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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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und mit abergläubischer Ehrfurcht betrachtet. Ich schätze, daß es in den Domänen hundert oder mehr Frauen gibt, die die Arbeit einer Bewahrerin leisten könnten, aber sie sehen nicht ein, warum sie sich einer Ausbildung unterziehen sollen, die aus ihnen Maschinen zur Umwandlung von Energie macht. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Die Türme werden untergehen. Sie müssen untergehen. Und wenn sie verschwunden sind und nur noch ihre Ruinen vom Stolz und Wahnsinn der Comyn künden, dann können Laran und die es verstärkenden Matrix-Steine so eingesetzt werden, wie es ihr ursprünglicher Sinn ist: Für die Wissenschaft, nicht für Zauberei! Für die geistige Gesundheit, nicht für den Wahnsinn! Dafür habe ich mein ganzes Leben gearbeitet, Cleindori.«
    »Nicht, um die Türme zu stürzen, Onkel!« Kennards Stimme klang entsetzt.
    »Nein. Dafür nicht. Aber um da zu sein, wenn sie aufgegeben und verlassen sind, damit unsere Laran -Wissenschaften nicht mit den Türmen in Vergessenheit sinken.«
    Cleindori stand neben ihm, die Hand leicht auf seine Schulter gelegt. Sie sagte: »Vater, dafür ehre ich dich. Aber deine Arbeit ist zu langsam, denn man nennt dich immer noch einen Gesetzlosen und Renegaten und Schlimmeres. Umso wichtiger ist es, daß junge Leute wie ich und meine Halbschwester Cassilde und Kennard …«
    Erschüttert fragte Damon: »Will Cassilde auch nach Arilinn gehen? Das wird Callista umbringen!« Denn Cassilde war Callistas eigene Tochter, vier oder fünf Jahre älter als Cleindori.
    »Sie ist alt genug, daß sie keine Erlaubnis braucht«, antwortete Cleindori. »Vater, auch wenn einmal der Tag kommt, an dem die Türme nicht mehr benötigt werden, dürfen sie doch in der Zwischenzeit nicht sterben. Und mein Gewissen sagt mir, daß ich Bewahrerin von Arilinn werden muß.« Sie hob abwehrend die Hand. »Nein, Vater, hör mir zu. Ich weiß, du bist nicht ehrgeizig; du hast die Chance weggeworfen, Kommandant der Garde zu werden. Du hättest der mächtigste Mann in Thendara sein können, aber du verschmähtest es. So bin ich nicht. Wenn mein Laran so stark ist, wie mir die Lady von Arilinn versicherte, möchte ich es zu etwas Nützlichem einsetzen, zu mehr, als den Bauern zu helfen und die Dorfkinder zu unterrichten! Vater, ich möchte Bewahrerin von Arilinn werden!«
    »Du möchtest dich selbst in das Gefängnis stecken, aus dem wir Callista um einen so hohen Preis befreit haben.« Damons Stimme war voller Bitterkeit.
    »Das war ihr Leben«, flammte Cleindori auf, »dies ist meins! Aber hör mich an, Vater.« Wieder kniete sie neben ihm nieder. Der Zorn war aus ihrer Stimme verschwunden, und an seine Stelle war ein tiefer Ernst getreten. »Du hast mir gesagt, und ich habe es selbst gesehen, daß Arilinn die Gesetze macht, nach denen Laran in diesem Land benutzt werden darf. Ausgenommen seid nur ihr wenigen hier, die ihr euch Arilinn widersetzt.«
    »In den Hellers oder in Aldaran mag es auch Leute geben, die es anders halten«, bemerkte Damon. »Ich weiß wenig davon.«
    »Dann …« Cleindori sah zu ihm auf. Ihr rundes Gesicht war sehr ernst. »Stell dir vor, ich gehe nach Arilinn und werde dort nach Arilinns eigenen Gesetzen auf die orthodoxeste Art zur Bewahrerin ausgebildet. Aber wenn ich dann einmal Bewahrerin bin, kann ich diese Gesetze ändern, nicht wahr? Wenn die Bewahrerin von Arilinn die Vorschriften für alle Türme aufstellt, dann, Vater, kann ich sie ändern. Ich kann die Wahrheit verkünden, daß die Regeln von Arilinn grausam und unmenschlich sind – und weil ich Erfolg gehabt habe, kann man mir nicht entgegenhalten, hier spreche nur eine Versagerin oder eine Ausgestoßene gegen das, was sie selbst nicht haben erreichen können. Ich kann diese schrecklichen Gesetze ändern und mit den Regeln von Arilinn Schluß machen. Und wenn die Türme aufhören, Männer und Frauen einem lebenden Tod zu überantworten, dann werden ihnen die jungen Leute unserer Welt zuströmen, und die alten Matrix-Wissenschaften von Darkover werden wiedergeboren werden. Aber wenn es nicht eine Bewahrerin tut – dann werden diese Gesetze niemals geändert werden!«
    Damon sah seine Tochter erschüttert an. Es war tatsächlich die einzige Möglichkeit, die grausamen Gesetze Arilinns zu ändern. Eine Bewahrerin von Arilinn mußte selbst ein Dekret erlassen, das für alle Türme bindend war. Er hatte sein Bestes getan, aber er war ein Renegat, ein Ausgestoßener. Von außerhalb der Mauern Arilinns konnte er nicht viel
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