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Die Doppelgängerin

Die Doppelgängerin

Titel: Die Doppelgängerin
Autoren: Stefan Wolf
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Zonker und
Inge Selbmann, waren 16 Jahre alt — beide — , besuchten die
St.-Irmengard-Mädchenschule und hatten sich mit Gaby angefreundet. Inge und
Bärbel waren keine wirklichen Zwillinge, nicht mal Geschwister. Aber sie
ähnelten sich sehr. Daher der Spitzname.
    „Los!“ sagte Tarzan. „Pack das Seil
weg! Wir fahren in die Stadt, hinterlegen das Geld und besorgen den Kleber.“
    Draußen war es heiß. Der Frühsommer
zeigte sich von seiner besten Seite. Auf dem Rasen des großen Internatsgeländes
hüpften Sperlinge. Der Hund des Hausmeisters — ein dicker Dackel, der von allen
gefüttert wurde — lag im Schatten und gähnte.
    Tarzan kraulte ihm im Vorübergehen den
Kopf. Aus dem Fahrradkeller holten sie ihr Stahlrösser. Dann fuhren sie über
die Landstraße zur Stadt, zur Großstadt — von der die Internatsschule etwa 20
Trablaufminuten entfernt war. Dazwischen lagen Felder, über die jetzt der heiße
Sommerwind strich.
    Klößchen schwitzte, schimpfte auf die
Hitze und redete davon, sich bald ein Fahrrad mit Hilfsmotor zuzulegen.
    In der Stadt strampelten sie zum
Postamt, wo jeder 50 Mark von seinem Sparkonto abhob. Sie legten das Geld in
einen mitgebrachten Briefumschlag und klebten ihn zu. Damit fuhren sie durch
die Innenstadt zur St.-Irmengard-Schule.
    Von weitem sah sie ein bißchen wie ein
Gefängnis aus. Das lag an der hohen Mauer, die das Gelände umfriedete. Früher
war es eine Klosterschule gewesen; und da hatte man sich vor männlichen
Eindringlingen gefürchtet.
    Auch Gaby — die hübsche Blonde vom TKKG
— hatte hier ihr erstes Oberschuljahr zugebracht, es dann aber vorgezogen, als
Externe (auswärtige Schülerin) die Internatsschule zu besuchen. Als
Interne (Heimschüler) waren dort nur Jungen zugelassen. Die Mädchen
fuhren mittags zu ihren Eltern in die Stadt zurück.
    „Wo ist hier ein Briefkasten?“ fragte
Klößchen.
    „An der Schmalseite!“
    Tarzan fuhr in die Gasse neben der
Schule.
    Der Briefkasten hing an schattiger
Stelle, brusthoch an der Außenmauer.
    Gut gewählt, dachte Tarzan. Man kann
von nirgendwo einsehen.
    Er stieg ab, trat dicht an den
Briefkasten und schob den Umschlag zwischen Mauer und Rückseite.
    „Das findet nur, wer danach sucht“,
sagte Klößchen. „Toni Ehrlich hat Köpfchen.“
    „Oder es war Ottmar Paulsens Idee.“
    Tarzan vergewisserte sich von beiden
Seiten, daß der Umschlag nicht zu sehen war — und somit keinem Unbeteiligten in
die Finger geriet.
    „Wir besorgen jetzt den Kleber“, sagte
er. „Dann fahren wir noch rasch bei Gaby vorbei.“
    „Und wo kriegt man den Kleber?“
    „Ich kenne da eine Großhandlung. Die
liegt etwas außerhalb — bei den Schrebergärten.“
    Klößchen seufzte gleich dreimal,
erzielte aber bei Tarzan kein Mitleid.
    Sie radelten durch die Innenstadt,
durch ein Randgebiet, durch ein verkehrsberuhigtes Viertel, durch eine
Fußgängerzone und erreichten eine Gegend, die dörflichen Charakter hatte — mit
bescheidenen Grundstücken, auf denen kleine, anspruchslose Häuser standen.
    Klößchen bremste so scharf, daß seine
Reifen zischten. „Was ist denn mit dir los?“ Tarzan sah sich um.
    Aber Klößchen stierte an ihm vorbei,
und in sein erhitztes Gesicht stieg ein rosiger Hauch besonderer Art.
    „Ach, die Bärbel!“ Tarzan war Klößchens
Blick gefolgt. „Was macht die denn... Moment mal! Das sind doch Paulsen und
Ehrlich.“
    „Sind sie!“ stieß Klößchen hervor.
    Aus schmalen Augen sah Tarzan: Bärbel
war von ihrem Rad gestiegen. Sie drückte sich an den hölzernen Jägerzaun eines
kleine Grundstücks. Das Rad hielt sie wie ein Schutzschild zwischen sich und
die beiden Jungs.
    Die standen so dicht vor ihr, als
bedrängten sie das Mädchen. Paulsen, der größer und stämmiger war als sein
Freund, hatte die Daumen lässig in den Gürtel gehakt.
    Ehrlich redete. Dabei wippte die
Zigarette in seinem Mundwinkel. Er war hager, hatte ein Fuchsgesicht und lange,
dünne Finger.
    „Ich glaube, die belästigen Bärbel“,
sagte Klößchen dumpf. „Dann haue ich das Gesindel zu Brei.“
    „Komm!“
    Bemerkt wurden sie erst, als sie neben
der Gruppe hielten.
    „Hallo!“ rief Bärbel. Das klang so
erleichtert wie „Gott sei Dank!“, und aus ihrem hübschen Gesicht wich die
Blässe.
    „Hallo, Bärbel!“ sagte Tarzan freundlich.
    „Grüß dich!“ krähte Klößchen. „Wie geht’s
denn so? Ich meine, alles in Ordnung? Kleiner Plausch, wie?“
    „Schwirr ab, Fettsack!“ sagte Paulsen. „Sonst
mache
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