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Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis

Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis

Titel: Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
Autoren: Tobias O. Meissner
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Mensch an sich wollte in Ruhe und Frieden leben. Die seit dem Krieg vergangenen einundzwanzig Jahre der Aussöhnung und Ruhe bewiesen dies.
    Serach hatte die Legende vom Dämonenschlund umrissen, in dem die Ungeister gefangen wären in ewiger Pein, angekettet durch das Wenige, das gut ist im Herzen der Menschen, gebunden durch Liebe und Selbstlosigkeit, durch Schönheitsempfinden und Mitgefühl – und er hatte sich geirrt dabei. Denn die Insassen des Dämonenschlundes wurden nicht durch die Güte der Menschheit im Zaum gehalten. Wäre dies so, dann hätten während des Krieges sämtliche Dämonen hohnlachend in die Freiheit springen müssen, denn Güte war vollständig abwesend gewesen in diesem Jahr des Schmutzes.
    Serach hatte gemahnt, wie dünn und brüchig die Wände des Dämonenschlunds geworden seien, weil die Menschen taube Ohren entwickelten für das Gute in ihnen, und erneut hatte er den Schlund aus Stein mit dem beinernen Abgrund in den Menschen verwechselt, und das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun. Der Mensch war sich selbst ein Dämon und der Dämon vielleicht nur ein Märchen.
    Serach hatte gesagt, wie groß die Ähnlichkeit eines Dämonen war mit jedem, der sein Kind schlägt, seine Frau, oder seinen Trinkkumpanen, und er hatte sich verschätzt dabei, denn ein Dämon wie die Baroness den Dauren schlug nicht nur ein Kind, eine Gattin und einen Kumpanen, sondern alle Kinder, Frauen und Freunde auf einmal, und schlug sie, bis sie tot waren.
    Serach hatte auch geredet über das Meer und die Wolken, und dass die Wolken das Meer mit ihren Tränen speisten und das Meer die Wolken mit seinem stets erregten Atemhauch, und er hatte damals geglaubt, in seinen Erklärungen der Welt auf einen Gott verzichten zu können und sich geirrt dabei, denn ohne einen lenkenden Geist wäre doch alles nur Willkür und Chaos, das wusste er nun, das hatte der Krieg ihn gelehrt. Die Wolken waren Gottes Atemhauch, und das Meer ein Spiegel seines unendlichen Antlitzes. Zu dieser neuen Überzeugung war Serach vor einundzwanzig Jahren gelangt, als die Menschdämonen sich alle gegenseitig auslöschten auf der Insel Kelm im Süden der Grünen See, und die Menschen des Krieges sich wieder einfanden bei ihren Familien, müde und verwirrt, aber begierig darauf, das Tagwerk des einfachen und gerechten Lebens dort aufzunehmen, wo sie es im Blutrausch achtlos fallen gelassen hatten.
    Serach hatte gesprochen von der Anwesenheit der Sonne, die jedes Lebewesen brauchte, um sich wärmen und nähren zu können, und von der Abwesenheit der Sonne, die ebenfalls wichtig sei, da nur so das Leben sich abkühlen könne und in der Lage sei, Ruhe zu finden, und wieder hatte er nicht begriffen, dass diese Wechsel der Temperamente, diese Sinnhaftigkeit eines Lenkersbedurfte, und dass Gottes Ratschluss in allem enthalten war, was sich nun Licht nannte oder auch Schatten.
    Vor allem jedoch hatte Serach den Menschen gepredigt, dass jeder Einzelne, ob er nun als König, Baron, Bauer oder Knecht geboren sei, die Zügel seines eigenen Schicksals in der Hand trage und alles zu werden vermöchte, was er sich auswählte: ein König, ein Baron, ein Bauer oder auch nur ein Knecht. Und selten zuvor in der Geschichte der Menschheit hatte ein Redner mehr Unsinn von sich gegeben. Denn der Einzelne war nichts im Wirken der Gewalten, weniger noch als ein Tropfen im aufgewühlten Meer. Der Krieg hatte bewiesen, dass niemand etwas anderes werden konnte als ein Knecht, und hatte widerlegt, dass es Zügel gab, die überhaupt ergriffen werden konnten.
    Der Krieg hatte Serach das Menschsein und die Demut gelehrt.
    Und als dann ausgerechnet er, der große Widerstreber, Zauderer, Mahner und Quertreiber, ausgerechnet er von den Menschen zum neuen Baron erkoren wurde, wunderte er sich nicht mehr. Denn natürlich wollte das, was vom Volk nun noch übrig war, das genaue Gegenteil von dem, was vorher herrschte. Und etwas Gegenteiligeres als der alte Serach ließ sich zur schönen und schrecklichen Baroness Meridienn den Dauren nicht finden.
    Nun humpelte er umher in den Kammern, die einstmals die Baroness bewohnte und mit ihrem Zorn auf alles Lebendige verpestete. Gestützt auf gleich zwei maßgefertigte Krücken hievte Serach seinen alten, ausgemergelten Leib von Raum zu Raum. Die Treppen zwischen den Geschossen waren in Rampen abgemildertworden. Damit der Baron weitere Strecken wie zum Beispiel in den Ratssaal zurücklegen konnte, standen zu jeder Tages- und Nachtzeit
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