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Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener
Autoren: Delia Sherman
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königlichen Küche.«
    »Aber was soll ich denn tun, während Ihr und Ned auf Abenteuerreise geht?«, jammerte Alyson. »Muss ich wirklich in diesem Schloss oder in Brackton Hall sitzen und Röcke, Wandbehänge, Kissen und Stirnbänder besticken, bis es dem König gefällt, mich und mein Vermögen an irgendeinen gräßlichen, sabbernden Greis zu verkaufen? Und dann werde ich im Schloss meines Gemahls sitzen und dieselben Stickarbeiten für seine Kinder anfertigen – bis zum Tage meines Todes. Muss ich wirklich wie Lady Carstey oder Lady Dumbletan werden, die in ihrer Dummheit nicht einmal bemerken, wie sehr sie sich langweilen?« Sie zog die Hände von Elinor fort und schlug sich auf die Knie. »Was wird wohl aus mir, wenn ich nicht mit Euch gehen darf?«
    »Hört auf zu weinen, Kleines«, sagte Elinor schroff. Alyson schüttelte stur den Kopf und verbarg das gerötete Gesicht in den Händen. Sie verspürte einen kalten Luftzug, als Elinor aufstand und vor dem Feuer herging, und einen weiteren Luftzug, als sie sich nach ihrem Sack bückte. Alyson wartete auf das Rascheln von Elinors Röcken, wenn sie sich wieder setzte, doch statt dessen hörte sie das leise Knacken trockener Binsen und das gedämpfte Knirschen von Türangeln.
    »Wartet!« Alyson sprang auf die Beine. Elinor drehte sich in der Tür um. Mund und Augen warfen harte Schatten auf ihr weißes Gesicht. »Ich höre auf, wenn mein Kummer Euch missfällt«, sagte Alyson mürrisch zu ihr. Elinor wandte ihr den Rücken zu.
    »Nein, wartet!«, rief Alyson bittend. Lady Flower durfte nicht wütend und voller Verachtung fortgehen. »Ich bin schon wie Lady Dumbletan«, murmelte sie kleinlaut. »Ich sollte mich bemühen, anders als sie zu werden. Bitte helft mir dabei.«
    Seufzend kehrte Elinor zum Feuer zurück und saß eine Weile schweigend davor. Schließlich bemerkte sie: »Für ein Kind gibt es nur das, was es in der Hand hält. Ein zu Boden gefallenes Schmuckstück ist für immer verloren. Die Sonne stirbt jeden Abend, wenn das Kind zu Bett geht. Mond und Sterne umkreisen seine kleine Welt, doch es gibt sie erst dann, wenn sein Blick auf sie fällt und ihnen Wirklichkeit verleiht.«
    »Wollt Ihr damit sagen, dass ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt bin?« Alyson fühlte sich wie ein zurechtgewiesenes Kind.
    Elinor lächelte. »Im nächsten Frühling wird ein weiteres Kind an den Hof kommen. Die Männer werden sich vor ihm verneigen, wenn es vorübergeht. Lady Carstey, Lady Dumbletan, Lady Tilney und sogar Eure ehrenwerte Tante werden an seinen Lippen hängen und ihr jeden Wunsch erfüllen. Jede Nacht wird dieses Mädchen das Gewicht der Königinnenwürde auf der Brust spüren. Es ist zwei Jahre älter als Ihr, hat aber die meiste Zeit seines Lebens in einem Nonnenkloster verbracht. Es kennt wenig von der Welt und noch weniger von Albia. Dieses Mädchen wird sich ängstigen, weil es so weit von zu Hause fort ist.«
    »La Haulte Princesse Lissaude«, schloss Alyson mit sanfter Stimme. »Mir war nicht einmal der Gedanke gekommen, dass sie sich fürchten könnte.«
    »Wenn Ihr ihr Vertrauen durch Besonnenheit und durch Treue ihre Liebe erlangt, werdet Ihr eine Aufgabe haben, welche alle Langeweile vertreibt, und eine Freundin, die Euer Herz tröstet.« Elinor zuckte die Achseln. »Was den übrigen Teil Eurer Beschwerde angeht, so dreht sich die Welt nach ihrem eigenen Gutdünken und nicht nach dem Willen einer Frau. Aber die albische Klatschkönigin wird niemals einen gräßlichen, sabbernden Greis heiraten.«
    Alyson sah ins Feuer und dachte über diese Worte nach. Schließlich nickte sie und rieb sich die letzten Spuren ihres Gefühlssturms mit dem Ärmel aus dem Gesicht. »Wann werdet Ihr uns verlassen?«
    Nun machte Elinor ein sorgenvolles Gesicht. »Morgen nach Sonnenaufgang. Wenn sie meine Mutter, die Zauberin Margaret verbrannt haben.«
    Beim Anblick von Elinors schwarz verschleiertem Gesicht war Alyson wieder den Tränen nahe. Dann erinnerte sie sich an ihr Geschenk, dass sie eigentlich im Geheimen für zwei Kriegermaiden auf Albias Straßen ersonnen und ausgeführt hatte. Sie hatte auch eines für sich selbst gemacht, doch das musste sie erst einmal zur Seite legen. »Werdet Ihr Euch wieder die Brust einwickeln?«, fragte sie.
    Elinor hob überrascht den Kopf. »Ja. Ansonsten sieht mein Körper zu sehr nach dem einer Frau aus.«
    »Ich habe ein Geschenk für Euch.« Alyson ging zu einer Truhe und holte daraus ein seltsames, wie ein Korselett
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