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Die Burg der flammenden Herzen

Die Burg der flammenden Herzen

Titel: Die Burg der flammenden Herzen
Autoren: Katy Cooper
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Empfangshalle. Ohne sich noch einmal umzudrehen, verschwand er hinter den Wandschirmen.
    Nun erwartete ihn die schwierige Aufgabe, sich dem Earl zu stellen.
    Nur das Korsett unter ihrem Mieder verhinderte, dass Beatrice sich zusammenkrümmte, um die Schmerzen in ihrem Bauch zu lindern. Das konnte ihr unmöglich widerfahren, nicht nach all dem, was vorgefallen war.
    Sie löste sich von der Tür ihres Schlafgemachs und kniete an der gegenüberliegenden Wand auf ihrem Betstuhl nieder.
Um was soll ich bitten? Soll ich Gott um Gnade ersuchen, um Beistand? Oder soll ich um Antworten beten, Antworten, die ich nicht erhalten werde?
    Sie fand keinen inneren Frieden, wohin sie sich auch wandte. Stattdessen spürte sie Verzweiflung, als sei ihr Herz von eisiger Kälte ergriffen. Verzweiflung war eine Sünde, und sie war der Sünden überdrüssig. Hörte es denn nie auf? Ließ sich die Düsterkeit, die ihr Herz umgab, nie vertreiben, selbst wenn sie all ihren Pflichten nachkam? Verzweifelt umklammerte sie den Rand des Betstuhls und lehnte den Kopf gegen ihre verkrampften Hände.
    Beatrice befürchtete, ihr ganzes Leben lang danach streben zu müssen, richtig zu handeln. Nur um festzustellen, dass sie trotz all ihrer Anstrengungen stets versagte. Sie war erschöpft; wie leid sie es doch war, nach innerem Frieden und einem reinen Herzen zu streben! So sehr, dass sie sich manchmal wünschte, vom Schweißfieber hinweggerafft zu werden. Doch dieser Wunsch grenzte an Selbstzerstörung, die ihre Seele mit einer weiteren Sünde belasten würde.
    Und jetzt dies. Sie war in einer zweiten Verbindung gefangen und wieder einem Mann ausgeliefert, der kein Erbarmen kannte. Waren ihre Sünden tatsächlich so schwer wiegend, dass eine solche Strafe gerechtfertigt war? Sie hatte für die Verfehlungen des vergangenen Jahres Buße getan. Gewiss war es genug gewesen …
    Jemand klopfte an die Tür und öffnete sie.
    “Lasst mich allein”, bat Beatrice, ohne aufzuschauen, wer gekommen war. Sie konnte jetzt keine Gesellschaft ertragen, denn sie hatte nicht die Kraft, eine innere Ruhe vorzutäuschen, die sie nicht verspürte.
    “Ich bin es, Beatrice”, sagte Cecilia.
    Sie hob den Kopf und starrte ihre Schwester an. Cecilia stockte der Atem, als sie in Beatrice’ verzweifeltes Gesicht sah, trat ein und schloss die Tür hinter sich.
    “Ich brauche dein Mitleid nicht”, meinte Beatrice. In dem stillen Gemach klang ihre Stimme hart und abweisend.
Bitte geh nicht, verlass mich nicht!
“Ich sagte, lass mich in Ruhe. Höre auf meine Bitte.”
    “Das werde ich nicht tun.” Cecilia setzte sich auf die Truhe, die vor dem Bettende stand, und legte die gefalteten Hände in den Schoß. Wie eigensinnig ein jeder in der Familie war, wie hartnäckig jeder von ihnen darauf bestand, seinen Willen zu bekommen. Beatrice vermochte nicht, die Kraft aufzubringen, sich ihrer Schwester zu widersetzen. Die Ehe mit Manners hatte ihr jeglichen Starrsinn genommen und sie so untätig werden lassen wie eine geistesschwache Nonne.
    “Ich versuche zu beten”, meinte sie.
    “Du versuchst es nur?”
    Unmerklich zuckte Beatrice zusammen. “Ich kann nicht beten, wenn du mich beobachtest.”
    “Ich mache mir deinetwegen Sorgen”, sagte Cecilia.
    “Das ist nicht nötig. Es besteht kein Anlass.”
Ich verdiene es nicht.
    “Es betrübt mich, dich und Sebastian so verfeindet zu sehen. Und da ihr euch unwiderruflich versprochen seid …”
    “Sprich nicht davon!” Sie konnte darüber nicht reden, mit niemandem. “Es wäre für alle besser, er hätte dich geheiratet …”
    “Nicht für mich, Beatrice, niemals für mich”, entgegnete Cecilia und versteifte sich. “Das darfst du nicht glauben.”
    “Warum nicht? Ihr seid immer gute Freunde gewesen und seid euch stets ungezwungen begegnet. Ihr würdet gut miteinander auskommen, und jeder von euch könnte eine schlimmere Wahl treffen.” Es fiel ihr leichter, über Cecilias Herzensangelegenheiten zu sprechen als über ihre eigenen.
    “Ich kann Sebastian unmöglich heiraten. Es war falsch von mir, es auch nur zu erwägen”, sagte Cecilia und presste die Lippen zusammen.
    Was nun? Beatrice strich über das Holz des Kniestuhls, der kein Polster besaß und trotz ihrer Röcke hart gegen ihre Beine drückte. Das geöffnete Fenster über dem Betstuhl ließ die warme Luft des Nachmittags herein. Unten im Garten hörte man das Gemurmel und Gelächter von Männerstimmen. Die Laute drangen in das Schweigen zwischen ihr und Cecilia,
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