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Die Braut von Rosecliff

Die Braut von Rosecliff

Titel: Die Braut von Rosecliff
Autoren: Rexanne Becnel
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fixie ren. »Die Gruppe, die im vergang e nen Winter her kam, war viel kleiner und hielt sich nur wenige Tage hier auf. Jetzt sind sie viel zahlreicher, und mi n destens zwei der Männer, die damals mit von der Partie waren, sind es auch jetzt wieder.«
    Onkel Clyde runzelte die Stirn, und sie befürcht e te, dass er sie vor dem ganzen Dorf tadeln würde, zum einen, weil sie sich in Angelegenheiten einmischte, die ausschließlich Männersache waren, zum anderen, weil sie sich in die Nähe des engl i schen Lagers bege ben hatte. Nach einem Schwe i gen, das ihre Nerven arg strapazierte, fragte er: »Du hast zwei Männer er kannt, die schon letzten Winter hier waren?«
    Josselyn nickte. Es gab nicht viele Männer, die so groß und breitschultrig waren wie der jüngere Eng länder. Sein Aussehen und Auftreten wies ihn eindeu tig als Krieger aus, und sie war davon überzeugt, dass er die schändlichen Pläne des britischen Königs Hein rich in die Tat umsetzen sollte.
    Der andere Mann hatte einen großen roten Bart und sah eher wie ein Gelehrter aus. Er erregte ihre besondere Neugier – jedenfalls redete sie sich das ein. Der Krieger war zweifellos attraktiv, nicht zuletzt, weil er unerschütterliches Selbstvertra u en ausstrahlte, doch das ging meistens mit unerträgl i cher Arroganz einher. Deshalb hatte sie ihre Aufmerksamkeit rasch auf seinen kleineren und korpulenteren Gefährten konzentriert.
    War der Rotbart vielleicht ein Barde wie Newlin, hatte sie sich im letzten Winter gefragt, als sie beob achtete, dass er Lä n ge und Breite des Gipfels von Rosecliffe mit großen Schritten vermaß und sich irgendwelche Notizen auf einer Pergamentrolle machte. Für ihr Leben gern hätte sie einen Blick auf diese Au f zeichnungen geworfen. Und jetzt war er wieder hier und hatte weitere Schriftrollen mitgebracht.
    Es war zwar nur eine Mutmaßung, die sie nicht beweisen konnte, aber Josselyn konnte ihren Verdacht einfach nicht für sich behalten. »Onkel, du weißt doch, wie die Engländer sind – wie habgierig ihr Kö nig ist. Er will sich unser Land aneignen. Hat er nicht bereits südlich von hier – nur zwei Tagesreisen entfernt – eine Festung errichten lassen, auf den Lände reien der Daffyds? Ich glaube, dass er bei uns das Gleiche plant – dass er auf Rosecliffe eine Burg stehen sehen möchte.«
    »Eine Burg? Doch nicht hier…«
    »Diese gottverfluchten Engländer!«
    »So etwas würden sie niemals wagen…«
    »O doch!«, rief Josselyn, angefeuert durch das erregte Stimmengewirr in der rauchigen Halle. »Ihr König, dieser normannische Heinrich, glaubt näm lich, dass Gott ihm ein A n recht auf unser Land verlie hen hat und…«
    Sie verstummte, eingeschüchtert durch die grimmi ge Miene ihres Onkels. Auch alle anderen Anwesenden hielten unwillkü r lich den Atem an. Erst als völli ge Ruhe eingetreten war, ergriff Clyde das Wort. »Um so wichtiger ist es, Madoc ap Lloyd zu informieren.« Er stand auf, und alle folgten sofort seinem Be i spiel. »Dewey, du besorgst einen Kurier. Ihr anderen geht nach Hause, damit ich in Ruhe nachdenken kann.« An seine Frau gewandt, fügte er noch hinzu: »Schick den Schreiber zu mir, s o bald er da ist.«
    Auch Josselyn verließ die Halle, war aber viel zu aufgeregt, um sich in der Küche nützlich zu machen. Statt dessen holte sie eine Pergamen t rolle, Tinte, Feder und Sand und kehrte mit diesen Schreibutensi lien leise in die Halle zurück. Ihr Onkel stand vor einem Gemälde seines Bruders – Josselyns Vaters –, und sie wusste genau, welche Gedanken ihn beweg ten. Howell ap Carreg Du war vor fast zehn Jahren im Kampf gegen die Englä n der gefallen. Einen knappen Monat später hatte seine von Gram gebeugte Witwe einen Sohn zur Welt gebracht, doch weder Mutter noch Kind überlebten die Geburt, und auch daran war nur der verdammte englische König schuld. In den folgenden Jahren hatten die Engländer sich in Nordwales nicht mehr blicken lassen, aber ihre Erfol ge im Süden des Landes ermutigten sie jetzt wohl zu einem neuen Eroberungsversuch.
    Wie viele Waliser würden diesmal ihr Leben opfern müssen, um die Engländer zu vertreiben?
    Ein kalter Schauer lief Josselyn über den Rücken. »Ich habe das Schreibzeug geholt, Onkel. Du brauchst nur nur zu diktieren, was du unserem Nachbarn mit teilen willst.«
    Clyde drehte sich langsam um. »Du hast andere Pflichten. Ich kann auf den Schreiber warten.«
    Sie reckte trotzig das Kinn. »Ich möchte aber lieber deinen Brief an Madoc
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