Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Company

Die Company

Titel: Die Company
Autoren: Robert Littell
Vom Netzwerk:
Bücher von einem Revisor der Kontrollkommission des Zentralkomitees überprüfen. Wie war sein Name?«
    »Ewpraksein, Fjodor Eremejewitsch. Man hat ihn an den freien Schreibtisch neben meinem gesetzt.«
    Der Zauberer zog die Augenbrauen hoch, als wollte er sagen: Schön, du arbeitest also in Karlshorst, aber du musst schon einiges mehr bieten, um als großer Fisch in Frage zu kommen. »Was genau wollen Sie von mir?«, fragte Torriti unvermittelt.
    Der Überläufer räusperte sich. »Ich bin bereit überzulaufen«, sagte er, »aber nur, wenn ich meine Frau und meinen Sohn mitbringen kann.«
    »Warum?«
    »Was ändert es, wenn ich sage, warum?«
    »Glauben Sie mir. Es ändert alles. Warum?«
    »Meine Karriere ist an einem Endpunkt angelangt. Ich bin von dem System desillusioniert. Ich meine nicht den Kommunismus, ich meine den KGB. Der Resident hat versucht, meine Frau zu verführen. Ich habe ihn zur Rede gestellt. Er hat alles abgestritten, mich bezichtigt, ich wollte ihn erpressen, damit er mich im Bericht zum Jahresende lobend erwähnt. In der Moskauer Zentrale hat man seiner Version Glauben geschenkt, nicht meiner. Also: Das hier ist mein letzter Auslandsposten. Ich bin zweiundfünfzig – ich werde aufs Abstellgleis geschoben. Ich werde den Rest meiner Laufbahn in Kasachstan Berichte von Informanten mit drei Durchschlägen tippen. Ich habe von wichtigeren Dingen geträumt … Das hier ist meine letzte Chance, mir, meiner Frau, meinem Sohn ein neues Leben zu bieten.«
    »Weiß Ihr Resident, dass Sie Halbjude sind?«
    Wischnewski fuhr zusammen. »Woher wissen Sie …« Er seufzte. »Mein Resident hat es herausgefunden, das heißt, die Moskauer Zentrale hat es herausgefunden, als meine Mutter letzten Sommer starb. Sie hat in ihrem Testament den Wunsch geäußert, dass sie auf dem jüdischen Friedhof in Kiew beerdigt werden möchte. Ich habe versucht, das Testament zu unterschlagen, bevor es bekannt wurde, aber –«
    »Sie fürchten, aufs Abstellgleis geschoben zu werden – weil Moskau herausgefunden hat, dass Sie Halbjude sind, o der wegen Ihres Streits mit dem Residenten in Berlin?«
    Der Russe zuckte müde die Achseln. »Ich habe Ihnen gesagt, was ich denke.«
    »Weiß Ihre Frau, dass Sie Kontakt zu uns aufgenommen haben?«
    »Ich sage es ihr, wenn der Zeitpunkt kommt zu gehen.«
    »Woher wissen Sie, dass sie mitgehen wird?«
    Wischnewski dachte über die Frage nach. »Es gibt Dinge, die man als Ehemann über seine Frau weiß … Dinge, die man nicht aussprechen muss.«
    Ächzend hievte der Zauberer sich vom Stuhl und kam um den Tisch herum. Er blickte auf den Russen hinunter. »Wenn wir Sie und Ihre Familie rausschaffen, sagen wir nach Florida, würden wir für Sie eine Party geben wollen.« Torritis Gesicht verzog sich zu einem unangenehmen Lächeln, während er die Hände ausstreckte, Handflächen nach oben. »In den Vereinigten Staaten gilt es als unhöflich, mit leeren Händen zu einer Party zu kommen. Wenn ich die Leute, für die ich arbeite, dazu bringen soll, Ihnen zu helfen, müssen Sie mir schon sagen, was Sie zu der Party mitzubringen gedenken, Genosse Wischnewski.«
    Der Russe blickte auf die Uhr über dem Kamin, sah dann wieder Torriti an. »Ich war zwei Jahre und zwei Monate in Stockholm stationiert, bevor ich nach Berlin versetzt wurde. Ich kann Ihnen die Namen unserer operativen Mitarbeiter in Stockholm nennen, die Adressen unserer geheimen Wohnungen –«
    »Drei Leute aus Ostberlin zu exfiltrieren ist ungeheuer kompliziert.«
    »Ich kann Ihnen den genauen Aufbau der KGB-Residentur in Karlshorst anbieten.«
    Jack fiel auf, dass die Augen des Zauberers sich desinteressiert verschleierten; er nahm sich vor, diese schauspielerische Einlage in sein Repertoire aufzunehmen. Auch der Russe musste es mitbekommen haben, denn er stieß hervor: »Der KGB arbeitet getarnt als Inspeksija po woprosam bezopasnosti – Inspektorat für Sicherheitsfragen, wie Sie sagen. Das Inspektorat hat das Antonius-Krankenhaus übernommen und verfügt über sechshundertdreißig Vollzeitmitarbeiter. Der Resident, General Ilitschew, arbeitet getarnt als Berater der sowjetischen Kontrollkommission. Der stellvertretende Resident ist Ugor-Molodi, Oskar – er ist offiziell Leiter der Visa-Abteilung. General Ilitschew baut gerade ein gesondertes Direktorat für Illegale innerhalb des Ersten Direktorats in Karlshorst auf – unter der Bezeichnung Direktorat S. Seine Aufgabe wird sein, KGB-Illegale für Westeinsätze auszubilden und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher