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Die Bruderschaft Christi

Die Bruderschaft Christi

Titel: Die Bruderschaft Christi
Autoren: Ulrich Hefner
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Landeskriminalamt, Dezernat 63 …
     
    »Ich kann mir keinen Reim darauf machen«, sagte Lisa Herrmann und überflog noch einmal ihre Notizen. »Es gibt keine Hinweise auf den Täter. Der Ermordete hatte mit niemandem Streit und führte seit seiner Rückkehr hinter die Klostermauern ein zurückgezogenes Leben. Nur hin und wieder verließ er das Kloster. Ansonsten widmete er sich alten Schriften und arbeitete von Zeit zu Zeit in der Druckerei des Klosters. Er hinkte stark und hatte immer wieder Schmerzen in seinem Bein.«
    »Vielleicht war er schwul, und ein Liebhaber hat ihn so übel zugerichtet«, vermutete ein junger Kollege der Spurensicherung. »Man liest in der letzten Zeit viel darüber.«
    »Das war kein Einzeltäter, das waren zwei oder mehrere«, widersprach Lisa.
    »Vielleicht ein Ritualmord«, schob der Kollege ein. »Zumindest deuten die Art der Folterung und das Kreuzigen darauf hin.«
    »Was hat es eigentlich für eine Bedeutung, wenn man mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wird, das hat doch bestimmt einen besonderen Hintergrund«, fragte Lisa.
    »Wie meinst du das?« Der junge Kollege verzog sein Gesicht.
    »Na ja, es ist vielleicht eine symbolische Handlung und hat eine tiefere liturgische Bedeutung. Damit würde sich vielleicht der Kreis der Verdächtigen einengen lassen.«
    Stefan Bukowski saß in einer Ecke des Besprechungsraumes und zupfte teilnahmslos an seinem Oberlippenbart.
    »Was sagst eigentlich du zu alledem?«, fragte Lisa.
    Bukowski zuckte mit der Schulter. »Ich weiß gar nicht, warum ausgerechnet wir diesen Fall auf unserem Schreibtisch haben. Ich dachte immer, das ist die Abteilung für organisierte Kriminalität. Und jetzt müssen wir uns schon mit ganz profanen Mordfällen herumärgern. Das hätte doch auch die zuständige Inspektion übernehmen können.«
    Lisa musterte ihren Dezernatsleiter ungläubig. »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?«
    Bukowski fuhr sich gelangweilt durch die Haare. »Es ist wahrscheinlich so, wie unser Benjamin gesagt hat. Vermutlich war er das Opfer einer enttäuschten Liebe.«
    »Petrus wurde mit dem Kopf nach unten gekreuzigt«, erwiderte Lisa.
    »Ich wusste gar nicht, dass du bibelfest bist«, knurrte Bukowski, »aber wo wir gerade dabei sind, Spartacus ebenfalls, nachdem die Römer den Aufstand der Sklaven blutig niedergeschlagen hatten. Die Römer machten sich offenbar einen Spaß daraus, ihre Opfer leiden zu lassen. Sie waren nicht zimperlich im Umgang mit Verrätern.«
    Lisa erhob sich. »Moment, Petrus hatte Jesus verleugnet und damit seinen Glauben verraten, und Spartacus war doch ein großer und geachteter Gladiator, der bei den Römern hoch im Ansehen stand, bevor er zum Rädelsführer des Aufstandes wurde.«
    »Und im Film wurde er wegen der Liebe zu einer Frau zum Christen, bevor er getötet wurde, wenn ich mich noch richtig erinnere«, antwortete Bukowski. »Merkst du was, es ist immer die Liebe, die den Menschen aufreibt. Deswegen bin ich noch solo und habe es auch vor zu bleiben.«
    »Also war Spartacus auch ein Verräter«, sinnierte Lisa.
    »Und wen sollte der Pater verraten haben?«, fragte Bukowski.
    »Wie wäre es mit Gott«, antwortete Lisa gelassen.
     
     
    Jerusalem, Ausgrabungsstätte an der Straße nach Jericho …
     
    Moshav und Yaara krallten sich an der Leiter fest. Erschrocken schrie Yaara auf, als Tom mitsamt einem Teil des Bodens in der Tiefe verschwand. Das Grummeln verstummte. Ein dunkles Loch, knapp einen Meter lang und einen Meter breit, befand sich an der Stelle, an der vor wenigen Sekunden noch Tom gekniet hatte.
    Der Boden kam zur Ruhe und fassungslose Stille senkte sich über die Grube. Erschüttert standen Yaara und Moshav an der Leiter. Es vergingen ein paar Sekunden, ehe wieder Leben in ihre Körper strömte und den Schrecken verdrängte. Moshav reagierte zuerst. Er stürmte auf das Loch zu und warf sich auf den Boden. Die letzten Zentimeter robbte er durch den Lehm. Schließlich konnte noch eine weitere Schicht des Bodens einbrechen. Sie waren auf eine Art Höhle gestoßen, und Tom hatte durch das Herausnehmen der beiden Steine die Struktur des Tonnengewölbes geschwächt, so dass das selbsttragende Gebilde in sich zusammengestürzt war.
    »Tom!«, rief Moshav in das gähnende Loch. »Tom, ist dir etwas passiert?«
    Moshav erhielt keine Antwort. Er spähte in die Finsternis, doch er konnte nicht viel erkennen.
    »Wir müssen ihn herausholen«, schluchzte Yaara.
    »Aber vorsichtig!«, mahnte Moshav. »Wir
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