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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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fragte sich Kauri, wie irgendjemand über solche Dinge nachzudenken vermochte, wo die Türken jeden Augenblick auf der Insel landen konnten. Er warf einen verstohlenen Blick zu Haidée hinüber, die neben ihm kniete.

    Dann, als hätte der Baba seine Gedanken gelesen, lachte der alte Mann plötzlich laut vor sich hin. Alle im Kreis blickten verwundert auf, nur um die nächste Überraschung zu erleben: Der Baba hatte seinen Maulbeerbaumstab mit großer Mühe in seinen Kissenstapel gepflanzt und zog sich mit dessen Hilfe geschickt auf die Beine. Ali Pascha sprang auf, um seinem alten Mentor zu helfen, doch der verscheuchte ihn mit einer Handbewegung.
    »Vielleicht fragt ihr euch, warum wir uns über Geheimnisse unterhalten, während Ungläubige und Wölfe vor unserer Tür stehen!«, rief der Baba aus. »In diesem Augenblick, kurz vor der Morgendämmerung, gibt es nur ein Geheimnis, über das wir sprechen müssen. Es ist das Geheimnis, das Ali Pascha so lange für uns gehütet hat. Es ist das Geheimnis, das unseren Pascha auf diesen Felsen hier gebracht hat und das unsere Feinde wie gierige Wölfe hierherlockt. Und es ist meine Pflicht, euch zu sagen, um welches Geheimnis es sich handelt, und euch zu erklären, warum es um jeden Preis gewahrt werden muss. Ehe dieser Tag zur Neige geht, werden viele von uns ihrem Schicksal begegnen - einige werden im Kampf ihr Leben lassen, andere werden den Türken in die Hände fallen, ein Schicksal, das vielleicht noch schlimmer ist als der Tod - aber es gibt nur eine Person hier im Raum, die dieses Geheimnis retten kann. Und dank unserem jungen Krieger Kauri ist sie gerade rechtzeitig hier eingetroffen.«
    Der Baba lächelte Haidée an, während alle anderen sich ihr zuwandten. Alle außer ihrer Mutter Vassiliki, die Ali Pascha mit einer Mischung aus Liebe, Beklommenheit und Angst anschaute.
    »Ich muss euch allen etwas sagen«, fuhr der Baba fort. »Es handelt sich um ein Geheimnis, das seit Jahrhunderten überliefert und gehütet wird. Ich bin der Letzte in der langen,
langen Kette von Hütern, die dieses Geheimnis an ihre Nachfolger weitergegeben haben. Ich werde die Geschichte kurz und bündig erzählen, aber weitergeben muss ich sie - und zwar bevor die vom Sultan gedungenen Mörder hier eintreffen. Ihr alle müsst die Bedeutung dessen, wofür wir kämpfen, erkennen und wissen, warum wir das Geheimnis schützen müssen, selbst wenn wir unseren Einsatz mit dem Leben bezahlen.
    Ihr alle kennt eins der berühmten hadiths , einen der Sprüche Mohammeds«, sagte der Baba. »Diese Zeilen sind über die Pforten so mancher Bektaschi-Moschee gemeißelt - Worte, die Allah selbst zugeschrieben werden:
    Ich war ein verborgener Schatz,
und ich sehnte mich danach,
erkannt zu werden,
also erschuf ich die Welt.
    Die Geschichte, die ich euch erzählen werde, handelt von einem anderen verborgenen Schatz, einem Schatz, der unermesslich wertvoll ist und zugleich eine große Gefahr darstellt - einem Schatz, nach dem seit über tausend Jahren gesucht wird. Nur die Lehrer wissen um die Quelle und die Bedeutung dieses Schatzes, die ich jetzt mit euch teilen werde.«
    Alle nickten: Sie wussten, dass der Baba ihnen etwas ungeheuer Wichtiges zu sagen hatte, und sie begriffen die große Bedeutung seiner Anwesenheit. Niemand sagte ein Wort, als der alte Mann zuerst den heiligen Turban vom Kopf nahm und dann seinen Schaffellumhang ablegte. Nur mit seinem wollenen Kaftan bekleidet, stand der Baba inmitten seiner Kissen, während er, auf seinen Maulbeerbaumstab gestützt, seine Geschichte erzählte …

DIE GESCHICHTE DES LEHRERS
    Im Jahr der Hedschra 138 - nach dem christlichen Kalender 755 Anno Domini - lebte in Kufa, in der Nähe von Bagdad, der große Sufi-Mathematiker und Gelehrte al-Dschabir ibn Hayyan aus Churasan.
    Während der langen Jahre, die er in Kufa zubrachte, verfasste al-Dschabir zahlreiche gelehrte Abhandlungen, darunter auch sein großes Werk Das Buch der Balance , das ihm den Ruf als der Vater der islamischen Alchemie eingebracht hat.
    Außerdem war unser Freund al-Dschabir - was weniger bekannt ist - ein eifriger Schüler von Dschafar al-Sadiq, dem sechsten Imam der Schiiten und direkten Nachkommen von Mohammed durch dessen Tochter Fatima.
    Schon damals erkannten die Schiiten dieser Sekte die Legitimität der Kalifen nicht an, die die sunnitische Sekte bildeten, das heißt, die Nachkommen der Freunde, Gefährten oder Verwandten des Propheten, die nicht direkt von ihm abstammen.
    Die
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