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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben
Autoren: Joseph Wambaugh
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lieber wieder auf den Boden«, schlug Pater Willie vor. »Bei Roscoes Fahrerei fällt er doch wieder runter.« Während nun also Spencer van Moot versorgt wurde und Sam Niles feststellen mußte, daß er zu betrunken war, um aufzustehen, und vergeblich nach Jupiter, Baxter Slates Stern, suchte, schlenderte von der anderen Seite des Teichs her ein achtzehnjähriger Bursche auf Sam zu. Er warf den Enten Brotkrumen zu und faßte hoffnungsfrohe Pläne für sein künftiges Leben, wie er beruflich vorankommen und für seine Eltern sorgen würde.
    Als Alexander Blaney sich der torkelnden Gestalt am Teich näherte, blieb er im Schatten der Bäume stehen. Er sah, daß es ein Betrunkener war, und er hörte die Stimmen unter den Bäumen, und er sah den blauen Polizeitransporter, der zwischen dem Betrunkenen und den anderen im Gras stand. Er wußte, daß es wieder diese Polizisten waren, und er überlegte, ob er dem Betrunkenen helfen oder ihn in Ruhe lassen sollte. Immerhin hätte der Betrunkene der Polizist sein können, den sie Roscoe nannten, der ständig über Schwule schimpfte und ihm vielleicht nur die Milz punktieren würde, was auch immer das bedeuten mochte.
    Schließlich konnte sich Sam Niles, der Alexander Blaney nicht sah, doch so weit auf den Beinen halten, um zu den anderen zurückzuwanken. Aber er sollte nur bis zu dem blauen Transporter kommen. Dessen beide Hintertüren standen offen, und er sah ein paar Füße und eine Gestalt auf dem Boden. »Bist du das, Harold?« murmelte Sam, während er sich in das miefende Innere des Transporters beugte und die schnarchende Gestalt am Ärmel zupfte.
    »Bist du das, Dean?« fragte Sam Niles weiter, als er in den Transporter kletterte und neben Spencer van Moot niedersank. »Bist du das, Padre?« versuchte er es von neuem. Er wollte die schlafende Gestalt auf die Bank hieven, aber dabei überkam ihn ein Schwindelanfall, und er setzte sich auf die gegenüberliegende Bank. Sam Niles wurde schrecklich übel, und er mußte sich auf die Bank legen, während sich in seinem Kopf alles zu drehen begann. Binnen weniger Sekunden war er eingedöst.
    Dies alles hatte Alexander Blaney beobachtet. Er sah, daß der Polizist im Innern des Transporters bestens aufgehoben war, worauf er sich näher zu den anderen Chorknaben ins Gras setzte, als er das je zuvor getan hatte. Er lauschte ihren Stimmen, die an diesem Abend alles andere als laut und aufgedreht waren. Sie waren eher leise und verbittert.
    Als Alexander Blaney wenig später einen uniformierten Polizisten und einen anderen Mann auf den Wagen zukommen sah, zog er sich in den Schatten unter den Bäumen zurück. »Hey, sieh dir das mal an, Padre«, sagte Roscoe, als er vor der offenen Tür des Transporters stand.
    »Sam!« platzte Pater Willie heraus.
    »Spencer hat einen Besoffenen gefunden, der ihm Gesellschaft leistet. Dieser miese Sack. Wahrscheinlich hat er Hasch geraucht, und davon ist er jetzt hinüber. Genau wie sein sauberer Freund, Baxter Slate.«
    »Baxter ist tot«, erinnerte Pater Willie Roscoe und fand, daß dieser auf keinen Fall noch so nüchtern war, daß er hätte fahren können.
    »Ich habe ihn genauso gemocht wie jeden x-beliebigen anderen«, polterte Roscoe weiter. »Nur seine perversen Touren konnte ich nicht ausstehen.«
    »Was sollen wir mit Sam machen?«
    »Ich würde sagen, wir nehmen ihn auch mit«, schlug Roscoe vor.
    »Demnach wird also irgend jemand zwei Autos zur Wache fahren müssen.«
    »Sehen wir lieber zu, daß wir wegkommen, bevor die anderen Idioten wieder hier auftauchen«, knurrte Roscoe und stieß Spencers Füße ins Innere des Wagens, um dann die Türen krachend zuzuwerfen.
    Danach urinierte Roscoe ins Gras, und Alexander Blaney hörte ihn lachen, als er sich wieder zu den anderen gesellte.
    Als die beiden verschwunden waren, hörte Alexander Blaney aus dem Transporter einen unterdrückten Schrei.
    Es war weniger das Schlagen der Tür und das Einschnappen des Schlosses gewesen, als der Körper, den er neben sich auf dem Boden spürte, der Sam Niles seine Augen weit aufreißen ließ. Es war völlig dunkel. Es gab kein Licht. Er wußte nicht, wo er war. Für einen kurzen Augenblick wußte er nicht einmal, wer er war. Und dann fühlte er den Körper. Als er daraufhin im Dunkel auf die Beine sprang, schlug er sich am Metalldach des Transporters den Kopf an. Mit einem lauten Aufschrei wandte er sich nach rechts und zerbrach sich an der Seitenwand seine Brille. Schließlich krallte er sich an den
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