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Die blutende Statue

Die blutende Statue

Titel: Die blutende Statue
Autoren: Pierre Bellemare
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erwiderte Dr. Burnett vorsichtig: »Das Einzige, was Sie für mich tun können, wäre, mir einen Tipp zu geben.«
    »Ich kann Ihnen etwas viel Besseres anbieten. Allerdings müssten wir uns an einem ruhigen Ort darüber unterhalten.«
    Der Mann überlegte. Wahrscheinlich überschlug er gerade in Gedanken, wie viele Verluste er bereits angehäuft hatte. Schließlich fasste der Doktor einen Entschluss und reichte ihm seine Visitenkarte.
    »Hören Sie, ich bin Doktor Burnett. Kommen Sie morgen in meine Sprechstunde. Dann können wir uns unterhalten.«
    Am nächsten Tag begab sich Frank Allen alias Frank Murdoch zu der Adresse, die auf der Visitenkarte angegeben war. Es war ein luxuriöses Gebäude inmitten von Chicago.
    Als er das Sprechzimmer des Arztes betrat, sah er, wie in dessen Blick Interesse und Gier aufleuchteten. Seine Intuition hatte ihn nicht getäuscht. Der Arzt war bereit, alles zu glauben. Nach arbeitsreichen Jahren der Rechtschaffenheit verspürte er wohl Lust, sein Geld leichter zu verdienen, vielleicht hatte er sogar eine Geliebte, die ihn einiges an Geld kostete.
    Dr. Burnett fragte ihn in einem Ton, der neutral klingen sollte, in dem jedoch eine gewisse Ungeduld unverkennbar war: »Nun, geben Sie mir ein paar Tipps?«
    Frank Allen ließ sich mit seiner Antwort Zeit und setzte ein überlegenes Lächeln auf.
    »Nein, keinen Tipp. Meine Wetten gehen auf Nummer Sicher.«
    »Auf Nummer Sicher? Wie ist das möglich?«
    »Es ist einfach, lieber Doktor, es ist mehr als einfach und es ist einleuchtend. Ich habe in Chicago einen Freund, der Buchmacher ist. Er ist ein Mann, der, genau wie ich, den Zufall hasst. Also hat er sich einen Dreh ausgedacht, um gewisse Wetten zu platzieren... nach dem Einlauf ins Ziel.«
    Der Arzt schwieg. Er war zu aufgewühlt, um etwas zu erwidern. Frank Allen fuhr fort: »Natürlich verlangt mein Freund eine kleine Provision: zwanzig Prozent des Wetteinsatzes, und ich selbst würde den gleichen Prozentsatz bekommen. Aber selbst bei einem Einsatz von zwanzig oder dreißig Prozent bleibt Ihnen immer noch ein hübscher Gewinn.«
    Der Arzt hatte inzwischen bereits nach dem Portemonnaie gegriffen.
    »Wie viel wollen Sie, Mr Murdoch? Fünfhundert, tausend Dollar?«
    Frank Allen machte eine abwehrende Geste.
    »Mein Freund und ich halten uns an eine goldene Regel. Niemals mehr als zweihundertfünfzig Dollar auf einmal. Größere Summen könnten Aufmerksamkeit erregen.«
    Dr. Burnett lächelte. Wenn er noch Zweifel an der Aufrichtigkeit seines Gesprächspartners gehabt hatte, so waren sie jetzt verschwunden. Und Frank Allen verließ die Praxis mit zweihundertfünfzig Dollar in der Tasche. Während der ganzen Woche spielte Dr. Burnett jeweils mit Einsätzen von zweihundertfünfzig Dollar. Jedes Mal drängte er, mehr einzusetzen, doch Frank blieb unnachgiebig. Niemals mehr als zweihundertfünfzig Dollar auf einmal. Das sei die beste Methode, sich nicht erwischen zu lassen.
    Nach Ablauf der Woche fragte der Arzt, der sich bis jetzt nicht getraut hatte, etwas zu sagen, schüchtern nach, ob er seine Gewinne bald erhalten würde. Er hatte seiner Rechnung zufolge bereits eintausendfünfhundert Dollar eingesetzt und nach Abzug der Provision von vierzig Prozent müsste er einen Gewinn von etwa achtzehntausend Dollar verbuchen können.
    Frank Allen machte ein wissendes Gesicht.
    »Mein Freund, der Buchmacher, kann wegen der Buchhaltung das Geld erst Ende des Monats auszahlen. Wir haben heute den Achtundzwanzigsten. Sie bekommen also Ihr Geld in drei Tagen.«
    Als Frank Allen sich von Dr. Burnett verabschiedete, war er sich im Klaren darüber, dass sein Betrug bald auffliegen würde. Auch wenn sein Opfer leichtgläubig war, so würde es, wenn er nicht schnell das Geld auszahlte, alles durchschauen.
    Er könnte es natürlich auch dabei bewenden lassen. Immerhin hatte er mühelos fünfzehnhundert Dollar gewonnen. Er bräuchte nur bei einem anderen Leichtgläubigen von vorne anzufangen, auf einer anderen Rennbahn. Doch eine innere Stimme sagte ihm, dass er nie wieder einen Menschen wie diesen Arzt finden würde. Der war ein regelrechter Goldesel, den er bis zum Ende ausnehmen konnte.
    Bei diesem Gedanken stellte er sich nun ein Szenario von einer ganz anderen Größenordnung vor. Es handelte sich um eine Form des Betrugs, die ziemlich waghalsig und ganz besonders verachtenswert ist und die einige Betrüger schon vor ihm angewandt hatten: die Erpressung des Opfers.
     
    Eine Woche war vergangen. Dr.
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