenes Leinensakko übergezogen. Es gibt inzwischen Leinenstoffe, die nicht so schrecklich knittern; leider
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