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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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deinen Augen nicht wehtat. Du kamst deinen untergeordneten Pflichten auf einer Welt voll übler Gerüche und elektrischer Stürme nach, wo Albino-Frauen hinter hohen Mauern eingeschlossen waren und du nie ein Kind sahst. Und nach einem Jahr auf dieser Welt gab es eine gute Stellung auf einer Welt, wo die Männer Messer trugen und die Frauen Glöckchen in ihren Ohren hatten, die beim Gehen verlockend klingelten. Dort hatte es dir gefallen. Du hattest viele Schlägereien und viele Frauen. Hinter dem ruhigen Zivildienstangestellten verbarg sich ein Raufbold, und auf jener Welt brach er hin und wieder aus. Du hattest viel Spaß. Es war auf jener Welt, daß du anfingst, ein Messer zu tragen. Irgendwie schien dir das richtig zu sein; du kamst dir vollständiger vor, als du es anschnalltest, als seist du bis jetzt halb angezogen herumgelaufen. Du sprachst darüber mit dem Psychologen deiner Dienststelle, und hörtest dir seinen Vortrag über versteckte Furcht vor sexueller Unzulänglichkeit, Kompensation mit Phallus-Symbolen und dem Zwang, Stärke zu demonstrieren, an. Du hörtest ihm ruhig und ohne Kommentar zu und ließt alles an dir abgleiten, weil du es besser wußtest. Er stellte eine bezeichnende Frage.
    »Sie sind auf Cottman Vier aufgewachsen, nicht wahr, Kerwin?«
    »In dem dortigen Raumfahrer-Waisenhaus.«
    »Ist das nicht eine der Welten, wo erwachsene Männer ständig ein Schwert tragen? Zugegeben, ich bin kein vergleichender Anthropologe, aber wenn Sie Männer gesehen haben, die zu jeder Zeit ein Schwert trugen …«
    Du stimmtest zu, das sei es wahrscheinlich, und sagtest nichts mehr. Aber das Messer trugst du weiter, zumindest wenn du dienstfrei warst, und ein- oder zweimal hattest du Gelegenheit, es zu benutzen, und du bewiesest in aller Stille und zu deiner eigenen Befriedigung, daß du in einem Kampf deinen Mann stehen konntest, wenn es sein mußte.
    Es war eine schöne Zeit dort. Du hättest bleiben und glücklich sein können. Aber ein Zwang, eine Unruhe trieb dich weiter, und als der Legat starb und der neue seine eigenen Leute mitbringen wollte, warst du bereit zu gehen.
    Inzwischen waren die Lehrjahre vorbei. Bisher warst du dahin gegangen, wohin man dich schickte. Jetzt konntest du innerhalb bestimmter Grenzen sagen, wohin du gehen wolltest. Und du zögertest keinen Augenblick.
    »Darkover.« Und korrigiertest dich: »Cottman Vier.«
    Der Mann im Personalbüro starrte dich lange an. »Gott im Himmel, warum kann sich irgendwer wünschen, dorthin zu gehen?«
    »Ist nichts frei?« Jetzt hattest du dich schon halb und halb damit abgefunden, daß du den Traum sterben lassen mußtest.
    »Oh, Teufel, doch! Wir bekommen nie Freiwillige für dort. Wissen Sie, wie es da ist? Kalt wie die Sünde, unter anderem, und barbarisch – große Teile der Welt sind für Erdenmenschen gesperrt, und außerhalb der Handelsstadt können Sie keinen Schritt ohne Gefahr tun. Ich bin selbst nie dort gewesen, aber wie ich höre, herrscht da immer Aufruhr. Davon abgesehen gibt es so gut wie keinen Verkehr mit den Darkovanern.«
    »Nicht? Der Raumhafen von Thendara ist einer der größten des Raumdienstes, habe ich gehört.«
    »Das stimmt.« Der Mann erklärte düster: »Cottman Vier liegt zwischen dem oberen und dem unteren Spiralarm der Galaxis. Deshalb müssen wir soviel Leute dort stationieren, daß ein größerer Transithafen bemannt werden kann. Thendara ist einer der wichtigsten Knotenpunkte für den Passagier- und Frachtverkehr. Aber es ist die Hölle; Sie bleiben vielleicht, wenn Sie die Welt längst satt haben, noch jahrelang dort kleben, bis man einen Ersatzmann für Sie gefunden hat. Sehen Sie mal«, setzte er überredend hinzu, »Sie sind ein viel zu tüchtiger Mann, als daß Sie sich da draußen wegwerfen dürften. Rigel 9 schreit nach guten Leuten, und dort könnten Sie wirklich vorankommen – sich vielleicht zum Konsul oder sogar zum Legaten hocharbeiten, wenn Sie gern in den diplomatischen Dienst überwechseln möchten. Warum wollen Sie sich auf einem halb gefrorenen Felsklumpen am Rand des Nirgendwo verschwenden?«
    Du hättest dich auf deine Erfahrungen verlassen sollen, aber in diesem Augenblick glaubtest du, er wolle es wirklich wissen; deshalb sagtest du es ihm.
    »Ich bin auf Darkover geboren.«
    »Oh. Einer von denen . Ich verstehe.« Du sahst, wie sich sein Gesicht veränderte, und du hättest das Grinsen von diesem rosa Gesicht gern weggefegt. Aber du tatest es nicht. Du standest nur da und sahst, wie
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