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Die Burg der flammenden Herzen

Die Burg der flammenden Herzen

Titel: Die Burg der flammenden Herzen
Autoren: Katy Cooper
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hasste London – hasste den Fluss, den Hof, die dreckigen, überfüllten Straßen. Von ganzem Herzen wünschte er sich, daheim in Benbury zu sein, wo er in aller Ruhe mit der Schafzucht seine Geldkassette füllen konnte. Aber es war nicht allein der bescheidene Wohlstand, den Benburys Felder und Wiesen einbrachten, nach dem er sich sehnte; es verlangte ihn vor allem nach dem Landhaus, das hinter niedrigen Mauern lag und von grünen Gärten umgeben war – ein Ort des Friedens.
    Seine Miene verfinsterte sich, und der Bootsführer ruderte schneller. Wo Beatrice sich aufhielt, hatte es nie Frieden gegeben; Benbury würde sich daher kaum als die Zuflucht erweisen, nach der Sebastian sich gesehnt hatte.
    Die Fahrt zurück zum Haus der Colevilles war kürzer als die Hinfahrt, was nicht nur an der günstigen Strömung gelegen hatte. Vielmehr fürchtete Sebastian das bevorstehende Gespräch mit Lord Wednesfield, da er wusste, dass dem Earl die Änderung des Ehevertrags missfallen würde – vermutlich wäre er sogar ziemlich erzürnt. Und was sollte er ihm überhaupt sagen? Dass seine ältere Tochter trotz ihrer guten Erziehung bereits ein Eheversprechen gegeben hatte, als sie gerade zu einer jungen Frau herangereift war? Der Earl würde Sebastian für diese Anmaßung scharf zurechtweisen, und er hätte es auch nicht anders verdient.
    Schließlich hielt das Boot am Anlegeplatz vor dem Haus der Colevilles. Sebastian stieg aus und erklomm die Stufen, die zum Garten hinaufführten. Unzählige Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Konnte er nicht einfach sagen, dass er Beatrice Cecilia vorzog? Einst hatte es tatsächlich der Wahrheit entsprochen.
    Neds Schritte auf dem gefliesten Boden rissen Sebastian aus seinen Gedanken. “Er hat mein ganzes Geld genommen, Mylord. Ich brauche mehr”, hörte er Ned neben sich sagen.
    Sebastian hielt es nicht für nötig, seinen Diener anzuschauen. “Keinen Penny mehr. Du wirst kein Geld in Benbury brauchen.”
    “Benbury, Mylord? Wir werden London verlassen?”
    “Morgen oder übermorgen. Spätestens jedoch am Freitag. Du wirst schnellstens die dazu nötigen Reisevorbereitungen treffen.”
    “Ja, Mylord. Wie Ihr es wünscht.”
    In der Halle erfuhr Sebastian von dem Hausvorsteher, dass der Earl und die Countess sich bei der Ankunft in Coleville House sogleich in die Kemenate im oberen Stockwerk begeben hatten. Sebastian schlug das Angebot aus, sich anmelden zu lassen, durchmaß die Halle und ging die Treppe hinter der Empore hinauf, die zur Kemenate führte. Obgleich er das Gespräch mit dem Earl fürchtete, setzte ihm das Warten noch mehr zu. Hastig eilte er hinauf. Wenn er einmal etwas in Bewegung gesetzt hatte, würde er den Lauf der Dinge nicht mehr aufhalten.
    In der Kemenate saßen der Earl und seine Gemahlin in großen Lehnstühlen am geöffneten Fenster. Die Countess war in ihre Stickerei vertieft, während ihr Gemahl mit gesenktem Haupt dasaß, die Hände vor dem Bauch verschränkt. Er schien ganz in Gedanken vertieft zu sein.
    Sebastian verbeugte sich und sagte: “Mylord, ich würde gerne mit Euch sprechen. Unter vier Augen.”
    Der Earl hob den Kopf und sah Sebastian an, wobei sich seine Augen argwöhnisch verengten. Der durchdringende Blick währte nur kurz, doch Sebastian wurde das Gefühl nicht los, dass der alte Mann bis in die dunklen Tiefen seiner Seele gesehen hatte. Er widerstand dem Verlangen, wegzuschauen und sich wie ein unsicherer Junge zu winden. Aus einem Augenwinkel nahm er wahr, wie die Countess ihre Näharbeit ablegte und ihn mit krauser Stirn musterte.
    “Wünschst du das Gespräch jetzt?” fragte der Earl, der seine Hände immer noch über dem Bauch verschränkt hielt.
    Sebastian schluckte. “Ja, Mylord, wenn es Euch recht ist.”
    “Um was geht es?”
    “Um meine Verlobung mit Eurer Tochter.”
    Bei diesen Worten weiteten sich die Augen des Earl, und seine strengen Gesichtszüge wichen einer freundlich-gleichmütigen Miene, die er sonst bei Hofe zur Schau stellte. Ahnte er, was bevorstand? Wie sollte er? Doch er spürte gewiss, dass etwas nicht in Ordnung war.
    “Gehen wir ein wenig.” Der Earl erhob sich und legte seine Hand ungewöhnlich kraftvoll auf Sebastians Schulter, obwohl er noch Augenblicke zuvor abgespannt gewirkt hatte. Seine Finger umklammerten Sebastian, und der unangenehme Druck war selbst durch die Kleidung hindurch zu spüren. Ohne den Mantel, das Wams und das Unterhemd hätten diese Finger ihn gewiss verletzt. Wollte der Earl ihn
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