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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie
Autoren: Cody Mcfadyn
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gebraucht werde.
    Gütiger Gott.
    Ich räuspere mich und zwinge mich zu sprechen. »Sie – Sie haben gesagt, Sie wollten reden. Also bitte – reden Sie.« Es klingt nicht überzeugend, doch wenigstens klingt es vernünftig.
    Ich bin schweißgebadet.
    Hillstead zögert. »Glauben Sie«, fängt er schließlich an, »glauben Sie, dass ich die Situation bedaure, in der ich mich jetzt befinde? Falls ja, dann irren Sie sich. Mein Vater hat mich gelehrt, an einem Standard festzuhalten. Eines seiner Lieblingssprichworte war: ›Es geht nicht darum, wie lange du lebst. Es geht darum, wie gut du getötet hast, während du am Leben warst.‹« Er blickt mich aus zusammengekniffenen Augen an.
    »Verstehen Sie? Getreu meinem Erbe, dem Beispiel des Schattenmanns folgend, geht es nicht allein darum, Huren zu töten oder das FBI zu verspotten. Es geht um ein … ein gewisses Flair. Es geht um die Wesensart des Mordes, nicht allein um die Handlung.« Seine Stimme klingt stolz. »Wir schneiden euch mit dem feinsten Silber auf und trinken euer Blut aus Designer-Kristallgläsern. Wir strangulieren euch mit Seide, während wir Anzüge von Armani tragen.« Er späht hinter Bonnie hervor.
    »Jeder Dummkopf kann morden. Meine Vorfahren und ich hingegen – wir schreiben Geschichte. Wir werden unsterblich.«
    Schinde Zeit heraus, denke ich. Weil ich diese schwache Stimme erneut in meinem Kopf höre. Und ich weiß – ich weiß –, dass, was auch immer sie mir mitteilt, wichtig ist.
    »Sie haben keine Kinder«, sage ich. »Also endet es mit Ihnen, Peter. So viel zur Unsterblichkeit.«
    Er zuckt die Schultern. »Meine Gene werden erneut auftauchen. Wer sagt denn, dass er seinen Samen nicht auch an anderen Stellen ausgestreut hat? Wer sagt denn, dass ich es nicht getan hätte?« Er lächelt. »Ich war nicht der Erste, und ich bezweifle, dass ich der Letzte sein werde. Unsere Art wird überleben.«
    Ein furchtbarer Gedanke durchzuckt mich. Ist es möglich, dass ich Bonnie gar nicht retten will? Dass ein Teil von mir denkt, dass dies Alexa gegenüber nicht fair wäre?
    Meine Hand zittert in meinem Schoß, verkrampft sich zuckend um den Kolben der Pistole.
    Ich starre Hillstead an. »Art? Was für eine Art?«
    »Die ursprünglichen Jäger. Die Raubtiere auf zwei Beinen.«
    »Ah, richtig. Dieser Schwachsinn.«
    Mir stockt der Atem, als seine Knöchel um das Messer an Bonnies Kehle weiß werden. Doch dann entspannt er sich wieder und kichert.
    »Das Entscheidende bei alledem, liebste Smoky, ist Folgendes: Es spielt keine Rolle, dass Sie mich geschnappt haben. Am Ende bin ich mir treu geblieben. Das ist alles, was zählt. Ich bin mir sehr viel treuer geblieben als mein Vater sich selbst – er hat seinen Abberline nie gefunden. Und meine Jünger?« Ich sehe einen sich herausputzenden Pfau vor mir. Voller Selbstzufriedenheit. »Das ist definitiv etwas absolut Originelles.« Er späht erneut zu mir. »Außerdem möchte ich Ihnen ein Angebot machen, Smoky. Ein wenig Spaß zum Abschied, sozusagen.«
    Zum ersten Mal, seit meine Waffenhand angefangen hat zu zittern, verstummt die Stimme in meinem Kopf. Angstvolle Unruhe beschleicht mich. »Was für ein Angebot?«
    »Ein paar Narben für ein Leben, Smoky. Ich möchte mein Zeichen an Ihnen hinterlassen und Ihnen dafür etwas als Gegenleistung geben.«
    »Wovon zur Hölle reden Sie?«
    »Wenn ich zu Ihnen sagen würde: Nehmen Sie Ihre Waffe, und erschießen Sie sich, dann lasse ich Bonnie und Elaina gehen – würden Sie mir glauben?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Selbstverständlich nicht. Aber wenn ich zu Ihnen sagen würde: Nehmen Sie ein Messer, und zerschneiden Sie sich das Gesicht, dann lasse ich Elaina gehen …?«
    Meine Unruhe wächst. Ich fange wieder an zu schwitzen.
    »Ahhhh … Sehen Sie? Das ist das Lustige bei solchen Dingen, Smoky. Sie müssen darüber nachdenken, nicht wahr?« Er lacht auf. »Die vielen Möglichkeiten. Wenn Sie nichts tun, wenn wir so weitermachen wie bisher, dann gelingt es Ihnen vielleicht, die beiden zu befreien, oder vielleicht sterben beide. Wenn Sie mitmachen und sich das Gesicht zerschneiden, dann besteht die Möglichkeit, dass ich lüge und wir trotzdem so weitermachen wie bisher … Andererseits müssten Sie sich ja nur zerschneiden, nicht gleich umbringen. Das ist schließlich nicht gleich tot, stimmt’s? Oder Sie zerschneiden sich, und ich lasse Elaina tatsächlich gehen. Allein schon die Chance, dass das geschehen könnte, bedeutet, dass mein zweiter
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