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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin
Autoren: Linda Howard
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erwiderte ich genauso ernst. Dann warf ich mich in seine Arme, was ihn natürlich aus dem Gleichgewicht brachte, und wir landeten beide auf dem Küchenboden, aber zum Glück war er unten, weshalb mich das nicht störte. Wir küssten uns ausgiebig; dann verlor ich irgendwie den Morgenmantel und es geschah genau das, was jede von uns in so einer Situation erwarten würde.
    Danach sammelte er die Samtschatulle wieder ein, die ihm aus der Hand gefallen und bis zur Tür geschlittert war, und klappte sie auf. Er nahm einen schlichten, atemberaubenden Ring mit einem Solitär heraus, griff meine linke Hand und schob den Ring zärtlich auf meinen Finger.
    Ich blickte auf den Diamanten, und mir traten Tränen in die Augen. »Hey, nicht weinen«, tröstete er mich und hob mein Kinn an, um mich zu küssen. »Wieso weinst du?«
    »Weil ich dich liebe und weil er wunderschön ist«, sagte ich und schluckte die Tränen hinunter. Manchmal machte er wirklich alles richtig, und wenn er es tat, dann war das so schön, dass ich es fast nicht ertrug. »Wann hast du den besorgt? Ich wüsste nicht, wann du dazu Zeit gehabt hättest.«
    Er schnaubte. »Letzten Freitag. Ich trage ihn schon eine Woche mit mir herum.«
    Letzten Freitag? Am Tag nach dem Mord an Nicole? Noch bevor er mir ans Meer gefolgt war? Mir blieb der Mund offen stehen.
    Er setzte einen Finger unter mein Kinn und drückte nach oben, bis ich den Mund wieder zuklappte. »Ich war mir sicher. Ich war mir schon sicher, als ich dich am Donnerstagabend in deinem Büro sitzen sah, mit dem hochgebundenen Pferdeschwanz und deinem kleinen rosa Top, das die Männer alle heimlich sabbern ließ. Als ich entdeckte, dass du nicht das Opfer warst, wären mir vor Erleichterung fast die Knie eingeknickt, und in diesem Moment wurde mir klar, dass ich seit zwei Jahren nur damit beschäftigt gewesen war, dem Unvermeidlichen auszuweichen. In diesem Augenblick fasste ich den Entschluss, dich so bald wie möglich einzufangen, und deshalb habe ich gleich am nächsten Tag diesen Ring gekauft.«
    . Ich versuchte das zu begreifen. Während ich mich abgemüht hatte, Schutzmauern zu errichten, bis er mit sich ins Reine gekommen wäre, ob er mich wirklich so liebte, wie er mich meiner Überzeugung nach lieben würde, wenn er es nur zuließ, hatte er sich längst entschieden und alles versucht, um mich zu überzeugen. Noch einmal schien die Wirklichkeit Kopf zu stehen. Wenn das so weiterging, hätte ich bis zum Abend jeden Bezug zur Realität verloren.
    Männer und Frauen mögen derselben Gattung angehören, aber dies war für mich der unwiderlegbare Beweis, dass wir nicht gleich sind. Was aber letztendlich nichts zur Sache tat, weil er sich solche Mühe gab. Immerhin hatte er mir einen Busch gekauft, oder? Und einen phantastischen Verlobungsring.
    »Was hast du heute vor?«, fragte er mich beim Frühstück, das aus Rührei, Toast und Würstchen bestand. Ich aß etwa ein Drittel dessen, was er vertilgte.
    »Ich weiß nicht.« Ich schlang die Füße um die Stuhlbeine. »Mir ist langweilig. Ich werde irgendwas unternehmen.«
    Er verzog das Gesicht. »Genau das habe ich befürchtet. Zieh dich an, du kommst mit mir. Dann weiß ich wenigstens, dass du in Sicherheit bist.«
    »Sei mir nicht böse, aber in deinem Büro ist es noch langweiliger als hier.«
    »Du bist zäh«, meinte er unerbittlich. »Du stehst das durch.«
    Er würde kein »Nein« gelten lassen; das hatte er schon verdammt oft klar gemacht. Darum beschloss ich, dass nach dem Rumgebalge auf dem Boden mein Arm schmerzte und er mir helfen musste, Make-up aufzulegen, um die blauen Flecken auf den Wangenknochen abzudecken; und dass danach meine Haare nicht so wollten, wie ich gern wollte, und er sie flechten musste. Nach dem zweiten Anlauf knurrte er etwas höchst Derbes und sagte: »So, jetzt reicht’s. Du hast dich genug gerächt. Wir müssen los, sonst komme ich zu spät.«
    »Du solltest lieber lernen, wie man Zöpfe flicht«, sagte ich und setzte das Tränenauge ein. »Ich weiß jetzt schon, dass unsere kleine Tochter mal Zöpfe haben möchte und dass ihr Papi sie flechten muss.«
    Beinahe wäre er unter dem Zangenangriff von Tränenauge und kleinem Mädchen dahingeschmolzen; aber im letzten Moment fing er sich wieder. Er war wirklich ein harter Bursche, sonst hätte er der Doppelattacke nicht standgehalten. »Wir bekommen nur Jungs«, sagte er und zog mich hoch. »Keine Mädchen. Auch ohne dass du eine fünfte Kolonne einsetzt, brauche ich jede
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