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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam
Autoren: Georg R. Kristan
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wenig über die Hintergründe erfahren können, obwohl Bernd und ich uns sehr schnell angefreundet hatten. Die Hechte von der Spionageabwehr haben mich ganz schön vorgenommen. Aber ich war ihnen dann doch wohl zu grün.«
    Ellen warf den Joghurtbecher in den Papierkorb. »Vergiß nicht, daß die mich auch ziemlich gepiesackt haben, obwohl ich als Bundesbürgerin nun wirklich nicht dem Mielke-Regime unterstand.« Sie blinzelte ihrem Mann zu. »Das kommt davon, wenn man sich in einen Attache verknallt, der im anderen Lager steht. Wenn ich euch damals das Projekt Gästehaus nicht vermittelt hätte, wäre aus unserer Jumelage nichts geworden.«
    »Wir haben sogar eine deutsch-deutsche Ehegenehmigung vom Ministerium für Staatssicherheit, vergiß das nicht. Damit gehören wir ins Raritätenkabinett der Geschichte.« Stefan lachte. »Dem MfS sei Dank!«
    »Aber weißt du, was ich nie ganz verstanden habe?« fuhr Ellen fort.
    »Na – was?«
    »Wieso es möglich war, daß Kalisch nach so relativ kurzer Zeit bei der westdeutschen Sondertronic eingestiegen ist. Die handeln doch auch nicht mit Zitronen.«
    »Das läßt sich leicht erklären: Unser Elektronikspezialist hat Geheimsachen en masse mitgenommen, die für den Bundesnachrichtendienst und für den Verfassungsschutz Gold wert waren. Bernd hat die DDR-Vertretung nackt und bloß in der Landschaft stehenlassen. Alles mußte umgerüstet werden; es wurde ein total neues System eingeführt, und ein hoher Offizier aus der Hauptabteilung III – Elektronische Aufklärung – mußte seinen Hut nehmen. Stasi in die Produktion – das gab’s damals schon!«
    »Und du meinst, die BND-Leute haben dann ihr Okay gegeben, daß Bernd bei der Sondertronic weitermachen durfte?«
    »Ja, nur so kann es gewesen sein. Das hat er nach der Wende ja auch mehr oder weniger verklausuliert erzählt.«
    Ellen lächelte. »Ich habe da meine Zweifel. Bernd Kalisch sagt bis heute nicht alles, was er weiß. Mich würde zum Beispiel brennend interessieren, woher er das Geld für seinen aufwendigen Lebensstil hat. Der Job allein kann’s doch wohl nicht bringen – und das eigene Flugzeug ist auch nicht gerade eine Sparkasse.«
    »Wenn der in Norwegen Urlaub macht, hat er bestimmt eine Frau dabei«, überlegte Stefan laut.
    »Vielleicht Silke Marino von der DEFA«, nahm Ellen den Gedanken auf. »Mit dem Starlet vergnügt er sich doch immer mal wieder. Stimmt es, daß er die Schöne dem Genossen Valentin ausgespannt hat?«
    Stefan wischte sich über die Lippen. »Das wird schon stimmen. Die Marino hat jedenfalls blitzschnell umgeschaltet und sich dahin orientiert, wo D-Mark und Dollar zu holen sind. Über die Werbefilmagentur unseres amerikanischen Klienten konnte sie sogar wieder in Babelsberg vor der Kamera stehen – für irgendeinen dummen Werbespruch.«
    »Dann bumst sie also auch mit dem?«
    Stefan nickte. »Die Marino schafft an, was Geist und Körper hergeben. Ein, zwei Jahre noch, dann ist ihre Zeit ohnehin vorbei. Der volkseigene Dienst hat schließlich auch seine Spuren hinterlassen.«
    Von der Anmeldung kam über den Tischlautsprecher der Rufanlage der Hinweis, daß ein Interessent mit der Chefin persönlich sprechen möchte.
    »Das Geschäft ruft – da will ich nicht stören«, sagte Stefan und stand auf. »Wir müssen sowieso abwarten, ob sich unser Playboy meldet. – Ich kümmere mich inzwischen um die notarielle Absicherung unserer Verträge.«
     
     
    Um Mitternacht klingelte das Telefon, und Stefan Munskau schreckte aus dem Schlaf hoch. Ellen neben ihm rührte sich nicht.
    »Kalisch hier – sag mal, droht Lebensgefahr, oder warum hast du meiner Sekretärin so eingeheizt? Ich habe sie eben angerufen und gehört, daß du mich dringend sprechen willst.«
    »Um diese Zeit rufst du deine Sekretärin an?« fragte Munskau noch schlaftrunken.
    »Die ist für mich jederzeit empfangsbereit – auch um Mitternacht. – Und was hast du so Weltbewegendes?«
    »Kannst du übermorgen, also Samstagabend, wieder in Bonn sein? Wir haben eine Überraschung für dich…«
    »Kein Problem, wenn’s eine wirkliche Überraschung ist. Hier in Arendal ist sowieso die Langeweile ausgebrochen. Man sollte vorsichtshalber immer eine Frau mitnehmen, auch wenn es nur ein Kurzurlaub ist; daran hätte ich denken sollen. Ich setze mich morgen in den Flieger, mache einen Abstecher nach Amsterdam und bin pünktlich in Bonn. Aber was soll das für eine Überraschung sein?«
    Stefan Munskau legte eine Kunstpause ein und
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