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Die Blueten der Freiheit

Die Blueten der Freiheit

Titel: Die Blueten der Freiheit
Autoren: Iris Anthony
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während sie die Laken wechselte.
    »Manchmal dauert es eben länger.«
    Länger!
    »Je länger es dauert, desto schlimmer ist es für das Kind.«
    Ich hatte nicht daran gedacht, dass das Kind die Geburt vielleicht nicht überleben würde. Doch in diesem Fall wäre es womöglich ein Segen gewesen.
    »Und desto schlimmer ist es auch für die Mutter.«
    Ich warf einen Blick auf die Marquise. Seit dem Abendessen hatte sie stark gelitten, gejammert und sich im Bett hin und her gewälzt. Ihr Gesicht sah blass aus, selbst im Licht der nur spärlich beleuchteten Kammer. Wenn das Kind starb, würde das nicht auch den Tod der Mutter bedeuten? Und ich konnte nicht dafür beten, dass jemand den Tod fand … abgesehen von dem Grafen. Er hatte die schlimmsten Höllenqualen verdient.
    Als die Marquise das nächste Mal aufschrie, trat ich zu ihr ans Bett und strich ihr die Haare aus der Stirn.
    »Ich habe solche Angst.«
    Ich hätte ihr versichern können, dass ich noch viel größere Angst hatte. »Ihr braucht keine Angst zu haben. Es wird alles gutgehen.«
    »Was, wenn es ein Mädchen wird?«
    Möge der Himmel uns gnädig sein! »Wenn es ein Mädchen wird, dann wird sie das hübscheste Kind im ganzen Königreich sein.«
    »Was, wenn … Was, wenn ich … wenn ich …«
    »Psst.« Ich hielt ihr einen Becher an die Lippen. »Es liegt noch viel Arbeit vor uns. Zuerst muss das Kind geboren werden.«
    Die Hebamme schickte Diener aus, um alle Schubladen und Türen und Schränke im Château zu öffnen, damit das Kind den Leib der Marquise verlassen konnte. Ich sah den Marquis draußen auf dem Flur. Der Graf musste sich wohl irgendwo in den Tiefen des Châteaus versteckt haben, denn ich hörte und sah ihn nicht.
    Als der Hahn am Morgen des zweiten Tages krähte, wurde das Stöhnen der Marquise eindringlicher.
    Die Hebamme entriegelte die Fensterläden und öffnete sie. »Manchmal zieht die Sonne die Kinder heraus.« Ich trat schnell an das andere Fenster und tat es ihr gleich.
    »Ich glaube … ich glaube, er kommt!« Die Stimme der Marquise hatte sich in ein schrilles und verzweifeltes Kreischen verwandelt.
    Ich ging zu ihr und bot ihr ein weiteres Mal meine Hand an.
    Obwohl sie presste und ich betete, schien bloß Blut aus ihr herauszulaufen. Ich wischte ihre Stirn mit einem Tuch trocken. Sie klammerte sich so fest an meine Hand, dass meine Finger taub wurden.
    So viel Blut.
    Die Marquise schrie auf. Dieses Mal klang der Schrei noch schriller. Die Hebamme half ihr in eine sitzende Position, bevor sie ihre Hand nahm und sie auf einen Stuhl zog. Dort brach die Marquise keuchend in den Armen der Hebamme zusammen. »Er kommt.« Ihre Worte klangen überzeugt, wie ein Befehl, doch ihre hochgezogenen Augenbrauen trugen nicht gerade dazu bei, meine Angst zu lindern.
    Die Hebamme versuchte, sich von der Marquise loszumachen, jedoch ohne Erfolg. »Meine Herrin!« Sie befahl mir mit einer Kopfbewegung, vor den Stuhl zu treten.
    Konnte ich das wirklich? Was war, wenn ich es nicht schaffte, ihn aufzufangen?
    Doch es blieb keine Zeit, um zu zögern. Die Marquise tat einen herzzerreißenden Schrei. Ich kniete mich vor ihr nieder, und das Kind fiel in meine Hände. Es war so glitschig wie ein neugeborenes Kalb und so warm wie ein Küken. Ich drückte es an mich und wickelte es hastig in ein Laken.
    Die Marquise sackte zusammen und wäre beinahe zu Boden gefallen.
    »Nein, Herrin. Legt Euch lieber wieder in Euer Bett.« Die Hebamme schaffte es, die Marquise wieder in ihr Bett zu verfrachten. Dann wandte sie sich mir zu, und ihre Augen schienen bloß eine Frage zu kennen.
    Wie viel hatte sie gesehen, während sie mit der Marquise gerungen hatte? »Es ist … Es ist ein Mädchen.«
    Die Marquise schien wieder zu sich zu kommen und öffnete die Augen.
    Ich trat zu ihr ans Bett und hielt das Kind in die Höhe. »Ihr habt ein Mädchen zur Welt gebracht, Herrin.«
    »Ein … Mädchen?«
    »Es ist tatsächlich ein Mädchen?« Die Hebamme sah mich scharf an.
    Eine Träne glänzte in dem Augenwinkel der Marquise. »Nach all dem …« Die Erschöpfung schien über sie hereinzubrechen, dennoch streckte sie eine Hand nach mir aus.
    Ich konnte ihr das Kind nicht geben, also nickte ich bloß und nahm ihre Hand in meine.
    »Was kann ich für Euch tun? Ihr habt mir so geholfen.«
    Das Kind in meinen Armen drückte sich gegen meine Brust. »Überlasst mir die Obhut über Euer Kind, während Ihr Euch ausruht.«
    Die Marquise nahm einen Augenblick die Hand des
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