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Die blutende Statue

Die blutende Statue

Titel: Die blutende Statue
Autoren: Pierre Bellemare
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die durch die verblüfften Blicke der Umstehenden verunsichert wurde, trug das Geld zurück an den Bankschalter. Man erklärte ihr, niemand hätte bemerkt, dass sie so viel Geld erhalten hätte, da der Geldautomat keinerlei Spuren seiner Großzügigkeit hinterlassen habe. Als Belohnung für ihre Ehrlichkeit spendierte ihr die Bank ein Wochenende in Rom, das sie zusammen mit ihrem Freund verbringen durfte. Da sieht man mal wieder, dass auf die Automaten einfach kein Verlass ist...
    Isabelle hatte jedoch nicht das Glück, das Gleiche wie Chantal zu erleben. Sie führte ihre Karte ein, tippte ihre Geheimzahl und drückte auf die Taste, die fünfhundert Franc (etwa fünfundachtzig Euro) anzeigte. Sie wartete. Als die Scheine herausgekommen waren, entnahm sie dem Automaten das Bündel. Dabei sprach sie ein junger Mann an, der hinter ihr stand: »Mademoiselle, den haben Sie fallen lassen.«
    Isabelle wandte sich um: Ein kleiner braunhaariger junger Mann mit einem ehrlichen Gesicht reichte ihr einen Hundertfrancschein. Isabelle dankte ihm überrascht, nahm die Banknote und steckte sie in ihr Portemonnaie. Der junge hilfsbereite Mann lächelte sie freundlich an. Isabelle bemerkte, dass er sich in Begleitung eines anderen jungen Mannes mit kastanienbraunem Haar befand. Auch dieser lächelte.
    Als sich Isabelle gerade anschickte weiterzugehen, fiel ihr plötzlich ihre Kreditkarte ein, die der Geldautomat noch hätte ausspucken müssen. Sie wartete, aber nichts tat sich.
    »Meine Karte«, dachte sie laut. »Wo ist nur meine Karte?«
    Isabelle geduldete sich noch eine Minute: Kein Zweifel, ihre Kreditkarte steckte noch im Automaten. Sie reagierte leicht gereizt, als der junge Mann mit dem kastanienbraunen Haar ihr einen nützlichen Trick verriet: »Wissen Sie, von Zeit zu Zeit bleibt die Karte stecken. Sie brauchen nur noch einmal Ihre Geheimzahl eintippen, dann wird sie gewöhnlich wieder herausgegeben.«
    Ohne nachzudenken tippte Isabelle nochmals ihre Geheimzahl ein, aber auch dieses Mal erschien keine Karte.
    »Sie müssen am Montagmorgen wiederkommen und sie am Bankschalter zurückverlangen«, sagte der liebenswürdige braunhaarige junge Mann.
    Isabelle war verärgert, aber sie riss sich zusammen und ging weiter. Sie bemerkte nicht einmal, dass die beiden sympathischen jungen Männer, die hinter ihr gestanden hatten, um ebenfalls Geld aus dem Automaten zu lassen, wohl ihre Meinung geändert hatten und sich in eine andere Richtung entfernten.
    Als Isabelle zu Hause angelangt war, zählte sie das Geld in ihrer Tasche nach und stellte verblüfft fest, dass sie sechshundert Franc besaß; dabei hatte sie doch nur fünfhundert abheben wollen. Das war ein Rätsel, das sie sich nicht erklären konnte. Hätte sie darüber nachgedacht, dann hätte sie schnell nach dem Telefonhörer gegriffen, um zu reagieren, doch auch das war nicht der Fall.
    Am Montagmorgen begab sie sich umgehend zur Bank, musste jedoch feststellen, dass niemand ihre Kreditkarte aus dem Automaten herausgeholt hatte, in dem sie sich seit Samstagmorgen hätte befinden müssen. Was bedeutete das alles? Isabelle ging erst ein Licht auf, als sie bemerkte, dass Geld von ihrem Konto abgehoben worden war. Jetzt erkannte sie die Schlauheit der hilfsbereiten jungen Männer. Als der braunhaarige junge Mann ihr den Hundertfrancschein reichte, der angeblich auf den Boden geflattert war, den er aber lediglich aus seiner Tasche gezogen hatte, beabsichtigte er nur Eines: er wollte die Aufmerksamkeit der jungen Frau ablenken. Während dieser wenigen Augenblicke griff der Gauner mit den kastanienbraunen Haaren nach der Karte, die der Automat ausgespuckt hatte, und ließ sie verschwinden.
    Doch eine Kreditkarte ohne Geheimzahl taugte natürlich nicht viel. Und so begann die zweite Phase, der kleine Trick. Ohne nachzudenken tippte Isabelle unter den neugierigen Blicken der beiden Schwindler ihre Geheimzahl noch einmal ein. Aus ersichtlichem Grund hatte dies keineswegs zur Folge, dass der Automat die Karte zurückgab. Aber die beiden Komplizen merkten sich die Geheimzahl, mit der sie die Kreditkarte benutzen konnten. Natürlich würde Isabelle alle Mühe haben, ihrer Bank zu erklären, wie man ihre Karte und ihre Geheimzahl hatte missbrauchen können.
    Zurzeit geben Ihnen die meisten Geldautomaten als Erstes Ihre Karte zurück und warten, bis Sie sie entnommen haben. Dann erst erscheinen die gewünschten Scheine im Entnahmeschlitz. Dadurch ist eine betrügerische Manipulation viel
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