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Die denkenden Wälder

Die denkenden Wälder

Titel: Die denkenden Wälder
Autoren: Alan Dean Foster
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schauderte. Es war nicht nur unbequem, sondern auch gefährlich, so früh am Tage so ungeschützt zu liegen, wenn alle möglichen unangenehmen Geschöpfe unterwegs waren. Aber die Dämmerung des Morgens und die des Abends waren die beste Zeit zum Jagen, und Born fühlte sich ihnen ebenbürtig. Ein guter Jäger hielt sich nicht verborgen, während andere die beste Beute machten. Er überlegte, ob er Ruumahum rufen sollte, aber der große Pelziger war nicht nahe, und wenn er jetzt laut rief, verscheuchte er damit mögliche Beute. Er würde eine Weile ohne seinen Begleiter und die von ihm ausstrahlende Wärme zu Rande kommen müssen.
    Born hatte keine Zweifel, daß Ruumahum in Rufweite war. Wenn ein Pelziger sich einmal einem Menschen angeschlossen hatte, verließ er ihn nie wieder, bis dieser Mensch starb. Wenn er starb . . . Born tat den Gedanken ärgerlich mit einem Achselzucken ab. Für einen Mann auf der Jagd waren dies sinnlose Gedanken. Drei Tage lag es jetzt zurück, daß er das Dorf verlassen hatte, und bis jetzt war ihm nichts begegnet, das zu erbeuten sich gelohnt hätte. Eine ganze Menge Buschäcker, aber ehe er mit nur einem Buschacker oder zwei ins Dorf zurückkehrte, konnte er ebensogut gleich nach unten gehen. Die Erinnerung an Lostings Rückkehr mit dem Kadaver des Brüters trieb ihm noch immer das Blut ins Gesicht, die Erinnerung an die Bewunderung, die dem großen Mann entgegengeschlagen war. Das waren Kleinigkeiten, frivole Kleinigkeiten, trotzdem machten sie ihn heiß.
    Der Brüter war ebenso groß wie Losting gewesen, nichts als Klauen und Scheren, aber diese drohenden Klauen und Scheren waren voll des besten weißen Fleisches, und Losting hatte sie Geh Hell zu Füßen gelegt, und sie hatte sie nicht abgelehnt. Das war der Anlaß gewesen, weswegen Born aus dem Dorf gestürmt war und seine augenblickliche, bislang noch erfolglose Jagd angetreten hatte. Er hatte sich nie in Größe oder Kraft mit Losting messen können, aber er war geschickt. Selbst als Kind schon war er geschickt gewesen, schneller als seine Freunde, und er hatte jede Gelegenheit wahrgenommen, um das zu beweisen. Wenn auch heute niemand seine Fähigkeiten in Zweifel zog, hätte ihn doch die Vorstellung erschreckt, daß alle ihn für etwas unvorsichtig, eine Spur verrückt hielten. Sie hätten nie Borns beständiges Bedürfnis verstanden, sich vor anderen zu beweisen. In der Beziehung war er ein Atavismus. Jetzt war er wieder alleine unterwegs, eine stets gefährliche Situation. Er konzentrierte sich darauf, sich von der Welt abzuschließen, wurde eins mit dem Blattwerk, wurde ein Teil des Grüns, praktisch unsichtbar.
    Der Nebel war aufgestiegen, hatte sich in die Zweite Etage erhoben. Die Luft war fast klar, wenn auch noch feucht. Born konnte ungehindert auf die große epiphytische Bromeliade sehen, die einige Meter weiter unten an der Liane wucherte. Die riesige Parasitenblüte wuchs mitten aus der Liane heraus, ein Parasit, der am Parasiten wucherte. Breite Blätter in Oliv und Schwarz umgaben die grüne Blüte. Die dicken Blütenblätter wuchsen dicht aneinander, wölbten sich, bildeten ein wasserdichtes Becken. Wie nach dem abendlichen Regen üblich, war dieses Becken nun gut einen Meter tief mit frischem Wasser gefüllt. Irgendwann würde etwas kommen, das zu töten sich lohnte, um davon zu trinken.
    Um ihn herum erwachte nun der Wald, ein Chor von Geräuschen von Bellen, Quietschen, Zirpen, Heulen und Kreischen verdrängte die Stimmen der weniger gesprächigen nächtlichen Vettern.
    Schon begann ihn der Mut zu verlassen, und er schickte sich an, einen anderen Ort zu suchen, als er in den Zweigen und Lianen über der natürlichen Zisterne eine Bewegung entdeckte. Er riskierte es, sich nach vorne zu schieben, verließ einen Augenblick lang die Tarnung seines grünen Umhangs. Ja, da war ein Rascheln zu hören, immer noch ein gutes Stück über seinem gegenwärtigen Standort, aber nach unten kommend.
    Mit ein paar sparsamen Bewegungen zog er den Bläser nach vorne. Das eineinhalb Meter lange Rohr aus grünem Holz hatte hinten einen Umfang von sechs Zentimetern und verjüngte sich an der Spitze. Ganz vorsichtig schob er es auf die Astgabel vor sich. Dort ruhte es reglos, wie ein Ast ohne Blätter. Er richtete es auf die Zisterne. Dann griff er in den Köcher, den er unter dem Cape auf dem Rücken trug, und zog einen der zehn Zentimeter langen Dorne heraus. Indem er ihn vorsichtig an dem fächerförmigen Schwanz hielt, wo man ihn
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