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Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers
Autoren: Alfredo Colitto
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Lamberti.
    »Sagt mir jetzt nicht, dass der Tote Azzone Lamberti ist«, sagte er, und seine Stimme verriet ein wenig Hoffnung.
    »Nein, es ist sein Vater, Bertrando«, erklärte der Capitano del Popolo, Messer Visdomini. Er war ein Mann mit einer milchweißen Haut, kurzen Haaren, einem kantigen Kinn und langen Armen. Trotz der Kälte trug er keinen Mantel, sondern nur einen Panzer aus gekochtem Leder über seinem schwarzen, soldatisch anmutenden ärmellosen Obergewand und eine Kopfbedeckung aus schwarzem Samt.
    »Azzone hält sich außerhalb von Bologna auf, wir haben ihn noch nicht benachrichtigen können.«
    »Ich kehre um«, erklärte Mondino entschieden. »Wenn ihr mich deswegen verhaften wollt, nur zu.«
    Die beiden Würdenträger blieben stehen, drehten sich gleichzeitig um und starrten ihn an. Die Häscher vor ihnen, die nichts davon bemerkt hatten, liefen weiter, doch auf einen Pfiff der Kameraden kehrten sie im Laufschritt zurück.
    »Azzone Lamberti würde mich umbringen, wenn er wüsste, dass ich in seinem Haus gewesen bin«, erklärte Mondino. »Oder er würde es zumindest versuchen«, fügte er hinzu und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Warum hasst er Euch so?«, fragte der Capitano del Popolo und rieb sein Kinn.
    »Er beschuldigt mich, ich hätte seinen Sohn getötet«, erwiderte Mondino. Als er sah, wie sich das Gesicht des Podestà verfinsterte, beschloss er, ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Vielleicht würde Azzones Hass auf ihn diesmal etwas Gutes bewirken.
    Mitten auf der Straße berichtete Mondino also alles, während die Sbirren so taten, als würden sie nicht zuhören, und die Neugierigen zurückhielten, die sich unter dem Bogengang gegenüber versammelt hatten. Vor zwei Jahren hatte Azzone seinen einzigen Sohn, der damals neun Jahre alt war, auf sein Kriegsross gesetzt und dieses angetrieben, bis es galoppierte. Das Kind war heruntergefallen und hatte sich den Kopf angeschlagen. Der Vater hatte Mondino rufen lassen, der seiner Meinung nach nicht schnell genug herbeigeeilt war, und der Junge war gestorben. Seitdem machte ihn Azzone für den Tod seines Sohnes verantwortlich und versäumte keine Gelegenheit, ihn zu verleumden.
    »Was hat er sich denn dabei gedacht, einen neunjährigen Jungen auf ein Kriegsross zu setzen?«, fragte der Podestà.
    »Dasselbe hat ihm seine Ehefrau Eleonora, die Stiefmutter des Knaben, gesagt«, erwiderte Mondino. »Doch statt einer Antwort hat Azzone ihr so heftig mit der Faust ins Gesicht geschlagen, dass sie blutete. Und als ich dazwischengegangen bin, hat er sein Schwert gezückt.«
    »Nun weiß ich, was er für ein Mensch ist«, sagte Visdomini. »Ich bin erst seit Kurzem in Bologna, aber Leute wie ihn gibt es reichlich in jeder Stadt. Vielleicht habt Ihr recht, und es ist besser, wenn Ihr nicht mitkommt.«
    Bei diesen Worten des Capitano del Popolo richteten sich die Augen des Podestà unter seiner achteckigen Kopfbedeckung auf die Sbirren und das umstehende Volk. Mondino sah ihm an, was ihm dabei durch den Kopf schoss. Es reute ihn schon, dass er den Arzt zum Mitkommen gezwungen hatte, doch wenn er ihn jetzt unter zahlreichen Entschuldigungen gehen ließ, nachdem er diesen ganzen Aufstand veranstaltet hatte, würde sich die Nachricht blitzschnell verbreiten, und er würde als Weichling und vor allem als Dummkopf dastehen.
    »Azzone Lamberti wird gut daran tun, sich einem Befehl des Podestà nicht zu widersetzen«, sagte Taverna laut genug, dass alle Anwesenden es hörten. »Magister, ich nehme die Verantwortung auf mich. Gehen wir hinein.«
    Ein Diener ließ sie von der Straßenseite her eintreten und führte sie durch einen kleinen Innengarten, der von Buchsbaumbüschen umgeben war. Ein barfüßiges, etwa zwölf Jahre altes Mädchen eilte ihnen voraus, um sie den Herrschaften anzukündigen, und als sie den großen Saal betraten, empfing sie dort Azzones zweite Ehefrau Eleonora. Sie stand in der Mitte des Raumes, einen einfachen schwarzen Schleier über den zusammengenommenen kupferroten Haaren, die Hände hingen an den Seiten eines schwarzen Seidenkleides herab, das ihr bis auf die mit schwarzer Seidenstickerei bedeckten Pantoffeln fiel. Sie sah aus wie eine Königin in Trauer.
    Eleonora war nicht mehr jung, sie musste mindestens dreißig sein, aber ihre reife Schönheit konnte es mit der vieler junger Mädchen aufnehmen. Mondino erinnerte sich noch genau an den Moment, als er sie an den Schultern aufgefangen hatte, damit sie nach Azzones Schlag
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