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Die Bourne-Identität

Titel: Die Bourne-Identität
Autoren: Robert Ludlum
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dem Boden wälzte und die Beine im Gegensinn des Uhrzeigers schwang. Ungezielte Schüsse antworteten ihm, während Jasons Waffe die Herkunft jener Schüsse suchte. Ein wilder Wutschrei hallte ihm aus der Finsternis entgegen; Bourne hatte bereits erkannt, daß man die Vorhänge zugezogen hatte und damit dem Licht den Zutritt versperrte. Warum war dann hier so viel Licht ... grelles Licht? Es war überwältigend, verursachte Explosionen in seinem Kopf, einen scharfen, bohrenden Schmerz in seinen Schläfen.
    Die Leinwand! Die riesige Leinwand war aus der Decke gezogen, bis zum Boden gespannt, und die weite, glänzende Silberfläche war wie ein weißglühender Schild eiskalten Feuers. Er stürzte sich hinter den großen Klapptisch, wo die Bar ihm Schutz bieten sollte. Dort richtete er sich auf und drückte wieder ab, noch mal ein Feuerstoß. Sein letzter Ladestreifen war verbraucht. Er schleuderte die Waffe am Kolben auf die Gestalt im weißen Overall mit dem weißen Seidentuch, das über das Gesicht heruntergerutscht war.
    Das Gesicht! Er kannte es! Er hatte es schon einmal gesehen! Wo ... wo? War es in Marseille? Ja ... nein! Zürich? Paris? Ja und nein! Und dann wurde es ihm in jenem Augenblick in dem blendenden, vibrierenden Licht klar, daß das Gesicht auf der anderen Seite des Zimmers vielen bekannt war, nicht nur ihm. Aber von wo? Wo? Wie so vieles andere wußte er es und wußte es auch wieder nicht. Aber er würde es immer wiedererkennen.
    Er warf sich zu Boden, hinter die schwere kupferne Bar. Pistolenschüsse, zwei ... drei, und die zweite Kugel riß ihm am linken Unterarm das Fleisch auf. Er zog die Automatic aus dem Gürtel; drei Schüsse hatte er noch. Einer davon mußte sein Ziel finden - Carlos. Es gab eine Schuld in Paris zu begleichen, einen Kontrakt zu erfüllen. Und die Frau, die er liebte, würde erst in Sicherheit sein, wenn der Killer tot war. Er holte das Plastikfeuerzeug aus der Tasche, zündete es an und hielt es unter einen Wischlappen, der hinter der Bar an einem Haken hing. Das Tuch fing Feuer; er packte es und warf es nach rechts, während er sich gleichzeitig nach links stürzte.
    Carlos feuerte auf den brennenden Fetzen, während Bourne sich aufrichtete, die Waffe hob und zweimal abdrückte.
    Die Gestalt krümmte sich, stürzte aber nicht. Jetzt duckte er sich und sprang dann schräg nach vorne, die Hände ausgestreckt. Was machte er nur? Und dann wußte es Jason. Carlos packte den Rand der riesigen silbernen Leinwand, riß sie von ihrer Halterung in der Decke und zog sie unter Aufbietung all seiner Kraft nach unten.
    Sie schwebte über Bourne, füllte sein Gesichtsfeld, verdrängte alles andere aus seinem Bewußtsein. Er schrie, als das schimmernde Silber ihn begrub, und verspürte davor plötzlich mehr Angst als vor Carlos oder irgendeinem anderen menschlichen Wesen auf Erden. Es erschreckte ihn, machte ihn wütend, spaltete sein Bewußtsein in viele Stücke; Bilder schwammen vor seinen Augen, wütende Stimmen schrien ihm in die Ohren. Er hob die Waffe und feuerte auf das schreckliche Leichentuch. Und als er wild mit der Hand danach schlug, das rauhe Silbertuch wegzerrte, begriff er. Er hatte seinen letzten Schuß abgefeuert, seinen letzten. Ebenso wie er, kannte auch Carlos jede Waffe auf Erden, wenn er sie einmal gesehen oder gehört hatte; er hatte die Schüsse gezählt.
    Der Mörder ragte über ihm auf, die Automatic in seiner Hand war auf Jasons Kopf gerichtet. »Ihre Hinrichtung, Delta. Am geplanten Tag. Für alles, was Sie getan haben.«
    Bourne krümmte seinen Rücken, warf sich wild nach rechts; zumindest würde er bis zuletzt kämpfen. Schüsse erfüllten den Raum, heiße Nadeln wanderten über seinen Hals, durchbohrten seine Beine, schnitten bis zu seiner Hüfte herauf. Du mußt rollen, rollen!
    Plötzlich verstummten die Schüsse, und er konnte aus der Ferne gleichmäßige hämmernde Laute hören, Schläge auf Holz und Stahl, die lauter wurden, eindringlicher. Aus dem finsteren Korridor vor der Bibliothek war ein letztes, betäubendes Krachen zu hören, dann das Schreien von Männern, Schritte und dahinter irgendwo in der unsichtbaren Welt draußen das ohrenbetäubende Heulen von Sirenen.
    »Hier drinnen! Er ist hier drinnen!« schrie Carlos.
    Es war wahnsinnig! Der Meuchelmörder lenkte die Eindringlinge direkt zu ihm, zu ihm! Ein hochgewachsener Mann in einem schwarzen Mantel trat die Türe ein, jemand war bei ihm, aber Jason konnte nichts sehen. Die Nebel erfüllten seine
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