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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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dünn. Im Gespräch ist er überraschend umgänglich. Der größte Rabauke unter Deutschlands Managern entfaltet einen seltsamen Charme. Er antwortet offen und lächelt viel, mit kraus gezogener Nase, ganz ähnlich wie sein ehemaliger Personalvorstand Margret Suckale, und man fragt sich, wer sich die Mimik vom anderen wohl abgeschaut hat.

    Sie sind einer der bekanntesten deutschen Manager. 423000 Namenseinträge bei Google, 128 Mal auf dem Titelblatt der Bild-Zeitung …
    … das öffentliche Bild von mir besteht zu großen Teilen aus Etiketten, die mir angeklebt wurden. Das bin nicht ich.
    Sie sind in Wahrheit sensibel?
    Ja.
    Wie drückt sich das aus?
    Ich denke über die Dinge mehr nach, als es nach außen den Anschein hatte. Und wenn ich so wirkte, als ob mich die Kritik nicht berührt hätte, dann ist das auch falsch. Ich zeige das nicht. Es wird mich nie einer dazu kriegen, dass ich ein bedrücktes Gesicht nach außen trage. Das freut nur die Falschen.
    Macht es einen nicht sympathisch, wenn man auch mal Schwäche zeigt?
    Sagen wir es anders herum: Glauben Sie, dass ein Weichei ein so großes Unternehmen wie die Bahn führen kann? Was meinen Sie denn, was da für einer sitzen muss? Ein Zögerer? Einer, der schreckhaft und zartbesaitet ist? Unmöglich. Schwäche können Sie zu Hause bei Ihrer Frau zeigen. Dort können Sie, wenn Sie wollen, auch heulen oder jammern. Aber nicht draußen. Das habe ich nie gemacht. Rate ich auch keinem.
    Bill Clinton, Barack Obama geben sich weich.
    Ich glaube, das sind härtere Hunde, als sie glauben machen wollen.
    Und bei Ihnen ist es genau umgekehrt.
    Nein, ich bin schon eher robust, was aber nicht heißt, dass ich nicht auch gerne anerkannt sein möchte für das, was ich gemacht habe. Jeder möchte doch geschätzt sein. Das ist ein normaler Grundinstinkt, den jeder hat. Und man ist natürlich ein bisschen enttäuscht, wenn das nicht geschieht. Das heißt jetzt nicht, dass ich nach Lob heische. Aber in jedem anderen Land würde einer wie ich ein Bundesverdienstkreuz kriegen.
    Das Bundesverdienstkreuz haben Sie doch schon.
    Ja, aber für mein Engagement bei Airbus, nicht bei der Bahn.
    Das Bundesverdienstkreuz bekommt man nur einmal in Leben, oder?
    Ich meine das im übertragenen Sinn. Die Bahn, wie ich sie im Frühjahr an meinen Nachfolger Rüdiger Grube übergeben habe, ist ein sehr erfolgreiches Unternehmen. Es ist mit Abstand die pünktlichste, sauberste, schnellste Bahn mit dem besten Angebot der Welt. Noch nie sind in Deutschland so viele Menschen mit der Bahn gefahren wie heute. Die Bahn transportiert jeden Tag fünfeinhalb Millionen Menschen und eine Million Tonnen Fracht.
    Sie sagten mal: Weil man als Bahnchef so viel aushalten muss, seien die kleinen Dicken dazu besser geeignet.
    Das sollte ein Witz sein, aber ja, so ein dünner, nervöser Krischpel wird dünnhäutiger sein als einer, der ein bisschen Sprungmasse hat wie ich: 85 Kilogramm bei 1 , 74 Meter. Ich glaube, das hilft.
    In einem anderen Interview haben Sie über Ihre Hände gesprochen. Dass das kräftige Hände seien: Hände zum Arbeiten.
    Ja, ich habe große Maurerhände. Schwer, breit.
    Aber warum braucht man denn als Bahnchef Hände zum Arbeiten? Ist Management nicht vor allem Kopfarbeit?
    Ja schon, aber irgendwie gehören für mich Kopf und Hände zusammen, und ich arbeite auch gerne mit meinen Händen. Ich brauche keinen Handwerker zu Hause, ich mache das selbst.
    Glauben Sie, dass die Physiognomie den Charakter prägt? Sind Sie so, wie Sie sind, weil Sie aussehen, wie Sie aussehen?
    Ich weiß nicht, wie Sie oder andere mich sehen: Ich sehe mich zwar jeden Tag beim Rasieren, aber ich kann mein Aussehen nicht richtig einschätzen.
    Sie wirkten wie jemand, der mit wütender Lust oder lustvoller Wut zu Werke geht.
    Nein, auf keinen Fall. Warum sollte ich wütend gewesen sein? Ich vertrat meine Ziele, die jeder kannte, bloß mit großer Konsequenz. Meine Aufgabe bei der Bahn, aber auch zuvor bei Heidelberger Druck und beim Airbusprogramm, war es, ein Unternehmen erfolgreich zu entwickeln beziehungsweise zu positionieren. In meinen Arbeitsbedingungen stand nie, dass ich zu allen sehr freundlich sein muss oder dass ich der beliebteste Manager aller Zeiten sein muss oder dass ich gar ein Medienstar sein muss. Wenn das dort gestanden hätte, hätte ich gesagt: Bitte, sucht euch einen anderen. Zum Industrieschauspieler wäre ich nicht geeignet.
    Was war für Sie das Schwierigste an der Spitze der Bahn? Die
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