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Die Braut des Wuestenprinzen

Die Braut des Wuestenprinzen

Titel: Die Braut des Wuestenprinzen
Autoren: Alexandra Sellers
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durch den Kopf gehen zu lassen. Wenn Karim ihn entführt hatte, würden alle denken, Gabriel habe sie sitzen gelassen. Bis sie es jemandem erklären könnte, müsste sie die erniedrigende Situation ertragen. Und danach – würde man ihr überhaupt glauben? Dass ihr Exmann, mit dem sie nie verheiratet gewesen war, ihren Bräutigam entführt hatte? Er hat mich verstoßen, aber ich habe später erfahren, dass unsere Ehe ohnehin nie gültig war. Kaum verwunderlich, wenn das niemand glauben würde.
    Als sie die kleine Kirche mit den in der Sonne glänzenden, bunten Fenstern erblickte, schöpfte Elenor wieder ein wenig Hoffnung. Sie lächelte dem jungen Pfarrer zu, der vor dem Eingang der Kirche stand. Hinter ihm stand Bertram Willard im grauen Frack. Elenors Mut sank. Sicherlich wollte Bertram ihr nur sagen, dass Gabriel nicht zurückgekommen war.
    „Guten Morgen“, sagte der Pfarrer, als Elenor die Kirchentreppe hinaufging. „Sind Sie bereit?“, fragte er lächelnd.
    „Ist Gabriel hier?“, flüsterte sie.
    „Ihr Verlobter wartet am Altar auf Sie“, versicherte der Geistliche ruhig. Lächelnd bot Bertram ihr den Arm. Erst jetzt fiel Elenor wieder ein, dass der Botschafter sie zum Altar führen sollte. Sie schüttelte den Kopf über sich und lächelte, als sie mit bebender Hand nach seinem Arm griff.
    Vor ihr öffnete der Pfarrer die Kirchentür. Gemeinsam betraten sie den kühlen Vorraum der Kirche, in dem bereits leise Orgelmusik ertönte.
    Auf ein Signal hin wurden die inneren Türen von zwei Männern geöffnet, und der Hochzeitswalzer erklang. Elenor atmete tief durch und schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Dann folgte sie dem Pfarrer in die Kirche. Am Altar vor dem Rosettenfenster stand Gabriel und wartete auf sie. Ein gut aussehender Fremder, dessen blaue Augen dunkler waren, als sie sie in Erinnerung hatte. Erst jetzt merkte sie, wie sehr die Angst vor Karim ihren Hochzeitstag bisher überschattet hatte. Ohne diese Angst hätte sie vielleicht eine andere Angst geplagt – die Angst davor, einen Mann zu heiraten, den sie kaum kannte. In dieser Kirche voller Fremder sollte der Anblick Gabriels sie eigentlich beruhigen. Aber stattdessen dachte sie: Mein Gott, wer ist das? Ich heirate einen Mann, der mir völlig fremd ist!
    Schnell wandte sie den Blick von Gabriels lächelndem Gesicht ab und richtete ihn auf das Rosettenfenster. Sie erinnerte sich an das, was sie gestern im Angesicht dieses Fensters gedacht hatte. Alles, was ihr vor diesem Fenster passierte, war richtig.
    Die Kirche war klein, der Mittelgang kurz. Im Handumdrehen stand sie neben Gabriel.
    „Du bist wunderschön“, raunte er ihr zu und lächelte. Erst jetzt sah Elenor den Bluterguss, der seine rechte Gesichtshälfte von der Schläfe bis zum Kinn verfärbte.
    „Gabriel“, flüsterte Elenor und versuchte, sich den Schreck nicht anmerken zu lassen.
    Er schüttelte den Kopf. Obwohl es ihm sicherlich Schmerzen verursachte, hörte er nicht auf, sie anzulächeln. „Es ist alles wieder gut!“, versuchte er, sie zu beruhigen, aber in seinen Augen lag etwas, das ihr verriet, was wirklich passiert war. Er war gefangen gewesen und hatte entkommen können. Gefangen von Karim, dem Prinzen von Parvan.
    Mit feierlicher Miene stellte der Pfarrer sich vor das Brautpaar und öffnete die Bibel. Elenor war noch ganz benommen vor Schreck. Sicher, sie hatte genau das befürchtet, sich aber gesagt, dass so etwas niemals wirklich passierte. Warum sollte Karim nach so langer Zeit ihre Hochzeit verhindern wollen? Aber nun wusste sie, dass er es versucht hatte. Und sie wusste auch, dass es nicht bei diesem Versuch bleiben würde. Wenn Karim ihre Hochzeit verhindern wollte, würde er sich nicht davon abhalten lassen, dass ihm der entführte Bräutigam entkommen war.
    „Wir haben uns heute hier zusammengefunden“, begann der Pfarrer mit voller Stimme, „um, im Angesicht Gottes …“
    Trotz der bedeutsamen Worte konnte Elenor sich kaum konzentrieren. Der Schreck über den riesigen blauen Fleck in Gabriels Gesicht hatte sie in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Das Einzige, was ihr jetzt noch übrig blieb, war Flucht. Sie musste außer Reichweite von Karim Durran gelangen.
    Warum war sie bloß hierher zurückgekehrt? Was für eine Ironie des Schicksals, dass Gabriel ausgerechnet an den Ort berufen werden musste, den sie nie wieder hatte betreten wollen! Von einem längerenAufenthalt und einer Hochzeit ganz zu schweigen. Sie hätte darauf bestehen sollen, dass
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