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Die Braut des Ritters

Titel: Die Braut des Ritters
Autoren: Lynsay Sands
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sich eilen.“
    „Was hast du vor, Mutter?“, fragte Avelyn beklommen, während sie sich aus dem roten Gewand schälte.
    „Wir werden dich schnüren“, erwiderte ihre Mutter entschlossen.
    Ungläubig riss Avelyn die Augen auf. „Mich schnüren?“
    „Aye. Wenn wir das Kleid nicht deiner Figur anpassen können, müssen wir eben deine Figur dem Kleid anpassen.“
    „Oje“, seufzte Avelyn, ganz und gar nicht angetan von dieser Idee.
    Kurz darauf war sie überzeugt davon, dass es keine gute Idee war. Während ihre Mutter und Gunnora sich in ihrem Rücken zu schaffen machten, ihr das Tuch um den Leib schlangen und eifrig daran zerrten, klammerte Avelyn sich verzweifelt an Runilda fest, um auf den Füßen zu bleiben.
    „Wie viel denn noch, Mutter? Es ist jetzt schon furchtbar eng“, keuchte sie und grub Runilda die Finger in die Schultern. Die Kammerfrau schenkte ihr ein halb besorgtes, halb aufmunterndes Lächeln und neigte sich zur Seite, um einen Blick auf das zu erhaschen, was Lady Straughton und Gunnora hinter Avelyn taten. Avelyn selbst musste nicht erst nachsehen; sie spürte genau, was geschah. Sie hatten ihr das Leinen fest um die Taille gewickelt und zogen es immer fester ... und fester ... und fester.
    „Ich weiß, es ist nicht angenehm, aber es ist ja nicht für lang“, tröstete ihre Mutter sie. „Fester, Gunnora, wir haben es gleich.“
    Avelyn stöhnte. Sie war nun so eingezwängt, dass es schier unerträglich war. Sie hätte schwören können, dass ihre Innereien nach oben entfleucht waren - um Platz einzunehmen, den eigentlich ihre Lunge benötigt hätte. Mit einem Mal fiel ihr das Atmen schrecklich schwer. Ihr schwanden vor Erleichterung fast die Sinne, als ihre Mutter verkündete: „Da, fertig! Nun müssen wir es nur noch festbinden.“
    „Das geht nicht, Mylady“, wandte Gunnora ein. „Das wird das Kleid ausbeulen.“
    „Oh, aye. Dann müssen wir das Leinen wohl vernähen.“ Sie seufzte. „Gut, dann halte ich es stramm, während du nähst. Aber rasch bitte, Gunnora. Ich habe jetzt schon einen Krampf in den Fingern und weiß nicht, wie lange ich das Tuch noch halten kann.“
    „Aye, Mylady.“
    Avelyn lauschte der Unterhaltung wie durch einen Nebel, der immer dichter wurde. Sie konnte nur winzig kleine Atemzüge machen. Als sich in ihrem Kopf alles zu drehen begann, lehnte sie stöhnend die Stirn an Runildas Schulter und versuchte, nicht die Besinnung zu verlieren.
    „So!“ Gunnoras Ausruf riss Avelyn aus ihrer Benommenheit.
    „Gott sei Dank! Oh, meine Hände“, klagte Lady Straughton. „Und jetzt das Kleid ... Perfekt.“
    „Perfekt“ bedeutete wohl, dass sie das Kleid hatten schließen können. Sicher war sich Avelyn da allerdings nicht, bis sie von Runilda, die ihre Stütze war, weggezerrt und umgedreht wurde. Als sie zu ihrer Mutter und Gunnora aufsah, versuchte sie zu lächeln.
    „Oh!“, hauchte Lady Straughton.
    „Ah!“, bemerkte Gunnora anerkennend. Die beiden Frauen tauschten einen triumphierenden Blick.
    „Du siehst hinreißend aus, Liebling, einfach hinreißend. “ Lady Straughton nahm Avelyn am Arm und schob sie zur Tür. „Lass uns nach unten gehen, ehe sie uns holen kommen.“
    Avelyn schaffte fast die Hälfte der Kammer, wobei jeder Schritt langsamer und mühevoller ausfiel als der vorangegangene. Doch dann musste sie innehalten und nach Luft ringen.
    „Was ist, mein Schatz?“, fragte ihre Mutter.
    „Ich ... nichts, ich ... muss nur eben ... wieder zu Atem kommen.“ Obwohl Avelyn alle Kraft darauf verwenden musste, Luft in ihren zugeschnürten Oberkörper zu ziehen, zwang sie sich zu lächeln. „Nur... einen Augenblick.“
    Ihre Mutter tauschte einen unsicheren Blick mit Gun-nora. „Aye“, murmelte sie. „Komm nur erst wieder zu Atem. Dann gehen wir hinunter, stellen dich deinem Bräutigam vor und machen uns auf zur Kapelle.“
    Avelyn stieß das bisschen Luft, das sie verzweifelt ergattert hatte, vor Schreck wieder aus. Sie würde gehen müssen - nicht nur hinunter in die große Halle, sondern auch noch hinüber zur Kapelle. Nie war ihr das Kirchlein weit entfernt erschienen, aber jetzt hätte es genauso gut meilenweit weg sein können. Sie bekam ja nicht einmal genügend Luft, wenn sie einfach nur dastand - gehen war schlicht unmöglich. Sie fühlte sich schon schwach und unsicher auf den Beinen, nachdem sie nur ihre Kammer durchquert hatte; bis zur Kapelle käme sie niemals.
    „Ich glaube nicht, dass ich so weit laufen kann“, gestand sie und
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