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Die Bruderschaft Christi

Die Bruderschaft Christi

Titel: Die Bruderschaft Christi
Autoren: Ulrich Hefner
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auf Bukowski zu.
    »Bruder Franziskus?«, sagte Bukowski.
    Der Mönch hob den Kopf. Die Haut seines Gesichtes war weiß und faltig. Eine Augenklappe verdeckte sein rechtes Auge.
    »Gott steh mir bei«, begann der Mönch mit heiseren Worten. »Der Leibhaftige ist unter uns. Es war kurz vor dem Morgengebet. Ich hörte Lärm und erhob mich von meinem Lager. Ich ging zur Tür, da sah ich ihn. Seine Augen glühten, sein Antlitz war gezeichnet vom Feuer der Verdammnis. Er war schwarz gewandet und drehte sich nur kurz um, als er aus dem Zimmer unseres Bruders kam. Ich habe die Tür wieder geschlossen und mich auf den Boden gekniet. Ich betete zu Gott.«
    »Aus welcher Kammer kam der Mann?«, fragte Bukowski.
    »Es war kein Mann, es war Belzebub, der Widersacher Gottes. Er kam aus der Kammer unseres Bruders Reinhard, den er seiner Seele beraubt hat.«
    Der Abt erhob sich und kam auf Bruder Franziskus zu. Er legte ihm die Hand auf die Schulter, und der Mönch kniete sich nieder. Sanft, zärtlich fast, strich der Abt seinem Bruder über den Kopf.
    »Bruder Franziskus ist manchmal ein wenig verwirrt. Dann sieht er Dinge, die nicht von dieser Welt sind, Sie verstehen?«
    Bukowski nickte und wandte sich seiner Kollegin zu. »Habt ihr in der Kammer des Ermordeten nachgesehen?«
    Lisa nickte. »Es sieht aus, als ob das Zimmer durchsucht wurde. Die Spurensicherung kümmert sich bereits darum.«

3
    Jerusalem, Ausgrabungsstätte an der Straße nach Jericho …
     
    Die Sonne hielt sich noch hinter den Wolken verborgen. Das Ausgrabungsfeld lag im Schatten des östlichen Hügels, dennoch herrschte bereits Betriebsamkeit. Tom hatte mit seinem Team ganze Arbeit geleistet. Der Graben war umsäumt von einem Schutzgitter. Schalbretter ragten in die Höhe und sicherten das lose Gestein der steil abfallenden Wände. Zwei breite Dielen bildeten eine Brücke über den Graben, und ein hoher Galgen, an dem ein Flaschenzug errichtet worden war, überragte die aufgestellten Bretter noch um Längen. Ein Korb baumelte an einem Seil. An zwei Seiten führten Leitern hinab auf den Grund der Grube.
    »Das ist pures Gestein«, sagte Tom, nachdem er mit einem Meißel den Boden abgeklopft hatte.
    »Auf meiner Seite ist es weich«, entgegnete Yaara. »Lehmboden.«
    Tom runzelte die Stirn. »Das ist komisch. Die Steine sind behauen.«
    Moshav, der in der gegenüberliegenden Ecke mit der Entnahme von Bodenproben beschäftigt war, ließ von seiner Arbeit ab und schaute zu Tom herüber. »Bei mir stoße ich ebenfalls auf Stein. Ich schätze, dreißig Zentimeter, tiefer komme ich nicht.«
    Tom musterte den behauenen Stein, den er aus dem Boden ausgegraben hatte. Er war beinahe rechteckig und glich einem Ziegelstein. Moshav richtete sich auf und kam zu Tom herüber.
    »Was hältst du davon?«, fragte er.
    Tom zuckte mit der Schulter. »Ist wohl so etwas wie eine Mauer«, murmelte er. »Vielleicht stand hier einmal ein Gebäude. Auf alle Fälle ist er bearbeitet worden.«
    »Schaut mal her!«, rief Yaara und wies auf eine Tonscherbe, die aus dem Lehmboden ragte.
    »Nimm den Pinsel«, riet ihr Moshav.
    Yaaras dunkle Augen funkelten. »Hast du gedacht, ich nehme den Presslufthammer?«, antwortete sie bissig. »Ich mache das nicht zum ersten Mal.«
    Moshav hob abwehrend die Hände. »Du bist heute früh wieder ganz schön bissig«, sagte er.
    Tom hatte mit einem Spachtel weitere Erde abgetragen. Ein zweiter Stein kam zum Vorschein.
    »Hier hat bestimmt ein Gebäude gestanden«, sagte er. »Es reiht sich Stein an Stein. Sieht fast aus wie ein Fundament.«
    Eine laute Sirene erklang.
    »Endlich Frühstück«, seufzte Yaara und fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht. Ihre pechschwarzen lockigen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
    »Vielleicht keine schlechte Idee«, brummte Moshav. »Vielleicht wird dadurch deine Laune ein wenig besser.«
    Yaara verzog ihr Gesicht, streckte ihre Zunge heraus und machte eine Grimasse.
    »Kommst du, Tom?«, fragte sie.
    Tom kniete am Boden und lockerte den zweiten Stein. »Ich will bloß noch diesen …«
    Ein Grummeln erklang. Plötzlich begann die Erde zu zittern. Yaara stürzte zur Leiter und klammerte sich fest. Auch Moshav sprang auf.
    »Pass auf!«, rief er Tom zu. Das Grummeln wurde lauter. Tom versuchte sich aufzurichten.
    »Was ist das?«, rief er, doch schon tat sich der Boden unter ihm auf und er stürzte in die Tiefe. Der Schrei blieb ihm im Hals stecken.
     
     
    München, Bayrisches
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