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Die Bruderschaft Christi

Die Bruderschaft Christi

Titel: Die Bruderschaft Christi
Autoren: Ulrich Hefner
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Pontius Pilatus trocken.
    *
    Abseits des Ortes der Hinrichtung, im Westen der Stadt, dem Viertel der Kürschner und Gerber, im Schutze der Mauern aus Lehm und dem Gestank des Tagwerks, hatten sie sich getroffen. Sie mussten vorsichtig sein, die Stadt wimmelte von Spionen, Legionären und allerlei Gesindel, das für ein paar Asse sogar die eigenen Kinder verkaufte.
    Doch in die verwinkelten Gassen des Gerberviertels, wo der Gestank sogar in der Nacht alles umgab, was sich dort bewegte, verirrten sich nur selten die Legionäre und die Lakaien der römischen Obrigkeit. Sie saßen um das Feuer. Zwei Männer und eine Frau, die ihr Haupt unter einem grauen Kopftuch verborgen hatte.
    »Ihn zu töten, reicht den römischen Schergen nicht«, sagte Kephas in die lastende Stille, »sie wollen ihn vernichten und seinen Leib vom Antlitz der Erde tilgen. Aber wir werden es nicht zulassen. Wir werden es verhindern. Es ist gegen jedes Recht.«
    »Und was willst du tun, Kephas?«, fragte Jonas.
    Kephas schaute auf. »Wir müssen handeln, in dieser Stunde noch. Wir dürfen ihnen den Leichnam nicht überlassen.«
    Die Frau schluchzte laut. »Er ist mein Sohn, und ich kann ihn nicht einfach den Römern überlassen. Er soll, wie es unsere Tradition ist, in der Erde ruhen, bis ihn sein Vater zu sich ruft.«
    Jonas sprang auf. »Aber wie? Die Römer haben Posten bezogen. Sie werden ihn bewachen. Sie sind zahlreich, so zahlreich wie noch nie. In jedem Winkel der Stadt patrouillieren ihre Streifen. Sie sind bis an die Zähne bewaffnet. Hat Jeschua nicht selbst gesagt, dass an diesem Tag kein Blut fließen soll. Unsere Stunde ist noch nicht gekommen.«
    »Du irrst dich«, unterbrach Kephas, »unsere Stunde ist gekommen. Alles ist vorbereitet. Wir brechen auf. Es gilt, keine Zeit zu verlieren.«
    Magdalena betrat das Zimmer. Sie setzte sich neben Maria und legte ihr den Arm um die Schultern. Kephas erhob sich. Er griff nach seinem Stock und ging mit Jonas zur Tür.
    »Wir treffen uns am Ende des morgigen Tages in den Hügeln von Beit Lahm an der Gabelung des Weges nach Besch Hamir«, sagte Kephas an Magdalena gewandt. »Nimm Maria mit dir und behüte sie. Tröstet euch, wir werden Jeschua nicht seinem Schicksal überlassen. Solltet ihr uns verfehlen, dann erwarten wir euch am See bei den Höhlen. Achtet darauf, dass euch niemand folgt, und brecht auf, sobald unsere Schritte verhallt sind. Bald wird es in der Stadt einen Aufruhr geben. Geht nach Osten, meidet den Westen und die Hügel von Golgatha, und nehmt reichlich Proviant mit. Wir werden uns für eine lange Zeit verbergen müssen.«
    Magdalena erhob sich. »Passt auf euch auf«, antwortete sie. »Kein jüdisches Blut soll heute mehr vergossen werden.«
    Kephas nickte, ehe er das Haus verließ. Jonas folgte ihm auf dem Fuß. Unter seinem wallenden Gewand hielt er eine Streitaxt verborgen.
    *
    Sie waren sieben. Ein kleines Aufgebot, um Aufsehen zu vermeiden. Ihre Fackeln leuchteten durch die Nacht. Das Hundegebell aus der nahen Stadt drang zum Hügel herauf, ansonsten herrschte Stille. Die Menschen hatten sich zur Ruhe begeben und schliefen. Manche um zu vergessen, andere mit feuchten Augen, in Gedanken an den vergangenen Tag, der ihnen alle Hoffnung genommen hatte.
    Wind kam auf. Warmer Wüstenwind, der die Fackeln zum Flackern brachte. Im gespenstischen Zwielicht hebelten sie das Kreuz aus der Erde und legten es auf den Boden. INRI stand an einer Tafel über dem Kopf des Leichnams. Weiß, alabasterfarben wirkte der Leichnam des getöteten Königs der Juden. Sie gaben sich keine große Mühe, als sie den toten Körper vom Kreuz rissen. Die blutigen Nägel blieben im Holz zurück.
    Auf einer Bahre trugen sie ihn im Schatten des Hügels ins Tal. Erneut bellte ein Hund, diesmal ganz in der Nähe. Schweiß rann über die Stirn der Legionäre. Ihr Anführer, ein Principales, flüsterte ihnen heiser seine Befehle zu. Sie hatten es eilig.
    Im Schatten einer Feldscheune warteten zwei weitere Legionäre. Ein Eselskarren stand bereit.
    »Wir bringen ihn hinaus in die Wüste«, sagte der Principales.
    Ein Legionär beugte sich über den abgedeckten Leichnam. »Er soll ein Gott der Juden gewesen sein«, flüsterte er seinem Nebenmann zu.
    »Ein Gott, der blutet?«, scherzte der Angesprochene und wies auf die blutige Hand des Leichnams, die unter der Decke hervorgerutscht war.
    »Schweigt!«, mahnte der Principales. »Niemand soll uns hören. Es liegt noch ein langer Weg vor uns. Wir müssen auf der Hut
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