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Die Braut des Ritters

Titel: Die Braut des Ritters
Autoren: Lynsay Sands
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liebte? Aber er liebte sie doch gar nicht. Er mochte Zuneigung für sie empfinden, aye, aber Liebe? Er schluckte und schaute flüchtig zum Fenster, während eine Flut von Erinnerungen auf ihn eindrang - wie Avelyn vor ihm im Sattel gesessen hatte, fröhlich vor sich hin plappernd; wie sie sich mit Wachteleiem besudelt hatte, weil er sie ins Nest geschubst hatte; wie sie ihm wütend an den Kopf geworfen hatte, er ziehe die harte Erde ihrer Gesellschaft im Reisezeit vor, denn weshalb sonst habe er nicht im Zelt genächtigt; wie niedergeschlagen sie gewesen war, weil er die Ehe nicht besiegelt hatte; wie glockenhell sie gelacht hatte, als sie ihn beim Schach geschlagen hatte; wie sie ihm mit ernster Miene eröffnet hatte, dass Samson ein überaus gescheites Schwein sei; wie selbstbeherrscht sie jeden Schmerz bestritten hatte, nachdem der Stein sie an der Schulter getroffen hatte; wie leidenschaftlich es in ihren Augen gelodert hatte, als er sie verführt hatte; wie sie sich das Leinentüchlein vor den Leib gehalten hatte, als könne sie damit ihre Blöße bedecken ...
    Aye, musste er sich eingestehen, er liebte sie. Er liebte sie ganz und gar, so widersprüchlich sie auch war. Diese Frau war warmherzig, schüchtern, großmütig, und dies alles in viel zu hohem Maße. Sie war perfekt - perfekt für ihn. Er hatte sich in sie verliebt. Verflucht, wann war das nur geschehen?
    „Ich dachte, auf dem Wehrgang könne ich ein wenig allein sein“, fuhr Diamanda fort und riss Paen aus seinen Gedanken. Er sah, wie das Mädchen das Gesicht verzog. „Deshalb wäre ich fast nicht hinaufgestiegen, als ich Tante Helen die Stufen herabstürmen sah. Aber ich habe mich unter der Treppe versteckt und gewartet, bis sie vorbei war, und bin schließlich doch hinauf.“ Sie seufzte. „Als ich so dahinspaziert bin, habe ich Stimmen gehört. Ich habe über die Brüstung geschaut und gesehen, wie Avelyn sich von David wieder auf die Füße helfen ließ. Sie muss gestolpert sein.“
    Sie schüttelte den Kopf in gutmütigem Spott. „So sehr ich Avelyn mag, aber manchmal ist sie schon ein wenig unbeholfen.“ Wieder schüttelte sie ihren Schopf. „Mir ist fast das Herz stehen geblieben, als sie neulich durchs Loch in der Decke gefallen ist. Was hat mir das für einen Schreck eingejagt. Aber dass sie zu Unfällen neigt, streitet sie nach wie vor entschieden ab.“
    Seufzend schaute Diamanda ihn an. „Jedenfalls muss sie mich gesehen haben, als ich über die Mauer blickte. Als ich ihr berichtet habe, dass ich auf dem Wehrgang gewesen sei, war sie zuerst ganz aufgeregt. Als ich ihr dann aber sagte, dass ich dort oben habe nachdenken wollen, schien sie eher verblüfft.“
    Diamanda stand auf und zögerte, ehe sie hinzufügte: „Wenn du willst, dass ich gehe, werde ich das tun. Avelyn meinte, ich müsse Rumsfeld nicht verlassen, schließlich hätte ich ja nur eine Dummheit begangen, aber ...“ „Nay, nay.“ Paen schüttelte trotz Schmerzen den Kopf. „Du brauchst nicht zu gehen.“
    Erleichtert atmete sie aus. „Danke, Paen.“ Blitzgeschwind beugte sie sich vor und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, ehe sie zur Tür ging.
    Paen überwand seine Verwirrung. „Diamanda?“
    Das Mädchen hatte die Tür bereits geöffnet, hielt jedoch inne und drehte sich um.
    „Wo ist Avelyn jetzt?“, fragte er.
    „Sie wollte irgendetwas auf dem Wehrgang überprüfen, dürfte aber bald zurück sein. Tante Helen war kurz hier, weil sie nach Avelyn gesucht hat, und ich habe ihr gesagt, wo sie ist. Vermutlich hat sie Avelyn gefunden und sie zu sich nach unten zitiert, was auch immer ihr Anliegen war. Falls Avelyn schon wieder in der Halle ist, werde ich ihr sagen, dass du wach bist. Das wird sie freuen, sie war zutiefst bekümmert. Sie liebt dich nämlich genauso sehr wie du sie, weißt du. “ Leise schloss Diamanda die Tür hinter sich.
    Paen starrte ihr nach. Das Herz klopfte ihm bis zum Halse, und das gleich aus mehreren Gründen. Erstens hatte er soeben festgestellt, dass er seine Frau liebte. Zweitens glaubte Diamanda, dass seine Frau auch ihn liebte. Und drittens beschlich ihn die ungute Ahnung, dass seine Frau gerade in großer Gefahr schwebte.
    In seinem Kopf arbeitete es, alle Einzelteile fügten sich zusammen. Er selbst hatte seine Gemahlin aufgrund all der kleinen Unfälle zunächst für ungeschickt gehalten. Doch wie es aussah, waren einige dieser Geschehnisse keineswegs Unfälle gewesen. Der Brand im Zelt gehörte dazu, ebenso das Ertrinken,
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