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Die BUNTE Story

Die BUNTE Story

Titel: Die BUNTE Story
Autoren: Hubert Burda
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Vorproduktion betraf, schon fertiggestellt. Nur die Produktion der Titelgeschichte und der aktuellen Seiten standen noch aus.
    Bei »Bunte« gab es damals zwei große Serien: einen großen Roman und einen Tatsachenbericht. Im ersten Heft, das unter meiner Leitung produziert wurde, schrieb der Schriftsteller Heinz G. Konsalik über einen Flugzeugabsturz in der Taiga und eine größere Strecke berichtete über die Geschichte der Familie Krupp.
    Blättert man heute in einer der früheren Ausgaben von »Bunte«, dann fallen einem sowohl der Fortsetzungsroman als auch der Tatsachenbericht als zwei damals tragende journalistische Elemente ins Auge. Heute aber sucht man in einer Illustrierten, in einem Magazin vergebens nach ihnen. Wohin sind sie entschwunden? Der Fortsetzungsroman landete im Vorabendprogramm von ARD und ZDF. Er heißt jetzt »Lindenstraße«, »Gute Zeiten, schlechte Zeiten«, »Verbotene Liebe«, »Sturm der Liebe«, »Unter uns«. Der Tatsachenbericht hat sich unter dem Titel »Dokumentation« auf allen Kanälen etabliert.
    Für mich als Neuling gab es zunächst nur ein Ziel: Ich wollte diese vierzehn Tage überstehen. Dabei wollte ich wenig verändern und die Redakteure nicht verunsichern, die das eingespielte Regiment meines Vater gewohnt waren. Wie eine Redaktion funktioniert, davon hatte ich eine gewisse Ahnung, seit ich während eines Aufenthalts in den USA in verschiedenen »editoral staffs« amerikanischer Magazine Erfahrungen gesammelt hatte. Mit dem Schreiben tat ich mich allerdings noch schwer. Dafür bewunderte ich Menschen, die druckreif diktieren konnten.
    Und noch etwas fiel mir zunächst nicht leicht: Während meines Studiums in München hatte mich die Zeit des Aufbruchs in den sechziger Jahren, eine wilde Zeit, angeregt und intensiv beschäftigt. »Bunte« gehörte sicherlich nicht zu den Blättern, die, wie »Stern« und »Der Spiegel«, mit den Revolten, Kulturrevolutionen und »Neuen sozialen Bewegungen« sympathisierten. Das Klima in der »Bunte«-Redaktion bedeutete für mich also Umdenken und Verstehenlernen, wie hier die Welt gesehen und wie hier gearbeitet wurde.
    Meine persönlichen Aufzeichnungen aus diesem Februar 1974 berichten von der Lektüre der beeindruckenden Studie »Über den Prozess der Zivilisation«, die der Soziologe Norbert Elias verfasst hatte, und vom Besuch einer Theaterpremiere in Berlin. Aufgeführt wurde das Stück »Die Unvernünftigen sterben aus« von Peter Handke. Hinterher ging es mit dem Autor, dem Theaterregisseur Luc Bondy, der Künstlerin Rebecca Horn und Rudolf Augstein auf die Premierenfeier.
    In einer ganz anderen Welt saß ich am 10. Februar im 12. Stock des Verlagshauses und hatte ein Heft vorzubereiten mit einer Titelgeschichte über die »Intime Ehebeichte von Curd Jürgens«, einem Farbbericht über den Schah beim Skifahren und einem Text über die Fernseh-Ansagerin Anneliese Fleyenschmidt: »Eine Frau ohne Alter«.
    Die Redakteure von »Bunte« zählten zur Generation meines Vaters. Sie waren wohl etwas jünger als er, gestandene Routiniers, die früher für die »Quick«, die »Neue Revue« oder für Tageszeitungen gearbeitet hatten. Ihr Altersdurchschnitt lag bei etwa sechzig Jahren.
    Die »Bunte« wurde in Offenburg konzipiert und hergestellt, und dieses Offenburg bestand vor allem aus einer großen Druckerei, die mein Bruder Franz leitete: gediegen, sachlich und handwerklich erfahren. Diese Nähe zur Druckerei prägte den Verlag. Mein Vater, kein gelernter Redakteur, besaß einen Meisterbrief als Drucker, und seine Königsidee bestand darin, auf großen Rotationsmaschinen eine farbige Welt zu drucken, also spannende Geschichten aus aller Welt zu erzählen, vierfarbig, bunt und zu einem günstigen Preis. Darum nannte er seine Hauptzeitschrift die »Bunte«.
    Heute, da alles in Farbe gedruckt wird, kann man sich kaum mehr vorstellen, dass zu jener Zeit die Tageszeitungen und Magazine in Schwarzweiß erschienen. Vierfarbig bedeutete sechs Zylinder mehr, Gelb, Rot und Blau, verbunden mit gewaltigen Kosten. Als mein Vater den großen Farbbericht einführte, fuhr der Teilhaber am »Stern«, der Drucker und Freund meines Bruders Frieder, Richard Gruner, zu ihm nach Darmstadt und fragte ihn, ob er ausgerechnet hätte, was diese Vierfarbigkeit an Mehrkosten verursache. Wie immer die Antwort meines Bruders gelautet haben mag: Der »Stern« blieb zunächst bei Schwarzweiß.
    Will man sich in die Welt Anfang des Jahres 1974 versetzen, dann muss man
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