Die Bruderschaft Christi

und klappte den Deckel auf. Sein Blick fiel auf einen Wandteller, der in einer Schutzumhüllung aus Acryl ruhte. Ein Wandteller aus rotem Ton, von gleicher Größe und gleicher Art, wie ihn Professor Chaim Raful einst der Presse präsentiert und wie er zerbrochen im Grab des Templers gelegen hatte. Doch diese Applike zeigte das Bild eines in Strahlen gehüllten Mannes, der vor einer offenen, mit einem Rollstein versehenen Grabkammer stand und die rechte Hand in den Himmel hob. Die Szene der Auferstehung.
    »Manchmal ist es die Ungewissheit, die wir brauchen, damit uns unser Glaube stark macht«, sagte Pater Leonardo, ehe er sich erhob. »Ich wünsche dir deinen inneren Frieden zurück und einen starken Glauben.«
    Dann wandte er sich um und ging davon. Tom schaute ihm eine Weile nach, und langsam begann er zu begreifen, was es hieß, aufrecht zu glauben.

Epilog
    Zwei Monate später heirateten Stefan Bukowski und Lisa Herrmann auf dem Standesamt in München. Lisa trug ein rotes Kostüm, und die vier Kilo, die Bukowski zugelegt hatte, weil er tatsächlich mit dem Rauchen aufgehört hatte, sah man ihm in seinem dunklen Anzug nicht an. Im März des darauf folgenden Jahres brachte Lisa eine gesunde Tochter zur Welt.
    Pierre Benoit ging den Zielfahndern der Police national in Manaus ins Netz. Die brasilianischen Behörden verhafteten ihn und lieferten ihn ein paar Wochen später nach Frankreich aus. Doch er schwieg zu den Vorwürfen. Die Sonderkommission um Maxime Rouen hatte noch sehr viel Arbeit vor sich.
    Thierry Gaumond und Michelle Le Blanc wurden wegen mehrfachen Mordes, Geiselnahme und anderer Gewaltdelikte zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt.
     
    Auch Yaara und Tom fanden zusammen, heirateten und schlossen sich am Ende des Jahres einer Expedition in den hohen Norden an, um eine legendäre Eismumie aus ihrem kalten Grab in der Mongolei zu befreien. Moshav blieb in Israel. Seine Dienste wurden im Kidrontal gebraucht, wo es noch immer galt, die Überreste der römischen Garnison freizulegen.
     
    In der Nacht zum 3. Oktober fand eine Streife der Jerusalemer Polizeibehörden die Leiche eines kleinen, korpulenten Mannes in der Nähe des Neuen Tors. Der Mann wurde erstochen. Sein Name war Solomon Pollak und sein Mörder wurde nie gefasst. Es ist jedoch anzunehmen, dass er in dunkle Geschäfte um den illegalen Handel mit Altertümern und Artefakten verstrickt gewesen war und durch einen unzufriedenen Kunden oder gar einem Komplizen den Tod fand.
     
    Tom hatte die Applike, die ihm Pater Leonardo auf der Festung Masada überreicht hatte, in einem Labor untersuchen lassen. Er schluckte, als er das Ergebnis der Untersuchungen überflog. Nach verschiedenen Methoden der Altersfeststellung müsste diese Applike beinahe zweitausend Jahre alt sein. Sie zeigte eine Auferstehungsszene und war mit den Appliken, die Chaim Raful auf seinen Ausgrabungsexkursionen gefunden hatte, durchaus identisch. Sie dürfte den Einschätzungen der Wissenschaftler nach sogar vom gleichen Künstler stammen.
     
    Palermo, Scuola San Maurizio de Palmer a …
     
    Der Junge mit den dichten schwarzen Haaren, dem löchrigen Pullover und der zerrissenen Hose blickte Pater Leonardo, den neuen Schulleiter, der vor ein paar Wochen aus Rom zurück nach Palermo gekommen war, skeptisch an.
    »Gab es Jesus von Nazareth, war er wirklich der Erlöser, der wiederauferstanden ist, um uns in das ewige Leben zu führen?«, fragte der Junge, der kaum älter als zwölf Jahre war und die meiste Zeit seines Lebens auf der Straße gelebt hatte, bevor ihn Pater Leonardo aufgelesen und in das neu erbaute Internat mitgenommen hatte.
    Pater Leonardo saß locker auf dem kleinen Schreibtisch im Klassenzimmer. Er lächelte.
    »Wir werden es wissen, wenn wir niemals im Leben unseren aufrechten Glauben verlieren«, antwortete er.
     
    Ende …

Danke …
     
    Wie bei jedem Buchprojekt gibt es am Ende viele Menschen, denen ich für die Unterstützung danke.
     
    Insbesondere Ulli Carlucci, Tina Aue und natürlich Christiane und Benno Neudecker.
     
    Ulrich Hefner

ORIGINALAUSGABE
     
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