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Die deutsche Peitsche

Die deutsche Peitsche

Titel: Die deutsche Peitsche
Autoren: M. K. Bloemberg
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verneint, denn sie war stolz, dass ihr Kloster autark war und die Nonnen hart dafür arbeiteten. Der Herzog hatte auch das Gespräch mit den jungen Schwestern gesucht. Er hatte darüber paraphrasiert, ob er lieber der Kunst und Repräsentation den Vorzug geben solle oder der Modernisierung der Wirtschaftsgebäude. Ihre Ordensschwestern waren bemüht gewesen, dem Herzog nach der Nase zu reden und seine Machtgelüste angemessen zu befriedigen, doch sie selbst hatte Aristoteles, Platon, Thomas von Aquin zitiert und ihn scharf darauf hingewiesen, dass Repräsentation vergänglich sei, doch die Modernisierung der Wirtschaftsanlagen des Schlosses nicht nur dem ganzen Land zugute käme, sondern auch den Menschen, die auf dem Meierhof und in den anderen Gebäuden, ja sogar in seinem gesamten Reich für ihn arbeiteten.
    Der Herzog hatte ungerührt weiter mit ihr debattiert und sie alle dann irgendwann stehengelassen, als sein Kanzler ihm etwas ins Ohr geflüstert hatte. Erst am Abend war sie zur Äbtissin geschickt worden, die ihr eröffnete, dass Herzog Honoré von Ravfleur den Wunsch geäußert hatte, dass sie seine Beraterin werden möge.
    Erschrocken hatte sie geflüstert »Aber ich habe ihm in allem widersprochen«, woraufhin die Äbtissin sanft gelächelt hatte. »Der Mächtige vermag oft nicht durch den lächelnden Schein der Höflinge zu blicken. Mit Intelligenz vorgebrachter Widerspruch kann kostbar wie Gold sein und oftmals der rettende Leuchtturm in einem Meer von Lügen.« Dann hatte die Äbtissin Heloïse gebeten - sie, zu der sie alle hochblickten, hatte sie um etwas gebeten! - die Aufgabe zu übernehmen. Denn bei allem Bemühen, autark zu sein, konnte es in Krisenzeiten hilfreich sein, einen mächtigen Fürsprecher zu haben, der noch einige Gunstbezeugungen schuldig war. Zitternd hatte sie zugestimmt und hier war sie nun. Seit einigen Monaten hatte sie gut daran getan, sich an ihren philosophischen Lehrern zu orientieren und dem Herzog ungeschminkt die Wahrheit zu präsentieren. Freilich entschied er selbst, wieviel von ihrem Wissen und ihren Ratschlägen er für sich selbst in Anspruch nahm, doch er schien mit ihr sehr zufrieden zu sein und darüber war Heloïse sehr glücklich, denn das war es, was ihre Äbtissin hören wollte.
    Beim Gedanken an die Äbtissin stutzte sie. Möglicherweise würde sie den Herzog auf seinem Feldzug begleiten müssen und sie war bereits seit zwei Wochen nicht mehr in dem Kloster gewesen, das sie als ihre Heimat, ihr Zuhause und als ihre Familie ansah. Es wäre schön, wenn sie vor der gefährlichen Reise noch einmal mit ihren Ordensschwestern und der Äbtissin sprechen könnte. Kurzentschlossen beendete sie ihr Gebet und stand auf, um Herzog Honoré de Ravfleur aufzusuchen, um die Genehmigung für einen Besuch im Kloster einzuholen, denn viel Zeit stand ihr gewiss nicht mehr zur Verfügung, bevor sie aufbrachen.
    Sorgfältig band sie ihren Velan, der ihre ausschließlich für Gott vorbehaltene Schönheit den Augen aller anderen verbarg und eilte aus ihrer Kammer in Richtung der herzoglichen Privatgemächer. Als persönliche Beraterin des Herzogs genoss sie das Privileg, den Herrscher auch zu Zeiten, die bei anderen eine empfindliche Strafe hervorgerufen hätten, stören zu dürfen.
    Die schwere, eichenholzgetäfelte Tür war verschlossen und so klopfte sie vorsichtig. Als sie keine Reaktion vernahm, drückte sie die schwere Tür auf und blickte in den Raum. Der Herzog saß in einem Lehnstuhl vor seinem Bett, das mit schweren Stoffen, die vom Betthimmel hingen, umrandet war. Lediglich das Fußende war offen und es schien, als wäre der Herzog bereits etwas eingenickt oder überlege, zu Bett zu gehen, wie er in seinem Stuhl mehr lag als aufrecht saß. Da der Herzog beinahe mit dem Rücken zur Tür im Stuhl saß, hatte er Heloïse nicht eintreten sehen.
    Ein Seufzen machte sie misstrauisch und sie ging leise einige Schritte rechts um den Stuhl herum, um den möglicherweise bereits schlafenden Herzog nicht zu stören, als ihr nun ungehinderter Blick auf das Bett fiel. Mit dem Erblickten kam die Erkenntnis und wie eine scheue Schwester gesellte sich augenblicklich die Schamesröte dazu.
    Des Herzogs Nichte, Manon de Bettencourt, die jüngst ihre Rache erhalten hatte für ihre Behandlung durch Graf Maximilien de St. Courchose, und deren Freundin Cosette räkelten sich auf dem übergroßen Bett. Dieser Umstand hätte nicht dazu geführt, dass ihr die Augen beinahe herausfielen, die
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