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Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten

Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
Autoren: Thomas Finn
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sich die Finger verbrannt. Mit einem lauten Schmerzensschrei stolperte er zurück, fiel über einen Stapel Bücher und krachte neben den Sessel mit dem puppenhaften Haus Magister Eulertins. Bang sah er zu dem Tisch auf. Die Phiole zitterte auf dem Dreifuß, doch sie blieb verschlossen. Kai lachte hysterisch. Der Sulphur war gefangen. Er war gefangen!
    »Das denkst auch nur du!«, prasselte eine wütende Stimme in seinem Kopf. Oh nein. Kais Herz setzte einen Moment lang aus, als er mit ansah, wie die Phiole hell aufglühte und sich jäh zu einer grellweißen Kugel aufblähte, auf deren Außenseite sich die boshaften Gesichtszüge des Sulphurs abzeichneten. »Ich bin noch lange nicht mit dir fertig, du Hilfszauberer. Warte nur, bis ich hier rauskomme!«
    Der glühende Kristallball sprang vom Dreifuß, sauste mit Wucht gegen den Kamin und von dort quer durchs Zimmer und landete direkt auf einem Sitzkissen mit arkanen Stickmustern. Ein hässliches Reißen ertönte. Das Kissen zerplatzte und Hunderte weißer Daunenfedern rieselten wie Schnee auf Bücher und Möbel herab. »Hör auf!«, schrie Kai.
    »Aufhören?! Von wegen, gleich bin ich frei!« Schreiend jagte der Sulphur in der Kristallkugel gegen eine Regalwand mit Büchern und rammte dann den knöchernen Leib der Seeschlange, die von der Decke hing, und deren Skelettteile klappernd herabregneten - als es plötzlich still wurde.
    Längst hatte Kai unter dem Tisch Deckung gesucht und in Erwartung des Schlimmsten die Arme über den Kopf geworfen. Doch es schien, als habe die Welt von einem Augenblick zum nächsten den Atem angehalten. Was für eine Schurkerei hatte der verdammte Feuergeist denn jetzt vor?
    Kai sah auf. Überall um ihn herum hingen mitten in der Bewegung erstarrte Federn, Knochen und Pergamentfetzen im Raum. Selbst der zornige Sulphur schwebte reglos in seiner Kugel in der Luft.
    Da erfüllte ein sanftes Klingen das Studierzimmer.
    Verunsichert schob Kai zwei über ihm in der Luft hängende Knochen beiseite und wurde erst jetzt auf das regenbogenfarbene Licht aufmerksam. Es drang durch das Fenster, das nun zur Gänze mit den wundersamen Eisblumen überzogen war. Dort, wo die Strahlen auf die Eiskristalle trafen, funkelte es verheißungsvoll. Kai spürte, dass keinesfalls er für das seltsame Geschehen verantwortlich war.
    Er trat näher an das bunt leuchtende Fenster heran, auf dem sich zu seiner Überraschung dutzendfach die weichen Gesichtszüge einer wunderschönen Frau abzeichneten. Das silberhelle Licht, das von ihr ausging, erfasste alle blanken Flächen im Zimmer. Gläser, Flaschen, Spiegel, Schnallen, Schlösser. Das Antlitz der Schönen spiegelte sich sogar auf Eulertins Tintenfass, aus dem schlank der Gänsekiel aufragte, den der Däumling so gern als Transportmittel nutzte.
    Endlich erkannte er, wen er vor sich hatte.
    Nie im Leben würde er sie vergessen können. Die Feenkönigin sah genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte. Ihr schmales Gesicht wurde von honigfarbenem Haar eingerahmt, in dem es blitzte und funkelte, als seien kleine Sterne darin eingeflochten. Ihre Schönheit war alterslos, doch in ihren Augen las er die Weisheit von Jahrtausenden. »Sei mir gegrüßt, Kind des Unendlichen Lichts«, hauchte Berchtis mit samtweicher Stimme.
    »Ihr ... hier?!«, stammelte Kai. Verlegen klopfte er sich einige Federn von der Kleidung und wusste noch immer nicht so recht, welchem der vielen Abbilder der Feenkönigin er sich zuwenden sollte. »Ich meine, wenn ich gewusst hätte, dass Ihr heute ...« Berchtis' ernster Blick hieß Kai mitten im Wort innehalten.
    »Die Zeit drängt, Kind des Unendlichen Lichts«, wisperte es um ihn herum. »Ich spüre, dass unser Feind seinen nächsten Zug bereits ausgeführt hat. Wir alle müssen uns hüten.«
    »Ihr meint Morgoya, habe ich Recht?«
    Berchtis nickte und sah Kai ernst an. »Richte Thadäus aus, dass ich ein magisches Konzil einberufen habe, zu dem alle rechtschaffenen Magier geladen sind, die mir ihren Eid geleistet haben, die Finsternis zu bekämpfen.«
    »Und wo soll das stattfinden?«
    »Auch wenn mir das Schicksal Eurer Königreiche sehr am Herzen liegt«, antwortete die Fee mit klingender Stimme, »so vermag ich mein Zauberreich doch nicht zu verlassen. Was du hier siehst, ist nur eine Illusion, die ich als Botschaft zu all unseren Freunden ausgesandt habe. Ich bitte euch dringend, zu mir zu kommen.«
    »In Euer Feenreich? Wirklich?«, platzte Kai aufgeregt heraus. »Dürfen an dieser
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