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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam
Autoren: Georg R. Kristan
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werden das Rennen machen«, meinte Stefan und drehte die Tabaksdose wie ein Glücksrad. »Wer den Markt in den Griff bekommt, hat materiell ausgesorgt. – Allerdings lebt er dann gefährlich.«
    Beate Randolf beugte sich vor und streckte die Hand aus. »Dann will ich den Afghanen mal wieder in seinen Stall bringen.« Die Tabaksdose verschwand in der Schublade des Beistelltisches.
    Stefan Munskau erhob sich zu seiner stattlichen Größe von einsneunzig und ging nachdenklich zwischen Tisch und Terrassengeländer hin und her. Der Hang fiel hier zum Griebnitzsee steil ab.
    »Sag mal, Beate, habt ihr auch überlegt, wie es weitergeht, wenn Valentin für einige Zeit ausfallen sollte? Die neuen Staatsanwälte haben zwar nicht allzuviel Ahnung, und die Schnellsten sind sie auch nicht; aber sie haben den verdammten Ehrgeiz, sich als Jäger zu profilieren. In den nächsten drei, vier Jahren sollte man schon etwas achtgeben und vor allen Dingen umsichtig sein.«
    Beate Randolf nickte. »Valentin ist ziemlich zuversichtlich; die Akten sind bereinigt, und das Haus ist auf meinen Namen eingetragen. Bei ›Special-Transports‹ arbeitet er mit einem Strohmann, der die Stellung hält, wenn es Probleme geben sollte. Die Seilschaft hat ein soziales Netz gespannt, das dem des Herrn Arbeitsministers kaum nachstehen dürfte. – Hat man euch auch schon kontaktiert?«
    »Nein – kein Bedarf!« Ellen hob abwehrend beide Hände. »Wir sind raus aus dem Spiel, unser Geschäft hat mit dem, was einmal war, nichts mehr zu tun. Wir spekulieren jetzt auch ein wenig auf Baisse, denn man kann sich kaum vorstellen, daß dieses Mixtum Bonn-Berlin auf Dauer Bestand hat. Aber noch boomt es auf dem Immobilienmarkt am Rhein ganz schön.«
    »Wir sollten uns langsam auf den Weg machen. In der nächsten Woche können wir unser Gespräch in Bonn fortführen«, bremste Stefan Munskau den Redefluß seiner Frau. »Die Autobahn bis Marienborn ist der reinste Schleichweg. Im eilig Vaterland sind die Straßen verstopft, und es geht nur zögernd voran.«

 
    2
     
     
     
    Ärgerlich legte Stefan Munskau den Hörer zurück. Er hatte immer wieder versucht, Bernd Kalisch zu erreichen, aber jedesmal hatte er dessen Sekretärin erwischt. Ihr Chef sei, erläuterte sie nachsichtig, wirklich mit seiner Mooney per via avia auf einer Geschäftsreise in Skandinavien und verbinde dort das Angenehme mit dem Nützlichen, indem er einige Tage Urlaub dranhänge. Er melde sich gelegentlich, und Herr Munskau dürfe gern eine Nachricht bei ihr hinterlassen. Seine Frage, ob man ihren Chef nicht über seinen Geschäftspartner erreichen könne, entlockte der kühlen Dame nur ein kurzes Lachen. »Dort ganz bestimmt nicht!« sagte sie vieldeutig.
    Stefan Munskau hatte in der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn genug gelernt, um diese Antwort richtig deuten zu können. Die Sondertronic KG war ein hochspezialisiertes Unternehmen für Abhörtechnik und Luftraumüberwachung. Auch wenn der kalte Krieg einem lauwarmem Frieden gewichen war, hatte doch jede Seite ihre elektronischen Lauscher dem Himmel zugewandt, um sicher zu sein, daß es keinen Rückfall in das Feind-Freund-Denken gab. Bernd Kalisch in Norwegen konnte also nur bedeuten, daß er im hohen Norden für die Funktionsfähigkeit einer Radarstation zu sorgen hatte. Norwegen war schließlich Mitglied der NATO, und da gab es keine Probleme mit dem High-Tech-Transfer.
    »Wenn Herr Kalisch sich meldet, sagen Sie ihm bitte, er möge dringend bei Immobilien-Munskau anrufen. Ich gebe Ihnen zusätzlich noch unsere private Telefonnummer«, bedrängte der Anrufer die zurückhaltende Sekretärin.
    »Na, hast du unseren Paradiesvogel erreicht?« fragte Ellen ihren Mann, als er sich in ihrem Büro auf den gerade frei gewordenen Besucherstuhl setzte.
    »Nein, noch nicht«, sagte er ärgerlich. »Der schwirrt mit seinem Flieger in Norwegen herum. Ich möchte wetten, daß er wieder in Sachen Luftraumüberwachung unterwegs ist. Einen fähigeren Spezialisten für Funkmeßsysteme als ihn gibt es wohl in ganz Europa nicht.«
    Ellen hatte sich einen Fruchtjoghurt genommen und löffelte ihn aus dem Plastikbecher. »Eine Hatz ist das wieder! Das war wohl ein ziemlicher Schlag in die Kombüse, als Bernd von der Ständigen Vertretung abgehauen ist, um sich dem Klassenfeind in die Arme zu werfen.«
    »Und wie – das hat mächtigen Stunk mit Markus Wolf gegeben, aber mehr noch mit der Hauptabteilung III. Ich war ja erst einige Monate hier und habe nur
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