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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes
Autoren: Norman Spinrad
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den Kopf und musterte den bewaffneten Kreis der Herogynsüchtigen.
    „Laßt eure Waffen fallen und lauft!“ bellte er. „Das ist mein Volk. Hört, was sie rufen! Lauft um euer Leben! Laßt eure Gewehre fallen und verschwindet, sonst werde ich euch denen übergeben. Sie werden euch bei lebendigem Leib auffressen!“
    Die Freaks sahen auf das Meer rufender Sadianer herab, auf diese Springflut von Messer, Keulen und Fackeln schwingenden Menschen, die sich ihnen immer rascher näherten. Über splitternde Bankreihen strömten sie, immer wieder Fradens Namen rufend, auf sie zu. Da warfen sich die Herogynsüchtigen herum und rannten auf den Ausgang zu, einige ließen die Gewehre fallen, andere hielten sie fest umklammert.
    Fraden nahm ein Gewehr auf und ließ die nutzlose Schnittpistole fallen. Den Gewehrlauf drückte er Vanderling in den Rücken. „Du hast dich schon wieder verschätzt“, sagte er, dann wandte er sich dem Geschehen in der Arena zu.
    Ein paar überlebende Töter erkletterten soeben das Geländer des Pavillons. Wie eine Mauer folgten ihnen die schreienden Sadianer und schleuderten ihnen Messer, Beile und Speere nach. Einige Töter fielen in die Arena zurück; Dolchgriffe und Speerschäfte ragten aus ihren Rücken. Die Sadianer standen Kopf an Kopf in der Arena. Sie schwenkten Messer, Balkentrümmer, brennende Fackeln und grausige menschliche Überreste in der Luft. Auch schwarze Stoffetzen erfüllten sie mit geifernder Freude.
    „Herje!“ murmelte Fraden. Er wollte seinen Augen nicht trauen.
    Die drehten ja völlig durch. Aber es war doch alles vorbei. Die Bruderschaft war erledigt, Willem war hilflos, er mußte sie aufhalten!
    Denn die Sadianer fielen alles an, was sich bewegte. Töter und Guerillas wurden gleichermaßen in Stücke gerissen. Währendessen erklang aus Zehntausenden von Kehlen sein Name wie mit einer Stimme, mit der Stimme eines Amok laufenden Massenorganismus.
    Mit einer Hand zog Fraden Sophia zu sich heran, mit der anderen hielt er weiter das Gewehr in Vanderlings Rücken. Er sprang auf die Bank, und jetzt zeigte die Gewehrmündung auf Vanderlings Hinterkopf. Mit der freien Hand stützte Fraden sich auf Sophias Schulter, die mit bleichem Gesicht unten neben der Bank stand.
    Er gab vier Schüsse in die Luft ab.
    Vanderling zuckte zusammen, als es direkt neben seinem Ohr knallte.
    Fraden sah hinab in das Meer der wilden, rasenden Gesichter. Tausende von ihnen – ein kleiner Bruchteil nur, aber doch eben Tausende – hatten die Schüsse gehört. Sie schauten zu ihm auf und stießen ihre Nachbarn an. Es dauerte zwei oder drei Minuten, bis der Kampf abebbte und der Sprechchor allmählich verklang. Zehntausende Sadianer blickten zu ihrem Befreier hinauf, während noch immer die endlose Menschenflut in das Stadion strömte.
    Ohne Vanderling aus den Augen zu lassen, legte Fraden eine Hand trichterförmig an den Mund. Der Sprechchor hatte sich in ein dumpf-dröhnendes Rumoren verwandelt; das Meer rasender Menschen gab sich Mühe, ruhig zu sein, weil es sah, daß sein Held zu ihm sprechen wollte.
    „Es ist vorbei!“ brüllte Fraden. Er hatte sich sehr angestrengt, und doch konnte er vor diesem gewaltigen Gemurmel kaum seine eigene Stimme hören. „Es ist alles vorbei! Wir haben gewonnen!“
    Der Mob heulte auf, der alte Sprechchor bildete sich erneut: „ BART ! BART ! BART ! BART ! BART ! BART !“ Fradens Stimme verwehte wie ein Hauch in einem Orkan. Der riesige, alles bedeckende Teppich aus Sadianern geriet wieder in Bewegung. Die Sadianer fielen über Guerillas her, die noch immer in der Arena eingekesselt waren, sie suchten nach Tötern, griffen sich gegenseitig an …
    Ich muß sie aufhalten, dachte Fraden verzweifelt. Aber wie sollte er … Vielleicht … .
    Er hob das Gewehr und zeigte mit dramatischer Geste auf den Pavillon mit dem widerwärtigen Haufen zerfetzter Menschenleiber.
    Unten folgten viele Augenpaare der Richtung des Laufes. Sie sahen die Überreste der Bruderschaft des Schmerzes, die Sangre seit dreihundert Jahren mit eiserner Faust regiert hatte. Sie sahen die Leiber ihrer verhaßten Feinde, die zerstückelten, zerfleischten Körper der Brüder, die dort im roten sangraner Sonnenlicht lagen.
    Das Kämpfen hörte auf. Der Sprechchor verstummte. Diesmal blieb ein Gemurmel. Schweigen entstand, ein unheilschwangeres Schweigen, während unzählige Augen ungläubig und staunend auf das Fleisch starrten, das alles war, was von den Brüdern übriggeblieben war.
    Fraden dehnte
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