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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
Autoren: Sebastian Keller
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Frauen unter, die sich nun mit gezückten Messern an einer Wand zusammendrängten.
    "Geh weg!", schrien sie und "Monster!".
    " Seht Ihr, Meister? Es ist so, wie ich gesagt habe. " Obwohl ich nun direkt neben ihm stand, starrten die Frauen nur ihn an. Mich konnten sie nicht sehen.
    "Aber die Leute im Dorf …", stammelte er, während er Schritt um Schritt nach hinten taumelte und erst stehen blieb, als er im Schatten der Bäume mit dem Rücken gegen den schlanken Stamm einer Esche prallte.
    " Macht Euch keine Sorgen. ", versuchte ich ihn zu trösten, " Ihr habt schnell und gründlich getötet. Ihr habt viel Blut vergossen, um den Zugang zu meiner Welt zu öffnen. Aber sie haben nicht gelitten. Ich bin stolz auf Euch. "
    "Ich habe was?" Seine Stimme brach und seine Augen füllten sich mit Tränen. "Was bin ich?!", würgte er hervor, als er zu begreifen begann und ein hysterischer Krampf begann ihn zu schütteln. Er hustete ein paar Mal und übergab sich schließlich.
    Ich führte ihn von diesem Ort weg auf eine friedliche Lichtung im Wald, wo ein kleiner Wasserfall einen Regenbogen in die Luft malte und Schmetterlinge über den Klee tanzten. Mir behagte dieser Ort nicht, aber ich wusste, dass solche Orte auf Menschen eine beruhigende Wirkung hatten. Eine Nymphe oder eine Fee musste diesen Hort des Friedens geschaffen haben, aber sie zeigte sich nicht. Ihr Glück. Ich hätte ihr wahrscheinlich die Flügel ausgerissen, wenn sie meinem Herrn zu nahe gekommen wäre. Für den Moment waren wir hier also allein. Nachdem Erich aufgehört hatte zu weinen, erklärte ich ihm behutsam, was er wissen musste:
    " Ihr wurdet als Hürnin geboren, Herr und als Ihr den ersten Schritt zum Erwachsenen gemacht habt, fand Eure Verwandlung statt. Ihr habt alle in Eurer Umgebung getötet und mich dadurch zu Euch gerufen. Mit dem Blut, das Ihr vergossen habt, wurde für einen Moment das Tor zur Welt der Horndämonen geöffnet, um mir den Übergang zu ermöglichen. Seit Jahrhunderten machen es die Hürnin so, um ihren Pakt mit uns Dämonen zu erneuern. "
    Ich beglückwünschte mich selbst dazu, dass ich ihn an diesen Ort geführt hatte, denn er nahm die Sache erstaunlich gelassen auf. Ich habe inzwischen von anderen Hürnin gehört, die diese kritische Phase in ihrem neuen Leben nicht unversehrt an Verstand und Körper überstanden und sich aus lauter Verzweiflung und Zerrissenheit das Leben nahmen, verrückt wurden oder bis zu ihrem Tod versuchten vor ihrem Dämonen wegzulaufen. Aber Erich war ein starker Junge. Ich war wirklich stolz darauf, dass ich das Glück hatte, ihm dienen zu dürfen, auch wenn ich anfangs einigen Zweifel daran gehabt hatte. Aber die Zweifel schwanden. Und mit ihnen auch die spärlichen Erinnerungen, an meine eigene Heimat, die ich in diese Welt hinüber retten konnte. Ich wusste, dass das ganz normal war, aber da ich hier keinen eigenen Körper besaß, war es ein wenig beunruhigend, wenn auch noch das wenige Wissen, das ich von der anderen Seite mitgebracht hatte, so schnell schwand wie die Erinnerung an einen Traum. Das einzige, von dem es sicher wusste, dass es mich nie verlassen würde war mein Instinkt.
    "Du bist tatsächlich ein Dämon?", wollte Erich wissen.
    " Ein Horndämon. Vor Jahrhunderten gingen wir einen Bund mit euch Hürnin ein. Ihr gebt uns einen Platz auf dieser Welt und wir dienen euch dafür. "
    "Ich habe noch nie davon gehört." Erichs Knie hatte inzwischen aufgehört zu bluten und seine Muskeln zitterten nicht mehr. Er hatte ein paar Schlucke klares Wasser aus dem Teich am Wasserfall getrunken und sich gründlich gewaschen. Jetzt saß er auf einem vor Moos ganz grünen Steinhaufen und versuchte das restliche Blut aus seinem Hemd zu bekommen. Dabei konnte ich seinen schlaksigen Körper betrachten. Man sah seine Rippen unter der Haut, aber seine Arme waren stark und sehnig. Und im Blutritual hatte er bewiesen, dass ein wenig zusätzliche Kraft ausreichte, um seine Finger hart werden zu lassen wie Stahl, seine Fingernägel scharf wie Messer.
    " Die Welt ist groß, Herr und die Hürnin sind nicht mehr sehr zahlreich. Ohne die Horndämonen würde es schon längst keinen mehr von ihnen geben. "
    Erich sah mich an. Zum ersten Mal, seit er seinem Trieb gefolgt war und mich mit dem Blutritual beschworen hatte, blickte er mich direkt an und ließ seine Augen auf mir verweilen.
    „Ich bin also ein Hürnin?“
    „ Ja, Herr.“
    „ Und meine Eltern ... meine wirklichen Eltern sind auch Hürnin?“
    „ Ja.
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