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Die Donovans 3: Das geheime Amulett

Die Donovans 3: Das geheime Amulett

Titel: Die Donovans 3: Das geheime Amulett
Autoren: Nora Roberts
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sonniges Gemüt und ihre erstaunliche Fähigkeit, überall Freunde zu finden, waren ein Segen, aber sie verwirrten ihn immer wieder. Wie schaffte es ein Kind, das im zarten Alter von zwei Jahren seine Mutter verloren hatte, so ausgeglichen, so unbeschwert und so absolut normal zu sein?
    Wäre da nicht Jessie – er wäre nach Alices Tod längst verrückt geworden.
    Er dachte nicht mehr so oft an Alice. Häufig ertappte er sich dabei, dass er sich deshalb schuldig fühlte. Er hatte sie geliebt – Gott, wie hatte er sie geliebt! –, und das Kind, das sie gemeinsam gezeugt hatten, war der lebende Beweis dieser Liebe. Aber mittlerweile hatte er mehr Zeit ohne Alice leben müssen, als er mit ihr verbracht hatte. Und obwohl er entschlossen gewesen war, sich an die Trauer zu klammern, als Beweis seiner Liebe, war eben diese Trauer immer schwächer geworden, langsam dahingeschmolzen unter den Anforderungen, die das tägliche Leben an ihn stellte.
    Alice weilte nicht mehr unter den Lebenden. Jessie dagegen lebte und wurde mit jedem Tag, den sie heranwuchs, quicklebendiger. Diese Menschen, beide, hatten den Ausschlag zu der schwierigen Entscheidung gegeben, nach Monterey zu ziehen. In Indiana, in dem Haus, das Alice und er zusammen gekauft hatten, hatte es zu viele Erinnerungen gegeben.
    Sowohl seine Eltern als auch seine Schwiegereltern wohnten keine zehn Minuten Autofahrt entfernt. Als einziges Enkelkind war Jessie für beide Großelternpaare der Mittelpunkt gewesen – und oft der Grund für kleine Eifersüchteleien.
    Und Boone selbst … Nun, er konnte gar nicht mehr zählen, wie oft er sich mehr oder weniger diskrete Ratschläge hinsichtlich der Erziehung seiner Tochter hatte anhören müssen – bis hin zu vehementer Kritik.
    Außerdem waren da noch diese, manchmal recht plumpen, Kuppelversuche gewesen. Ein Kind braucht eine Mutter, ein Mann braucht eine Frau. Und entsprechend diesem Leitsatz hatte seine Mutter es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die perfekte Frau zu finden, die diese Stelle ausfüllen könnte, die eine hervorragende Ehefrau und Mutter sein würde.
    Das war es, was ihn am meisten aufgeregt hatte. Und die Einsicht, wie einfach es wäre, sich im Haus zu verkriechen und sich in Erinnerungen zu ergehen. Deshalb die Entscheidung umzuziehen.
    Arbeiten konnte er überall. Die Wahl war hauptsächlich wegen des Klimas, des beschaulichen Lebensstils und der Schulen auf Monterey gefallen. Und, wie er sich nur selbst eingestand, weil eine kleine Stimme ihm eingeflüstert hatte, dass dieser Ort genau richtig war. Für Jessie und ihn.
    Es gefiel ihm, dass er nur ans Fenster treten musste und das Meer sehen konnte. Oder diese hohen, schlanken Zypressen. Noch besser gefiel ihm, dass er nicht von Nachbarn umgeben war. Alice war diejenige von ihnen beiden gewesen, die gern in Gesellschaft war. Und an diesem Ort kam noch hinzu, dass der Verkehrslärm von der Straße nicht bis hierher drang.
    Es hatte sich einfach richtig und gut angefühlt. Und Jessie gab dem Ganzen bereits ihre persönliche Note. Es stimmte schon, als er hinausgesehen und seine Tochter nirgendwo hatte sehen können, hatte die Angst ihm den Magen zusammengezogen. Er hätte wissen sollen, dass sie bereits jemanden kennengelernt hatte, mit dem sie sich unterhalten konnte.
    Jemanden, den sie mit ihrem kindlichen Charme bezaubern konnte.
    Diese Frau.
    Mit einer tiefen Falte auf der Stirn setzte Boone den Deckel auf die Pfanne, um das Chili köcheln zu lassen. Er goss sich eine Tasse Kaffee ein und trat auf die Veranda. Schon seltsam. Er hatte die Frau gesehen und sofort gewusst, dass Jessie bei ihr sicher war. In diesen grauen Augen stand nichts als Güte und Sanftmut zu lesen. Es war seine eigene Reaktion, eine sehr primitive Reaktion, die seine Muskeln verkrampft und seine Stimme hatte rau werden lassen.
    Verlangen. Prompt, schmerzhaft und höchst unangebracht. Eine solche Reaktion auf eine Frau hatte er nicht mehr verspürt, seit … Er musste über sich selbst grinsen. Nie wieder. Mit Alice war es wie eine stille Vollkommenheit gewesen. Ein sanftes und unabänderliches Zusammenkommen, das er immer wie einen Schatz in der Erinnerung hüten würde.
    Aber das hier … das war wie eine Strömung gewesen, die einem den Boden unter den Füßen wegriss und einen immer weiter abtrieb, während man sich verzweifelt bemühte, das Ufer zu erreichen.
    Es ist auch lange her, erinnerte er sich selbst und sah einer Möwe nach, die über das weite Wasser glitt.
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