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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus
Autoren: Johanna Nicholls
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beschwichtigt und sich immer wieder vor Augen geführt, dass er alles für ihre Sicherheit getan hatte. Er hatte Jenny beigebracht, wie sie im Notfall mit der kleinen Taschenpistole umgehen musste. Auf den Eingeborenen Wally, seinen alten Kumpel aus Kindertagen, konnte er sich verlassen; er würde die Farm in Ordnung halten. Und seine Schwiegermutter würde Jenny keine Sekunde aus den Augen lassen.
    Jakes Lohn für die langen, einsamen Monate war ein Schuldschein, den er sicherheitshalber in seinem Stiefel versteckt hatte. Er klopfte sich auf die Westentasche, um sich zu vergewissern, dass die Hand voll Münzen und die alte Uhrkette noch da waren, für den Fall, dass ihm ein Buschräuber auflauern sollte.
    Er zauste die struppige Mähne des Hengstes, den er nach dem Helden seiner Kindheit, Lord Nelson, getauft hatte.
    »Geld, Horatio. Geld regiert die Welt, was? Wir hatten es nicht einfach im letzten Jahr, aber 1837 wird alles besser! Dieses Jahr werden wir reich, du wirst schon sehen!«
    Laut ausgesprochen klangen die Worte hohl. Obgleich er fast dreiundzwanzig war, hatte Jake noch nicht herausgefunden, für welche Arbeit er am besten taugte. Was ihn am meisten reizte, war
das Preisgeld, das dem Gewinner im Faustkampf winkte, doch zwischen den Wettkämpfen blieb ihm nichts anderes übrig, als seine kleine Farm mit jeder Art von Arbeit über Wasser zu halten, die er ergattern konnte.
    Alles, was ich besitze, ist an die verdammte Bank von New South Wales verpfändet – bis auf mein Pferd. Aber was soll’s! Solange Jenny bei mir ist, nehme ich es mit der ganzen Welt auf.
    Er kratzte sich den stoppeligen rotblonden Bart, den er sich in den letzten Monaten hatte stehen lassen. Bevor er Jenny gegenübertrat, würde er sich rasieren müssen. Wenn er bei früheren Wiedersehen darauf gebrannt hatte, sie zu küssen, war sie ihm ausgewichen. Hatte ihm gesagt, er solle sich erst einmal waschen, ehe er es wagte, sich an ihren Tisch zu setzen. Jake lächelte schief bei der Erinnerung. Tisch ? Jesses, eigentlich will ich sie nur ins Bett kriegen!
    Nicht zum ersten Mal fuhr er angesichts seines Dilemmas innerlich zusammen. Doch Horatio konnte er erzählen, was kein anderer je hören durfte.
    »Als Junggeselle lagen mir alle Mädchen im Red Brumby zu Füßen. Das Schlimme ist, dass anständige Frauen anders sind … Im Kampf mit einem Mann schlage ich mich wacker, doch bei ihr verpufft meine Energie wie ein feuchter Feuerwerksknaller in der Guy-Fawkes-Nacht.«
    Er sagte sich, dass Jenny genau wissen musste, wie sehr er jeden verdammten Zoll an ihr liebte, doch der Gedanke war kein echter Trost. Seine Leistung in der Nacht vor dem Aufbruch verfolgte ihn immer noch. Er hatte sie mit einer ganz besonderen Erinnerung verlassen wollen, die sie beide durch die vor ihnen liegenden Monate der Trennung tragen sollte, ihr jenen verträumten, befriedigten Ausdruck schenken wollen, den er von anderen Frauen kannte. Einen Blick, den er bei Jenny nie gesehen hatte.
    Warum war seine Liebe zu Jenny so ein Problem, wenn er doch so viel davon zu verschenken hatte?
    Jake drückte sich den Schlapphut fester in die Stirn, ließ die
Sydney Road hinter sich und trieb Horatio im Galopp nach Hause. Der Wind peitschte sein langes rotgoldenes Haar. Es abzuschneiden war das Einzige, was er rundheraus ablehnte, obwohl es Jenny gefallen hätte. Es war das Markenzeichen der hier geborenen Männer, im Unterschied zu den kahl rasierten Schädeln der Strafgefangenen und den militärischen Kurzhaarschnitten der sogenannten Sterling, die sich rühmten, echte Engländer zu sein. Kein Mensch sollte Jake Andersen je für etwas anderes als einen »Currency Lad« halten, einen von hier.
    Bei seinem Ritt durch den Busch lasen Jakes Augen die Landschaft wie eine Karte.
    »Die verdammten Kerle in Whitehall bilden sich ein, dass sie von der anderen Seite des Globus aus die ganze Welt beherrschen, Horatio, aber sie können ihre Union Jacks hissen und New South Wales zu britischem Territorium erklären, solange sie wollen. Für mich zählt das nicht. Es ist mein Land.«
    Bei Feagans Krämerladen in einem schäbigen Dorf namens Bolthole Valley machte Jake Rast, um seinen Tabakbeutel aufzufüllen. Wie immer war der junge Ladenbesitzer Matthew Feagan damit beschäftigt, den neuesten Klatsch und Tratsch zu verbreiten. Er holte kaum Luft, während er die Ware abwog und den Kunden das Wechselgeld herausgab.
    »George Hobson hat in ein Wespennest gestochen mit seinen Plänen für die
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