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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans
Autoren: Uwe Klausner
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Vestiarius: Wie Bruder Oswin zugibt, wusste unser Prior davon, dass er von den Gaben, welche für die Armen bestimmt waren, hin und wieder etwas für sich abgezweigt hat. Bruder Adalbrand hat es für sich behalten, jahrelang. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er sich entschloss, Bruder Oswin für seine Zwecke einzuspannen.«
    »Und die wären?«
    Bruder Hilpert wandte sich an Bruder Thaddäus, der neben der Tür Posten bezogen hatte, und nickte ihm zu. Der Pförtner erwiderte das Nicken und verschwand. »Audiendum, deinde audendum est [47] , Verstiarius«, stutzte ihn Bruder Hilpert zurecht. »Ich finde, Ihr solltet Euch das merken.«
    »Das ist ja wohl die …«
    »Ganz Eurer Meinung, Remigius, dieser Kasus zählt zum Abgefeimtesten, was mir auf Gottes Erdboden untergekommen ist. Allerdings genug der Vorrede. Wenn Ihr gestattet, möchte ich nun fortfahren. Also: Da er Bruder Adalbrand auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist, begeht unser Elemosinarius zwei Morde, den einen aus Überzeugung, den zweiten, weil er dazu gezwungen worden ist. Für den ersten, den Mord an Bruder Severus, hatte er sogar ein Alibi. Passte es Euch, Adalbrand, doch bestens ins Konzept, dass Bruder Oswin von Samstag auf Sonntag Nachtwache hatte.« Bruder Hilpert pausierte und sah dem Prior verächtlich in die Augen. »Doch das war noch nicht alles.«
    »Wie? Noch mehr Morde?«
    »Ihr habt es erfasst, Bruder Achatius. Ad rem! [48] , Brüder: Am gestrigen Tage wurde der uns allen bekannte Zehntgraf, welcher sich auf dem Weg zu seinem Neffen befand, tot aufgefunden. Das allein ist betrüblich genug. Hinzu kommt, dass sein Sattelgurt präpariert und der Tod des Zehntgrafen somit willentlich herbeigeführt worden ist.«
    »Von wem denn? So etwas gibt’s doch nicht.«
    »Und ob es das gibt, Bruder Gervasius. Jener Mann dort drüben am Eingang neben Bruder Thaddäus kann es bestätigen.« Bruder Hilpert atmete tief durch und ließ die Schriftrolle wieder unter seiner Kukulle verschwinden. Dann wandte er sich dem alten Cuntz zu, der mit gesenktem Haupt neben dem Pförtner stand. Lutz, Hirtenjunge auf dem Schafhof, machte das Trio komplett. »Ich weiß nicht, ob er jedem von Euch bekannt ist, Brüder«, fuhr Bruder Hilpert unbeirrt fort. »Aber der alte Cuntz ist seit über zehn Jahren auf dem Elfinger Hof tätig, davor erledigte er auf dem Schafhof seinen Dienst. Dort war er nicht nur Hüteknecht, sondern auch Ziehvater. Eine Aufgabe, der er sich mit bewundernswürdiger Hingabe gewidmet hat.«
    »Bitte um Vergebung, Bruder – gehört das wirklich hierher?«
    »Spart Euch die Ironie, Remigius, Ihr werdet es gleich erfahren. Doch nun zu dir, Cuntz. Befindet sich der Mann, für den du seit zwanzig Jahren die Vaterstelle eingenommen hast – dein Neffe, um es zu präzisieren –, in diesem Saal?«
    Der alte Knecht blickte kurz auf. »Ja, Bruder«, antwortete er beschämt, Tränen der Verzweiflung im Gesicht.
    »Kannst du ihn uns zeigen?«
    Cuntz nickte.
    »Und um wen handelt es sich?«
    »Um den Prior, Bruder«, presste der alte Knecht mühsam hervor. Dann fügte er unter Aufbietung all seiner Kraft hinzu: »Er war es, der mir nahegelegt hat, es sei an der Zeit, dieser Landplage von einem Zehntgrafen eine Lektion zu erteilen.«
    »Warum?«
    »Das … das hat er mir nicht gesagt.«
    »Aber du hast es gewusst.«
    Cuntz wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und nickte. »Ja, Bruder. Irgendwann musste er ja einmal dahinterkommen.«
    »Hinter was?«, hakte Bruder Hilpert beharrlich nach.
    »Dass … dass Bruder Severus, die alte Els und der Zehntgraf seine Mutter auf dem Gewissen haben.«
    Ohne den Prior zu beachten, der wie versteinert neben Remigius saß, nahm Bruder Hilpert aus der Hand des Infirmarius ein Buch entgegen, hob es hoch und machte die Runde durch den Saal. Wieder zurück an der Stirnseite, blieb er Auge in Auge mit Bruder Adalbrand stehen. »Zu Eurer Information, Adalbrand «, grollte er, kaum fähig, seine Wut zu bezähmen. »Bei diesem Buch handelt es sich um das Fiskalbuch des Zehntgrafen, welches …«
    »Wo habt Ihr das her?«
    »… seinem Neffen Hieronymus beim Durchsuchen von dessen Kammer in die Hände fiel.« Ohne von dem Prior, der wutentbrannt aufgesprungen war, Notiz zu nehmen, öffnete Bruder Hilpert das Buch, entfernte den Buchzeiger und begann zu lesen: ›Dreißigster Tag im Monat Mai, Anno Domini 1390. Prozess gegen Walpurgis Eggingerin, Eheweib des Amalrich Egginger, Knecht auf dem Schafhofe zu Maulbronn. Vorwurf:
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