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Die Doppelgängerin

Die Doppelgängerin

Titel: Die Doppelgängerin
Autoren: Stefan Wolf
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deckte, flüsterte sie: „Bärbel ist
entführt worden.“
    Sofort schnellte Tarzan vom Sessel
hoch. Mit zwei Riesenschritten war er neben Frau Selbmann. Sie drehte den Hörer
so, daß er Zonkers Worte vernehmen konnte.
    „...soll ich jetzt nur tun? Wir sind
außer uns vor Angst. Und wie eigenartig, daß er gesagt hat: Ihre Tochter Inge.
Dann verbesserte er sich und sagte: Bärbel.“
    „Herr Zonker, Tarzan ist gerade bei uns“,
sagte Kathie Selbmann. „Er möchte Sie sprechen.“
    Wort für Wort ließ sich Tarzan
wiederholen, was der Anrufer gesagt hatte.
    „Die Polizei werde ich zunächst nicht
verständigen“, fügte Zonker mit zitternder Stimme hinzu. „Es scheinen mehrere
Kidnapper zu sein. Und wenn Bärbel was passiert...“
    Seine Stimme erstickte. Er konnte nicht
weiterreden. „Bitte, unternehmen Sie jetzt nichts!“ sagte Tarzan. „Ich rufe in
fünf Minuten zurück, Herr Zonker.“
    Er legte auf.
    Stimmen schwirrten durcheinander.
Vergessen waren die Briefmarken. Aufregung griff um sich. Angst und Sorge um
Bärbel — nur das stand im Vordergrund.
    Tarzan wiederholte, was er von Zonker
erfahren hatte. „Seltsam, dieser Versprecher“, meinte Herr Selbmann. „Wie kommt
der Verbrecher auf Inge?“
    „Nicht erschrecken“, sagte Tarzan, „aber
ich glaube: die Entführung galt Inge.“
    „Wie meinst du das?“ Entsetzt sah sie
ihn an.
    „Es ist eine einfache logische
Folgerung. Heute ist der 20. des Monats. Heute sollte jener Edwin aus dem
Gefängnis entlassen werden — der Kerl, dem unser Kassiberverfasser die Marken
nicht gönnt. Ich wette, Edwin war inzwischen in der Pension Waberina, hat das
leere Versteck vorgefunden und rausgekriegt, daß Inge die erfolgreiche
Schatzsucherin ist — zusammen mit mir. Daß der Verdacht so schnell auf dich fallen
könnte, Inge, hätte ich nicht für möglich gehalten. Die Waberina kennt deinen
Namen. Das war unser Fehler. Edwin hat festgestellt, wo du wohnst. Und
beschlossen, dich zu entführen, um die Marken zu bekommen, beziehungsweise dich
gegen sie auszutauschen. Er hat draußen gelauert. Beweis: Bärbel wurde
entführt, nachdem sie hier wegfuhr. Ihr ähnelt euch sehr. Es kam zur
Verwechselung. Zu spät hat er gemerkt, daß die Falsche entführt wurde. Jetzt
paßt er sich der neuen Situation an. Er hat festgestellt, daß Bärbel die
Tochter reicher Eltern ist, und versucht eine Lösegelderpressung. 400 000 hat
er sich für die Marken erhofft. Jetzt rundet er auf.“
    „Toll, wie du das zusammenbaust“, sagte
Karl.
    „Aber damit ist Bärbel im Moment nicht
geholfen“, rief Gaby.
    „Ich werde Herrn Zonker einen Vorschlag
machen.“ Tarzan griff zum Telefon.
    Als Bärbels Vater sich meldete, sagte
er: „Hier Tarzan. Herr Zonker, bei dem Kidnapper handelt es sich vermutlich um
einen Häftling, der heute entlassen wurde. Woher ich das weiß, erkläre ich
Ihnen nachher. Das ist eine längere Geschichte. Doch zunächst... Ich sehe eine
gute Möglichkeit, wenn Sie mich als Lösegeldboten einsetzen. Sagen Sie dem
Kerl, wenn er nachher wieder anruft, Bärbels Freund — noch nicht 14jährig — werde
das Geld überbringen. Dann läßt so ein Ganove sofort in seiner Wachsamkeit
nach. Wenn er mich sieht, wird er sich zeigen. Denn daß ich nicht im
Polizeidienst stehe, dürfte klar sein. Dann mache ich den Kerl zur Schnecke.
Und dann wird er mir Bärbels Versteck zeigen — so wahr man mich Tarzan nennt!“

15. Der Kampf mit den Kidnappern
     
    Noch geschwächt und angenagt von einem
bösen Zweifel, kehrte Hartmut A. Selbmann spätnachmittags per Taxi aus
Trimi-See in die Stadt zurück.
    Mit Friedrich, seinem Butler, hatte er
telefoniert. Durch den war veranlaßt worden, daß Professor Karlsson, der
bedeutendste Kenner auf dem Gebiet der Philatelie, bereits wartete.
    Karlsson war ein faltenreicher Typ mit
grauem Bart und raschen Bewegungen. Friedrich erinnerte an ein rosiges Ferkel.
    Ohne viel Umschweife nahm Selbmann im
Salon seiner Villa am Altstadt-Ring ein ledergebundenes Buch — Goethes Werke — aus
dem Regal. Zwischen den Seiten 114/115 steckte ein Briefumschlag. Er enthielt
die beiden Mauritius von 1898 auf einem Kuvert.
    Mit einer Pinzette zog Selbmann die
Kostbarkeit hervor. Vor Karlsson legte er sie auf die marmorierte Tischplatte.
    „Bitte, Ihr Urteil, Herr Professor.“
    Karlsson setzte seine Brille auf, zog
eine Lupe als Zusatzgerät aus der Tasche und beugte sich über die Marken.
    Mit der linken Hand kratzte er sich am
Schienbein.
    Etwa eine
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