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Die denkenden Wälder

Die denkenden Wälder

Titel: Die denkenden Wälder
Autoren: Alan Dean Foster
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sorgfältig aus dem Wege. Ihre Gerüche waren ebenso sinnlich wie tödlich. Auch Lianen und Schlingpflanzen hatten ihre eigenen Blüten, und an manchen Stellen blühten sogar Luftwurzeln. Hier herrschte eine Vielfalt der Farben, die selbst die reichsten Dschungel der Erde vergleichsweise fahl und blaß erscheinen ließen.
    Obwohl das Pflanzenleben die Oberhand hatte, war auch die Tierwelt vielfältig und üppig. Baumwesen aus den Gattungen der Vögel, der Säugetiere und der Reptilien glitten oder flogen durch sich windende smaragdfarbene Tunnel. Freilich befanden sie sich in der Minderzahl gegenüber den Geschöpfen, die über die Schwerkraft Lügen strafende Straßen und Pfade aus Holz krochen, sprangen und schwangen.
    Der stetige Kreislauf von Leben und Tod drehte sich um Born und Ruumahum, als sie sich über ineinander verschlungene Tungtankeln, Kabbls und sich windende hölzerne Pfade zum Dorf zurückarbeiteten. Ein Schweber mit schraubenförmigen Schwingen stieß auf eine unvorsichtige sechsbeinige gefiederte Pseudoechse herunter und wurde seinerseits verschlungen, als er auf einem falschen Kabbl landete.
    Der falsche Kabbl glich aufs Haar dem dicken hölzernen Kriechgewächs, auf dem Born und Ruumahum sich bewegten. Wäre Born darauf getreten, hätte er zumindest einen Fuß verloren. Der falsche Kabbl war eine lange Kette ineinander verschlungener Münder, Mägen und Eingeweide. Schweber und Pseudoechse verschwanden in einem der Mäuler des mit Zähnen bewehrten Astes. Es war beinahe Mittag. Gelegentlich drang ein Strahl des Tageslichts in die Dritte Etage, einige fielen sogar noch tiefer auf die Vierte und Fünfte. Überall glitzerten Spiegellianen, und in ihren diamanthellen durchsichtigen Blättern brach sich das lebenspendende Sonnenlicht und wurde Hunderte von Metern durch grüne Schluchten an Orte hinunter geleitet, die es sonst nie erreichte. Die Mittagszeit war das Crescendo dieser Sinfonie aus Licht und Tönen. Kammlianen und Echoblätter bildeten den grünen Hintergrund für die Sänger des Tierreichs. Sie hätten einen wißbegierigen Botaniker ebenso überrascht wie die Spiegellianen.
    Born war kein Botaniker. Er hätte den Begriff nicht einmal definieren können. Sein Ururururgroßvater wäre dazu noch imstande gewesen. Doch auch dieses Wissen hatte ihn nicht davor bewahrt, jung zu sterben. Schließlich hüllte sie der feuchte Abendnebel katzenhaft verstohlen ein. Die munteren Schreie der Geschöpfe des Lichts wichen den Geräuschen erwachender Nachtschwärmer, deren Grunzen finsterer und tiefer klang, deren Schreie der Hysterie näher lagen. Und so war das dröhnende Heulen der nächtlichen Fleischfresser eine Spur drohender. Es war Zeit, Unterschlupf zu finden. Born hatte den größten Teil der letzten Stunde damit verbracht, einen wilden Heimbaum zu suchen. Solche Bäume waren rar, er hatte den ganzen Nachmittag über keinen gesehen. Sie würden also mit einem weniger bequemen Nachtquartier vorliebnehmen müssen. Zehn Meter über ihnen lag beispielsweise eines, und man konnte es leicht durch die ineinanderverschlungenen Äste und Lianen des Waldbaldachins erreichen.
    Weder Born noch Ruumahum konnten ahnen, welche Krankheit oder welcher Parasit die großen verholzten Gallblasen am Zweig des Säulenbaumes hervorgerufen hatte, aber jedenfalls waren sie für ihr Vorhandensein dankbar. Sie würden die Nacht lindern. Sechs oder sieben der kugelförmigen Ausbuchtungen drängten sich um den Ast. Die kleinste war etwa halb so groß wie Born, die größte groß genug, um Mensch und Pelziger spielend leicht aufzunehmen.
    Er untersuchte die größte mit seinem Messer und stellte fest, daß sie für das geschärfte Beil viel zu zäh war wie er das auch erhofft hatte. Wenn sein Häutemesser die verholzte Blase nicht durchdringen konnte, war auch die Gefahr gering, daß sie irgendein Räuber von hinten anfiel. Er löste den toten Graser der bereits zu riechen begann von Ruumahums Rücken und schob den Kadaver auf den Ast. Ruumahum reckte sich genüßlich, Wellenbewegungen gingen durch seinen Pelz, als er die Muskeln am Rücken spannte.
    Er gähnte, so daß man seine Reißzähne und zwei rasiermesserscharfe Hauer im Unterkiefer sehen konnte. Dann machte sich der Pelziger nach Borns Anweisung dran, mit beiden Vorderpfoten die Blase aufzureißen. Gemeinsam zwängten sie den Kadaver in den Hohlraum. Dann knüpfte Born sorgfältig seine übriggebliebenen Jacaridorne in eine Liane, bis sie eine primitive Barrikade
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